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Mutation delta F 508/2789+5G-A, Arbeit im Schweinestall

Frage
Hallo Expertenteam,ich bin 37, männlich und habe CF mit sehr mildem Verlauf. Bei mir ist die Mutation F 508 und 2789+5G-A nachweisbar. Mein Bruder verstarb als Kind an schwerer Muko. Können sie zu meinen Mutationen was sagen? Könnte sich mein Gesundheitszustand mal verschlechtern? Jetzt hab ich noch eine Frage, ich war in letzter Zeit öfters bei einem Bekannten im Schweinestall, was durch den beisenden Geruch zu leichten Schmerzen in der Lunge führte. Sollte ich Ställe generell vermeiden? Vielen Dank im voraus,

Mfg
Antwort
Hallo,
Zur ersten Frage:
Für die Beantwortung halte ich es für hilfreich, kurz die Begriffe „Genotyp“ und „Phänotyp“ zu erläutern: Der „Genotyp“ beschreibt die CF-spezifischen Veränderung im menschlichen Erbgut. Bisher wurden über 1400 unterschiedliche Mutationen im sog. CF-Gen (auf dem Chromosom 7 gelegenes Gen, welches für einen Chloridkanal, den sog. CFTR, kodiert) identifiziert. Über 80% der CF-Patienten in Deutschland sind Träger der Mutation deltaF508, die ja auch bei Ihnen nachgewiesen wurde. Die Mutation deltaF508 (sog. Punktmutation) bewirkt eine fehlerhafte Eiweißstruktur des CFTR-Chloridkanals, wodurch dessen biologische Funktion reduziert wird.
Verglichen damit ist die weitere bei Ihnen nachgewiesene Mutation 2789+5G-A selten und findet sich bei weniger als 1% der CF-Patienten in Deutschland. Es ist eine sog. „Splice-Mutation“, welche Fehler beim Ablesen des Erbgutes im Zellkern und in der Folge eine verminderte Synthese von CFTR Chloridkanälen bewirkt.
Während der „Genotyp“ nur durch molekularbiologische Analyse ermittelt werden kann, bezeichnet der „Phänotyp“ das klinisch manifeste Krankheitsbild. Die Zusammenhänge zwischen spezifischem „Genotyp“ und „Phänotyp“ wurden häufig in Studien untersucht, wobei für die meisten Gendefekte kein sicherer Zusammenhang mit einem milden oder schweren Krankheitsverlauf (insbesondere in Bezug auf die Beteiligung der Lungen) gezeigt werden konnte. Eine Erklärung für unterschiedliche klinische Verläufe bei gleichem Defekt im CF-Gen könnten weitere, bisher nicht identifizierte Veränderungen in anderen Genorten (sog. Modifier-Gene) darstellen. Interessanterweise untersucht eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Frankreich den Phänotyp von 34 CF-Patienten mit genau der auch bei Ihnen nachgewiesenen Mutationskombination (sog. compound-Heterozygotie, deltaF508/2789+5G-A). Dabei wurde im Vergleich mit dem „typischen“ Bild der CF-Erkrankung ein deutlich milderer Erkrankungsverlauf beschrieben (I. Dugueperoux, M de Braekeleer. Eur Respir J 2005; 25:468-473). Ich denke die Ergebnisse können Ihnen Mut für die Zukunft machen, auch wenn sich Ihr Gesundheitszustand, wie erfragt, natürlich auch mal verschlechtern kann…
Für weitere Informationen zum Thema „Genotyp/Phänotyp“ bei CF empfehle ich Ihnen einen kürzlich erschienen Übersichtsartikel, welchen Sie von der Homepage des Mukoviszidose e.V. kostenfrei herunterladen können (www.muko.info/1122.0.html).


Zur zweiten Frage:
Der typische stechende Geruch in den Stallungen bei Schweinehaltung entsteht hauptsächlich durch die Produktion von Ammoniak und Schwefelwasserstoff. Beide Stoffe reizen die Atmemwege und können bereits bei Lungengesunden Entzündungsprozesse auslösen und unterhalten.
Insbesondere bei sogenannter „artgerechter“ Haltung von Stalltieren, d.h. bei Zugabe von Stroh und Sägespänen, wurden hohe Luftbelastungen mit Bakterien, Schimmelpilzen und deren Abbauprodukten gemessen. Arbeitsmediziner fordern deshalb vermehrte Schutzmaßnahmen (insbesondere der Atemwege) für Beschäftigte in der Landwirtschaft.
Aufgrund dieser Befunde würde ich Patienten mit chronischer Lungenerkrankung (wie CF-Patienten) von Tätigkeit im Schweinestall abraten.
Mit freundlichen Grüßen
TO Hirche
14.11.2007
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. Tim O. Hirche