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F508del und 2989-2A>G

Frage
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei meinem mittlerweile achteinhalb Monate alten Sohn wurde im Namen des nun ja routinemäßig durchgeführten Neugeborenenscreenings Mukoviszidose diagnostiziert.Die genetische Untersuchung ergab, dass folgende Mutationen vorliegen: F508del und 2989-2A>G. Was bedeutet dies nun konkret? Ist mit Merkmalen/ Beeinträchtigungen durch beide Mutationen zu rechnen? Setzt sich eine Mutation? Oder ergibt sich in der Kombination etwas ganz Neues? Und wodurch zeichnen sich diese zwei konkrete Mutationen aus?
Über eine Rückmeldung würde ich mich sehr freuen!
Freundliche Grüße

Antwort
Liebe(r) Fragende(r),

F508del ist eine klassische Mukoviszidose-auslösende Mutation, die man gut kennt. Man kann das so übersetzen: an der Position 508 des Mukoviszidose-Proteins CFTR, an der eigentlich der Baustein Phenylalanin stehen sollte, fehlt der Baustein (del). Alle anderen Bausteine des insgesamt 1500 Bausteine langen Mukoviszidoseproteins sind vorhanden. Dennoch ist für F508del die Konsequenz (löst Mukoviszidose aus) zweifelsfrei belegt.

Auch 2989-2A>G ist eine klasische Mukoviszidose-auslösende Mutation, hier kommt es zu einem Fehler bei der Herstellung der Boten-RNA. Das klingt auf den ersten Blick kompliziert: die Zelle erzeugt zunächst aus dem Mukoviszidosegen CFTR eine sehr lange RNA als Vor-Botenstoff (pre-mRNA), die weit mehr Informationen enthält, als die Bauanleitung für die 1500 Eiweissbausteine. In einem nächsten Schritt wird dieser Vor-Botenstoff (pre-mRNA) durch das sogenannte Splicen an mehreren Stellen gespalten, es werden große Bereiche entfernt und die Enden wieder zusammengesetzt. Für die CFTR-pre-mRNA findet dieser Vorgang (auseinanderschneiden - herausnehmen- wieder verbinden) an 27 Stellen statt, und natürlich darf dabei nichts schiefgehen. Bei 2989-2 A>G ist an einer kritischen Stelle (nämlich zwei RNA-Bausteine vor einer solchen Splicestelle) eine fehlerhafte Information vorhanden (dort steht ein G anstelle eines A), in der Folge wird die pre-mRNA nicht richtig abgelesen und kein funktionsfähiges CFTR-Protein gebildet.

Der Befund des Fachhumangenetikers ist also richtig, es handelt sich um zwei Mukoviszidose-auslösende Mutationen. Die sind im Hinblick auf den molekularen Mechanismus (also der Art, warum CFTR bei F508del bzw 2989-2A>G nicht funktioniert) zwar unterschiedlich, aber da "setzt sich nichts" (der CFTR-Mutationsgenotyp ist unveränderlich). Durch die Kombination ergibt sich die Erkrankung Mukoviszidose.

Darüberhinaus kann man nichts vorhersagen - der Verlauf der Erkrankung wird nun wesentlich durch die Mukoviszidose-Therapie bestimmt, die an einem spezialisierten Zentrum erfolgen sollte. Daher ist das Neugeborenenscreeening eine große Hilfe: es ermöglicht eine frühe Behandlung durch eine auf Mukoviszidose spezialisierte Fachambulanz. Ich hoffe, dass Ihr Sohn sich bereits an einer solchen Spezialambulanz befindet - falls nicht: hier
www.muko.info/adressen/cf-einrichtungen/
können Sie nachschlagen, wo in Ihrer Nähe sich eine geeignete Einrichtung befindet.

Zusammenfassend: durch die beiden Mutationen Ihres Sohnes ergibt sich konkret die Erkrankung Mukoviszidose. Der Sinn des Neugeborenenscreenings ist es Ihnen, aber auch vor allem Ihrem Sohn, ein qualifiziertes Team aus auf die Behandlung von Mukoviszidose spezialisierten Ärzten zur Seite zu stellen, denn durch eine frühe Mukoviszidose-spezifische Therapie lässt sich der Krankheitsverlauf günstig beeinflussen. Bitte suchen Sie ein CF-Zentrum auf (www.muko.info/adressen/cf-einrichtungen/ ).

Mit den besten Wünschen für Sie und Ihre Familie,
Frauke Stanke
27.11.2017
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Frauke Stanke