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Prophylaktische Therapie zur Vermeidung von Ösophagusvarizen bei portaler Hypertension?

Frage
Sehr geehrtes Expertenteam!

Erst einmal möchte ich für jeden von Ihnen meinen herzlichen Dank und großen Respekt aussprechen! Ich freue mich, dass Sie so großes menschliches Engagement haben und anonyme Patientenfragen beantworten!

Kurz zu mir:
Ich habe CF, bin 26 und habe ein sehr gutes Allgemeinbefinden: ich treibe viel Sport, wiege 82Kg bei 180cm und bin äußerlich nicht von einem gesunden Menschen zu unterscheiden. Im Hauptfokus meiner CF steht meine Leber: Ich habe seit ich denken kann, eine Leberfibrose (hauptsächlich an den Gallengängen) und seit 2001 auch eine Splenomegalie. 2012 kam dann die Diagnose "Beginnende Leberzirrhose", die mir den Boden unter den Füßen wegriss. Allerdings sind dennoch meine Blutwerte ausnahmslos im Normbereich ( Bilirubin: 0,3 - 0,7, pTPZ 37sec.), grenzwertig sind lediglich die Alk. Phosphatase sowie die Thrombozytenanzahl (zw. 150 - 160). Meine Ambulanz meint, meine Blutwerte seien "topfit", daher darf ich auch essen, was ich will (Alkoholabstinenz ist selbstverständlich).

Nun zu meinem konkreten Anliegen:
Da ich mich vor 2012 nicht sehr tiefgründig mit der Progredienz meiner CF beschäftigt hatte, da es mir immer super ging, holte ich aufgrund der "neuen" Diagnose, Beginnende Leberzirrhose, dies bis heute sehr intensiv nach. Dabei kamen mir Fragen in den Sinn, die sich hauptsächlich auf meinen Pfortaderhochdruck beziehen (Thrombose laut son. Befund auszuschließen!) und der möglichen Entstehung von Ösophagusvarizen. Letztere konnten im son. Befund im August 2012 zum Glück gänzlich ausgeschlossen werden. Allerdings habe ich Angst, dass der Pfortaderhochdruck zunimmt und sich Umgehungskreisläufe bilden werden.

Da ich ein sehr aktiver Mensch bin und der Wunsch zu handeln quasi in meiner Natur liegt, möchte ich auch in Bezug auf meine Leber und ihren Pfortaderhochdruck nicht nur zusehen wie dieser kollaterale Schöden verursacht, sondern die Entstehung von Krampfadern in der Speiseröhre vermeiden!

Ist es in meinem jetzigen, kurz umrissenen Krankheitsverlauf ratsam, den Pfortaderhochdruck mittels Medikation zu senken, um eine Entstehung von Ösophagusvarizen und andere Umgehungskreisläufe zu vermeiden??? Ist dies überhaupt möglich? Ich würde so gern alles dafür tun und prophylaktisch aktiv werden.
Gibt es Optionen und medikamentöse Therapien zur Varizenprophylaxe durch Pfortaderhochdrucksenkung, die ich meiner Ambulanz beim nächsten Termin konkret vorschlagen kann?

Für ihre Mühe, Ihren menschlichen Einsatz für uns alle Fragende besten, herzlichen Dank!

Liebe Grüße, Marten
Antwort
Sehr geehter Herr Marten,

entschuldigen Sie bitte die verspätete Antwort.
Bei Ihnen wurde eine CF-assoziierte Lebererkrankung diagnostiziert. Als Hinweis für einen erhöhten Pfortaderhochdruck fand sich bisher eine Milzvergrößerung/ Splenomegalie. Ösophagusvarizen waren sonographisch nicht nachweisbar. Laborchemisch waren die Thrombozyten im unteren Grenzbereich, die alkalische Phosphatase leicht erhöht.

