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Pseudomonas in Nasenspülung

Frage
Sehr geehrtes Expertenteam,

zunächst einmal vielen Dank für Ihr Engagement. Als Partner einer CF-Patientin bin ich bereits lange stiller Leser des Expertenrats. Nun möchte ich erstmals eine Frage stellen.
Bei meiner Frau (CF, 31 Jahre, FEV1 85%) wurde Anfang diesen Jahres Pseudomonas in der Nasenspülung nachgewiesen, nicht jedoch in der Lunge. Daraufhin wurde ihr eine Collistin-Inhalation mit dem Pari-Sinus empfohlen (2x tägl.). Nach einem kurzfristigen Erfolg (kein Nachweis des Keims in Nasenspülung), wurde PA trotz weiterführender Inhalation abermals nachgewiesen. Nun wurde das Antibiotikum auf "Tobramyzin" umgestellt. Leider ist die Nase meiner Frau durch die dauerhafte Inhalation nun ziemlich gereizt (Blut im Schleim). Wir haben leider das Gefühl, in der Muko-Ambulanz nicht immer richtig ernst genommen zu werden, da meine Frau einen sehr guten Gesundheitszustand aufweist.
Nun zu meiner Frage:
Wie hoch ist das Risiko, dass der Keim sich auf die Lunge ausbreitet? Kann hier präventiv etwas unternommen werden?
Darüber hinaus würde mich interessieren, welche weiteren Therapie-Möglichkeiten sinnvoll sind um den Keim aus der Nase zu eliminieren. Ist z.B. eine IV-Therapie sinnvoll?

Vielen Dank für Ihre Hilfe,

Patrick

Antwort
Lieber Patrick und Frau,

Zunächst muss ich hervorheben, dass die betreuende CF Ambulanz ein nach unserer Meinung sehr wichtiges Engagement gezeigt hat. Durch die zusätzliche Bestimmung von Keimen in den oberen Atemwegen Ihrer Frau, die eine erfreulich kompensierte Lungenfunktion hat, wurde eine neue isolierte Besiedlung der Nase/den Nasennebenhöhlen mit Pseudomonas aeruginosa erfasst.
In vielen bzw. weltweit gesehen den meisten CF Ambulanzen wäre dies nicht erfolgt, weil außer in den deutschen Leitlinien zur P. aeruginosa Neubesiedlung die oberen Atemwege bisher kaum Erwähnung finden. Daher gehe ich davon aus, dass die isolierte bzw. frühe Neubesiedlung der Nase und ihrer Nasennebenhöhlen häufig übersehen wird.
Weil aus dieser oberen Etage die Keime in die Lunge gelangen können und hiermit eine Dauerbesiedlung mit wesentlich stärkerem Entzündungsreiz und Therapienotwendigkeit resultieren kann, findet diese Dynamik immer mehr Beachtung (1, 2). Eine genaue Bezifferung dieses Risikos ist aus der aktuellen Literatur nicht möglich.
Ihre Ambulanz hat auch den nächsten Schritt begangen. Mit Inhalation vibrierender Aerosole über den Pari Sinus wurde mit Colistin und dann Tobramycin (Dosierung ?) versucht, den Keim aus den oberen Atemwegen zu entfernen. Dass diese vibrierenden Aerosole in die Nebenhöhlen gelangen können zeigte Möller (3) mit szintigraphischen Untersuchungen. Wir haben Einzelfälle berichtet, in denen die Entfernung von isolierten Erstbesiedlungen von Pseudomonas mit dem Gerät gelang, nachdem der Keim auch nach einer i.v.-Therapie nur in den oberen Atemwegen verblieb (4). Kürzlich haben wir in einer Pilotstudie die Verträglichkeit von 80 mg Tobramycin bei Inhalation in die Nasennebenhöhlen gezeigt (5). Eine Londoner Arbeitsgruppe hat bei allen betreuten Kindern mit CF nach Problemkeimen in der Nasenspülung geschaut und berichtet, dass auch sie mit dem Pari Sinus bei einigen Patienten die Keime aus diesem Atemwegssegment entfernen konnte (6).

