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regelmäßige i. V. bei chron. PSA auch bei Kindern??

Frage
Sehr geehrter Herr Rietschel,

herzlichen Dank für Ihre ausführliche und nachvollziehbare Stellungnahme zur Frage des "dänischen Modells" beim 11-jährigen mit chron. PSA.

was ist aus Ihrer Sicht von folgenden Gegenargumenten aus der CF-Ambulanz zu halten?
- bei 3/4x i.V. im Jahr hat unser Sohn in ein paar Jahren kaputte Venen (Port in der Pubertät= keine tolle Aussicht)
- das Gehör und die Nieren werden in Mitleidenschaft gezogen
- die i. V. züchtet Resistenzen
- bei einer FEV 1 knapp 100% ist keine meßbare Verbesserung zu erwarten
- die Lebensqualität/Schule wird belastet

Dann lieber alle 6/8Wochen Lufu + Abstrich + evtl. Azithromicin und beim nächsten Infekt sowieso i.V.???

Für uns sind alle Argumente für/gegen i. V. nachvollziebar
deshalb fehlt uns die Entscheidung so schwer....

vielen Dank
Antwort
Lieber Frager,

entschuldigen Sie die lange Zeit, die Sie auf eine Antwort warten mussten.

Sie haben eine Reihe von für mich nachvollziehbare Argumente gegen eine regelmäßige intravenöse Antibiotikatherapie angeführt zu denen ich Ihnen im Einzelnen Folgendes antworten möchte:

In der Tat leiden Venen unter häufigen Punktionen und den Medikamenten einer intravenösen antibiotischen Therapie, so dass es möglich sein kann, dass ein Porth-Katheter implantiert werden muss. Es gibt jedoch die Möglichkeit die intravenöse antibiotische Therapie über einen so genannten „Einschwemmkatheter“ durchzuführen. Ein solcher Katheter ist etwa 10-15 cm lang und wird über eine Vene in der Ellenbeuge eingeführt. Somit liegt er in einer großen Vene im Oberarm und hält normalerweise über die gesamten 14 Tage. Somit muss nur einmal pro intravenöser Therapie eine Vene punktiert werden und die Antibiotika verdünnen sich in dem entsprechend größeren Blutgefäß, sodass die Venen langfristig geschont werden.
Trotz allem würde ich ein Jahr lang zu 4 intravenösen Therapien raten. Falls sich radiologisch keine Veränderungen zeigen und die Lungenfunktion konstant bleibt könnte man die Therapieintervalle strecken. Es gibt Patienten, die ihre Lungenfunktion mit einer einzigen intravenösen Therapie im Jahr konstant halten können, bzw. das sogar nur über eine regelmäßige inhalative Antibiotikatherapie erreichen.
Wie Sie richtig anmerken sind einige Antibiotika schädlich für das Gehör und die Niere. Diese Nebenwirkungen lassen sich allerdings durch regelmäßige Kontrollen des Antibiotikaspiegels, der Nierenwerte im Blut sowie durch Untersuchungen der Hörfähigkeit nach Beendigung der intravenösen Therapie gut kontrollieren. Erst wenn man in diesen Untersuchungen Auffälligkeiten findet, sollte man über einen Antibiotikawechsel nachdenken.
Selbstverständlich kann es zur Resistenzentwicklung von Pseudomaskeimen durch regelmäßige intravenöse Antibiotikatherapien kommen. Ob diese im Labor nachgewiesenen Resistenzen für den Patienten eine Bedeutung haben ist endgültig noch nicht geklärt. In Studien konnte gezeigt werden, dass die Kombination von zwei Antibiotika wirksam ist, auch wenn der Pseudomonas bei jedem einzelnen Medikament im Labor Resistenzen aufweist.
90% der gesunden Patienten haben eine FEV1 zwischen 80 und 120 %
Niemand weiß, ob ein Patient nicht normalerweise 120% FEV1 hat. Somit kann sehr wohl auch bei einem FEV1 von 100% eine Verbesserung auf 120% möglich sein.
Die Lebensqualität wird durch eine intravenöse antibiotische Therapie immer belastet. Auch Schulfehltage treten auf, obwohl ein Großteil der Therapien auch in die Ferienzeit gelegt werden kann. Bei einem 11- jährigen Kind lässt sich eine intravenöse Therapie nach entsprechender Schulung zumindest teilweise auch zu Hause durchführen („ambulante intravenöse Therapie“).
Letztendlich sollte diese für ihren Sohn und Sie sicher schwierige Entscheidung mit dem Team ihrer CF- Ambulanz besprochen werden.

Ernst Rietschel
03.12.2009
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. E. Rietschel