Der Verlauf der CF-Lebererkrankung ist individuell sehr variabel und meist nur langsam progredient. Das Ultraschall-Bild sieht oft dramatischer aus als eine Gewebeuntersuchung der Leber ergeben würde. Hilfreicher ist die Fibroelastographie der Leber, hierbei wird der Bindegewebeanteil erfasst.
Ziel der Behandlung ist es etwaige Komplikationen des Pfortaderhochdruckes zu verhindern.
Wenn Ösophagusvarizen als Ausdruck eines erhöhten Pfortaderdruckes bereits vorhanden sind, kann es zu Blutungen kommen. Dieses Risiko kann reduziert werden. Mit einer Gastroskopie kann nicht nur die Ausprägung der Ösophagus-varizen bzw. die Situation einer Gefäßstauung im Magen erfasst werden, hierbei besteht auch die Möglichkeit evtl. vorhandene Ösophagusvarizen gleich durch ein sog. Banding zu behandeln. Das ist die einzige sinnvolle Maßnahme um eine akute Blutungsgefahr zu verhindern. Sind in der Gastroskopie keine Ösophagusvarizen nachweisbar, sollte sie in 2-3 Jahren wiederholt werden. Die medikamentöse Therapie den Pfortaderhochdruck zu senken wird bei CF nicht mehr empfohlen; andere prophylaktische Maßnahmen stehen nicht zur Verfügung. Einige Patienten erhalten eine Medikation mit Ursodeoxycholsäure.
Leider kann die Entwicklung des Pfortaderhochdruckes nicht verhindert werden, ebenso wenig wie die Entstehung von Ösophagusvarizen.

Bei Ihnen gibt es dzt. sonographisch keinen Hinweis auf das Vorliegen von Ösophagusvarizen, zudem haben Sie einen sehr guten Ernährungszustand (BMI), beides Zeichen einer nicht weit fortgeschrittenen CF-Lebererkrankung. Die Progression der Erkrankung über die Jahre scheint langsam zu erfolgen.

Wir schränken Patienten mit einer CF –Lebererkrankung keinesfalls ein, wir unterstützen sie in ihren sportlichen Aktivitäten, da dies ja u.a. sinnvoll für den Erhalt der Lungenfunktion ist. Patienten mit einer CF-Lebererkrankung sollten zumindest einmal jährlich von einem Gastroenterologen/Hepatologen gesehen werden. Bei allen sollte eine Gastroskopie als Ausgangsbefund erhoben werden. Eine Optimierung der Ernährung mit Anreicherung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren, ebenso wie eine ausreichende Enzym- und Vitamin-Substitution wird empfohlen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr.Helmut Ellemunter
06.09.2013
Die Antwort wurde erstellt von: Prof. Dr. Helmut Ellemunter
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Nachtrag am 15.10.13:

Zu dem Thema, ob die Einnahme von Ursodesoxycholsäure (URSO) allen CF-Patienten mit CF-assoziierter Lebererkrankung empfohlen werden soll, gibt es kontroverse Diskussionen.
Auf der einen Seite gibt es Richtlinien von Debray et al. 2011 in the Journal of Cystic Fibrosis (10 Suppl.2; S29-S36): "Best practice guidance for the diagnosis and management of cystic fibrosis-associated liver disease", die wie folgt zitiert werden können:"...das Ziel der URSO Therapie ist eine Verzögerung der Progression der Erkrankung und daher sollte die Behandlung so bald wie möglich nach Diagnosestellung einer CF-assoziierten Lebererkrankung erfolgen, obwohl es keine Daten für den Langzeitverlauf wie Tod oder die Notwendigkeit einer Lebertransplantation gibt..."

Auf der anderen Seite gibt es in derselben Ausgabe des Journal of Cystic Fibrosis, in der auch die oben genannten Richtlinien veröffentlicht sind, einen Brief an den Herausgeber von Nightingale, Durie und Freedmann, der wie folgt zitiert werden kann: "Die Rolle und der Gebrauch von URSO ist kontrovers und die Evidenz für oder gegen den Gebrauch bedarf der kritischen Einschätzung, besonders in den Richtlinien, die von Leber-Experten verfasst wurden.
Einfach gesagt, gibt es derzeit keine überzeugenden Daten, die zeigen, dass URSO wirksam or schädlich im Falle einer CF-assoziierten Lebererkrankung ist. Weitere Studien in der Zukunft, die das erwähnte Thema untersuchen, werden dringend gebraucht, bevor feste Empfehlungen für oder gegen den Gebrauch von URSO gemacht werden können."
In der klinischen Praxis bekommen z.B. fast alle Patienten mit Symptomen einer CF-assoziierten Lebererkrankung URSO. Die Dosis ist meist sehr unterschiedlich. Das individuelle Ansprechen sollte in jedem Falle kontrolliert werden.

Dr. H. Ellemunter and Dr. D. d'Alquen