Somit ist davon auszugehen, dass die von Ihrer Ambulanz eingeführte Therapie Erfolg gehabt haben könnte. Der Keim wird aber weiter in der Nasenspülung Ihrer Frau nachgewiesen und sie hat unter der sinonasalen Inhalation Probleme einer gereizten und entzündeten Nasenschleimhaut.
Limitation der Pari Sinus Inhalation ist, dass Medikamente nicht in Nebenhöhlen kommen, die komplett durch Schleimhautschwellung, Polypen… verlegt sind.
In solch einem Fall kann die operative Erweiterung der Eingänge zu den Nasennebenhöhlen (Ostien) nach dem Kopenhagener Modell (7) sinnvoll sein: die Ostien werden mit feinen endoskopischen Werkzeugen erweitert, Schleim, Eiter, Polypen und Schleimhautschwellungen werden entfernt und eine intensive Nachbehandlung erfolgt: die Patienten erhalten um die Operation eine 14tägige pseudomonaswirksame i.v.-Therapie. Sie bekommen über die kommenden 3-6 Monate täglich Nasenspülungen mit Kochsalzlösung und beigefügtem Colistin und zur Besserung der Abheilung und Minderung von Rezidiven bekommen sie über 1 Jahr jeden Abend Nasensprays mit einer geringen Kortisonmenge (wie Avamys, Flutide nasal oder Nasonex) (7).
Grundlegend kann man vor ein solches Vorgehen den Therapieversuch einer Kombination der von Ihnen angesprochenen i.v.-Therapie mit sinonasaler Inhalation von Antibiotika setzen. Daten über Therapieerfolge dieses Vorgehens fehlen ebenso.

Wichtig ist, dass Sie nicht akzeptieren, dass der Keim in den oberen Atemwegen Ihrer Frau verbleibt. Die erfolgreiche Entfernung nimmt das Risiko der abtropfenden Besiedlung der Lunge und damit den erheblichen Mehraufwand, der für Stabilität unter Pseudomonas Dauerbesiedlung erforderlich ist.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung und ich habe eine Reihe von Quellen beigefügt, mit denen wir Sie bei Bedarf versorgen können.

Alles Gute,

Dr. Mainz

1. Hansen SK, Rau MH, Johansen HK, Ciofu O, Jelsbak L, Yang L, et al. Evolution and diversification of Pseudomonas aeruginosa in the paranasal sinuses of cystic fibrosis children have implications for chronic lung infection. Isme J. 2011;6(1):31-45. Epub 2011/07/01.
2. Mainz JG, Nährlich L, Schien M, Kading M, Schiller I, Mayr S, et al. Concordant genotype of upper and lower airways P aeruginosa and S aureus isolates in cystic fibrosis. Thorax. 2009;64(6):535-40. Epub 2009/03/14.
3. Möller W, Saba GK, Haussinger K, Becker S, Keller M, Schuschnig U. Nasally inhaled pulsating aerosols: lung, sinus and nose deposition. Rhinology. 2011;49(3):286-91. Epub 2011/08/23.
4. Mainz JG, Michl R, Pfister W, Beck JF. Cystic fibrosis upper airways primary colonization with Pseudomonas aeruginosa: eradicated by sinonasal antibiotic inhalation. Am J Respir Crit Care Med. 2011;184(9):1089-90. Epub 2011/11/03.
5. Mainz JG, Schädlich K, Schien C, Michl R, Schelhorn-Neise P, Koitschev A, et al. Sinonasal inhalation of tobramycin vibrating aerosol in cystic fibrosis patients with upper airway Pseudomonas aeruginosa colonization: results of a randomized, double-blind, placebo-controlled pilot study. Drug Des Devel Ther. 2014;8:209-17. Epub 2014/03/07.
6. Wilson P, Lambert C, Carr SB, Pao C. Paranasal sinus pathogens in children with cystic fibrosis: Do they relate to lower respiratory tract pathogens and is eradication successful? J Cyst Fibros. 2014;13(4):449-54. Epub 2014/04/10.
7. Aanaes K. Bacterial sinusitis can be a focus for initial lung colonisation and chronic lung infection in patients with cystic fibrosis. J Cyst Fibros. 2013;12 Suppl 2:S1-20. Epub 2013/09/27.


01.07.2014
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. Jochen G. Mainz