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Verschlechterung der Lungenfunktion durch Tobramycin-Inhalation

Frage
Liebes Expertenteam,

bei mir (CF, 23) wurde vor kurzem zum ersten Mal Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen. Wir entschlossen uns, mit 3x750mg Ciprofloxacin p.o. über 3 Wochen und inhalativ mit 2x300mg Tobramycin im 28-Tages-Wechsel mit 2x2 Mio. I.E. Colistin über insgesamt 6 Monate zu eradizieren. Vom Wohlbefinden geht es mir schon seit Monaten – auch schon vor dem PA-Nachweis – nicht richtig gut, aber auch nicht richtig schlecht.

Bereits nach drei Tagen Ciprofloxacin merkte ich eine Besserung. Ich begann am vierten Tag zusätzlich erstmalig mit der Inhalation von Tobramycin, woraufhin die Besserung fast augenblicklich wieder verschwand und sich zunächst derselbe mittelmäßige Zustand wie vorher einstellte. Während der gesamten Inhalationsdauer mit Tobramycin hatte ich fast täglich Blut im Sputum, wenn auch nur minimale Mengen. Laut Packungsbeilage sind mögliche Nebenwirkungen von Tobramycin sowohl eine Reduzierung der FEV1 als auch Bluthusten. Ich behielt die Therapie dennoch so bei und nachdem sich eine Woche lang gar nichts veränderte, stellte sich endlich wieder eine Besserung ein. Mittlerweile geht es mir so gut wie schon seit Jahren nicht mehr und der PA konnte im letzten Sputum nicht nachgewiesen werden.

Während der Inhalation mit Colistin hatte ich keinerlei Probleme, in Kürze steht jedoch der 2. Zyklus von Inhalation mit Tobramycin an. Ich habe nun Bedenken, dass durch das Tobramycin meine Lungenfunktion wieder auf einen mittelmäßigen bis schlechten Zustand absackt, da dieses Mal der entsprechende „Gegenspieler“ in Form von Ciprofloxacin fehlt, welches vorher die scheinbar durch Tobramycin verursachte Verschlechterung der Lungenfunktion kompensiert hatte .

Jetzt überlege ich, wie ich reagieren soll, wenn ich merke, dass durch die Inhalation von Tobramycin meine Lungenfunktion tatsächlich wieder schlechter wird. Breche ich die Therapie besser ab und versuche, den sehr guten Zustand möglichst lange zu erhalten, riskiere aber damit, dass sich der PA kurzfristig wieder ansiedelt? Oder ziehe ich die Therapie für die 6 Monate durch auch wenn es mir dadurch schlechter geht, habe aber höhere Chancen, dass sich der PA vorerst nicht wieder einnistet?

Herzlichen Dank für Ihren Rat im Voraus
Mit freundlichen Grüßen
V.
Antwort
Sehr geehrte/r Fragesteller/in

Herzlicher Dank für Ihre äußert interessante und auch immer wieder diskutierte Frage bezüglich Tobi und Lungenfunktionsverschlechterung und Bluthusten. Gerade die Frage bezüglich Bluthusten wird sehr kontrovers diskutiert.

Aber zuerst zur einfacheren Frage mit der Luft-Verschlechterung. In der Tat kommt es bei einem nicht geringen Anteil von Pat. zu einer „Asthamähnlichen“ Reaktion mit Obstruktion nach Tobi, diese kann zum Teil auch längeren anhalten. Deshalb ist es auch wichtig, dass Sie vor der Tobi-Inhalation mit einem sog. B2-Mimetikum (Ventolin oder Oxis oder Serevent) inhalieren (ca. 15-30 Minuten vorher), um eine solche Obstruktion zu verhindern. Wenn Sie dies bereits tun, und es trotzdem zu einer dokumentierten Lufu-Verschlechterung kommt, würde ich in der Tat empfehlen, das Tobi nicht mehr zu inhalieren sondern nur noch das Colistin (ohne Pause für total 6 Monate, wobei dieses Erradikationsschema nicht wirklich untersucht ist).
In einer aktuellen großen internationalen Studie konnte nämlich gezeigt werden, dass auch bei Erwachsenen es bei gut 60% der Fälle gelingt mit einem Monat Tobi-Inhalation die PA zu erradizieren und dass 2 Monate Tobi nicht besser waren (ELITE-Studie). Unabhängig davon, denke ich, dass Sie dies mit Ihren Cf-Ärzten besprechen sollten.

Nun zu Ihrer zweiten, etwas kontroverseren Frage bezüglich Bluthusten und Tobi: Es ist zwar durchaus so, dass in der Packungsbeilage die Nebenwirkung des Bluthustens erwähnt ist, allerdings gibt es eine aktuelle Zusammenstellung von einem Herrn Flume von Chapel Hill, und dieser konnte anhand des amerikanischen CF-Registers zeigen, dass Tobi kein Risiko für das Bluthusten darstellt und nicht nur er, sondern auch die adulte CF-Klinik der Royal Brompton von London empfiehlt eigentlich, selbst bei Bluthusten mit dem Tobi (als auch Pulmozyme) nicht aufzuhören. Wir handhaben es in Zürich so, dass wir nur bei vermehrtem Hustenreiz mit dem Tobi aufhören.

Zusammenfassend schlage ich Ihnen also folgenden vor: da Sie whs. auf Tobi wirklich mit einem Asthma reagieren, würde ich dieses weglassen und allenfalls nur noch für ein total halbes Jahr mit Colistin inhalieren (wie gesagt ist unser „zürcher“ Hausschema und nicht untersucht und whs. reicht auch der Monat Tobi, den Sie jetzt bereits durchgeführt haben). Bei einem erneuten Auftreten einer Pseudomonas würde ich wieder mit Tobi versuchen, allerdings dies in der Klinik „vorinhalieren“ und die Lungenfunktion nach ein bis zwei Stunden kontrollieren. Natürlich sollten Sie, wie erwähnt vorher ein Beta2-Mimetikum inhalieren.

Auf Grund Ihrer Schilderung, dass es Ihnen so gut geht wie seit Jahren nicht mehr, gehe ich davon aus, dass Sie die Pseudomonas aktuell sicher deutlich in Ihrem Bronchialsystem reduzieren und ev. sogar erradizieren konnten.

Mit herzlichem Gruss
Dr.med. Markus Hofer
Leiter adulte CF-Sprechstunde des
UniversitätsSpitals Zürich
05.01.2011
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Markus Hofer