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Physiotherapie weltweite Unterschiede und Prognose

Frage
In Amerika werden CF-Patienten bereits im Säuglingsalter mit einer Vibrations-Weste ausgerüstet, die durch eine mechanische Unterstützung zu einem besseren Abhusten des Schleims führen soll. In Deutschland wird dies nicht empfohlen. Warum so unterschiedliche Meinungen? Gibt es Daten/Studien darüber, ob eine solche mechanische Vibration zu einer Verbesserung oder eben Verschlechterung der Lungenfunktion führt? Wie rechtfertigt man hierzulande, diese Weste nicht zu empfehlen? Gibt es Unterschiede in der Prognose von CF-Patienten in Amerika und in Deutschland?
Antwort
Guten Tag,

in der Tat unterscheiden sich die physiotherapeutischen Behandlungsmethoden von Land zu Land. Die Gründe sind vielfältig, liegen aber, die USA betreffend, bestimmt auch an unterschiedlichen Rechtssystemen und anderen ethischen Vorstellungen darüber, wie eng Körperkontakt in einer Behandlung sein darf.
Beim Benutzen der Vibrationsweste gibt es keinen Körperkontakt zwischen Therapeut und Patient, daher die große Verbreitung in den USA.
Manuelle Vibrationen und Kompressionen hingegen, die in Europa in den Baby- und Kleinkindbehandlungen Standard sind, erfordern einen viel engeren Körperkontakt zwischen Behandler und Behandeltem.
Hier stehen also die manuellen Vibrationen, die von CF- Therapeuten den Eltern auch vermittelt und dann regelmäßig durchgeführt werden sollen, der Vibrationsweste gegenüber.

Hinzu kommt, dass Vibrationen allein noch keine gute Therapie ausmachen. So hat eine Vergleichsstudie zwischen der PEP- Maske, mit dem das in Deutschland sehr häufig verwendeten Pari- PEP- System nahezu identisch ist, und „The vest“, eine klare Unterlegenheit der Vibrationsweste gezeigt.
( Canadian national airway clearance study: positive expiratory pressure mask versus high frequency chest wall oscillation; M. McIlwaine et.al)

PEP bedeutet „Positive Expiratory Pressure“ : es kommt in der Ausatmung zu einem positivem Gegendruck, der die Atemwege weit hält und so zu einer verbesserten Lungenbelüftung und einem verbesserten Sekrettransport führt.
In o.g. multizentrischer, kontrollierter und randomisierter kanadischen Studie aus dem Jahr 2012 waren 107 Patienten eingeschlossen, die über ein Jahr entweder The vest oder die PEP- Maske benutzten. Untersucht wurde die Anzahl der auftretenden Atemwegsinfekte.
Es zeigte sich, dass in der Gruppe der PEP- Maske signifikant weniger Exazerbationen auftraten als in der Gruppe der Vibrationsweste.
Dieses Ergebnis ist nicht zu unterschätzen, handelt es sich um eine sauber ausgeführte Langzeitstudie.
Dieses Prinzip der PEP- Atmung wird in Deutschland schon sehr früh in die Kleinkindbehandlungen eingeführt: in Form von Pustespielen, Wasser blubbern oder später dann durch Atemtherapiegeräte wie das RC- Cornet, den Flutter oder eben das Pari Pep System.
So wird die passive Technik der manuellen Vibration so früh wie möglich ergänzt durch eine aktive Atemtechnik, das Prinzip der PEP- Atmung, mit einer für die PEP- Maske dargelegten guten Datenlage.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage hiermit zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Viele Grüße
B. Dittmar
Physiotherapeutin

12.11.2015
Die Antwort wurde erstellt von: Birgit Dittmar