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Schweißtest 2x Graubereich

Frage
Hallo,

Mein Sohn ist 5,5 Jahre alt und ist aktuell 1,03 m und wiegt 13,5 kg. Von Geburt an nimmt er sehr schlecht zu. Ist geboren mit 48 cm und 2640 g. Er kam als spätes Frühchen auf die Welt und hatte anfangs kleinere Baustellen weshalb wir seit er 5 Monate alt ist in der Uniklinik sind - SPZ - Endokrinologie. Da er immer weiter ins Untergewicht rutscht, haben die jetzt ne komplette Diagnostik gestartet. Alles ist unauffällig bisher. Bis auf eben der blöde Schweißtest nicht. 1. Test 44, 2. Test 39. Mir wurde der Boden unter den Füßen genommen. Neugeborenenscreening war unauffällig. Und jeder Arzt, wirklich jeder, sagte da soll ich mir keinen Kopf machen, da wird nichts raus kommen, das ist einfach nur so ne Ausschlussuntersuchung weil das zur Diagnostik dazu gehört bei Untergewicht, bisher hätten die noch kein Kind gehabt wo der Schweißtest auffällig gewesen ist nach nem unauffälligen Neugeborenenscreening. Und dann bääääm. Der Gentest läuft. Dieser dauert jetzt 2-3 Monate. Wie soll man das nur schaffen. Er ist doch eigentlich n kerngesunder Junge. Er ist nicht oft krank, hatte erst 1x eine Bronchitis das war als Baby, noch nie ne Lungenentzündung usw. Er ist einfach nur sehr klein und leider Untergewichtig. Wir Eltern sind aber auch klein und schlank. Außerdem haben wir noch 3 weitere Kinder. Ich hab solche Angst, dass mein 5 jähriger wirklich Mukoviszidose hat und dann noch mehr betroffen sind in unserer Familie. Mein Mann zb hat Asthma, manchmal ne Bronchitis, Allergien... ihm geht's aber gut. Außerdem hab ich gelesen das Männer mit Mukoviszidose meistens zeugungsunfähig sind, das würde ja dann nicht passen zu ihm. Ich hatte auch in der Uni gefragt wie es jetzt weiter geht zwecks testen von uns 5. Die Antwort war, wir müssten uns nicht testen wenn wir sowieso keine Symptome haben, Gentest wäre auch nur auf unsere Kosten möglich und bei den Kids wäre es gar nicht erlaubt. Ich mach mir pausenlos Gedanken nur noch. Mein 8 jähriger zb hatte vor einem Jahr seine 1. Und einzige Lungenentzündung, danach häufiger ne Bronchitis, dauerhaft Nase zu .. ich male den Teufel schon an die Wand. Unser 1 jähriger n Perzentilenknick. Ich hab wirklich Panik. Wie gesagt bei unserem 5 jährigen ist dieser Wert im Stuhl auch super, der bei Mukoviszidose Patienten meistens glaube ich zu niedrig sein soll wenn ich es richtig verstand. Bei ihm ist alles super. Haben auch ne Ernährungsberaterin. Unser Sohn isst halt auch wie n Spatz. Es tut mir sehr leid für meinen langen Text, weiß auch nicht richtig was ich mir erhoffe aber vielleicht können Sie irgendeine Abschätzung geben oder so. 2-3 Monate ist einfach ne verdammt lange Zeit. Vielen Dank schon Mal!
Antwort
Sehr geehrte Ratsuchende,
ich fasse zusammen, dass Sie sich große Sorgen machen, da ihr 5 Jähriger Sohn untergewichtig ist und daher der Schweißtest durchgeführt wurde. Dieser lag mit 39 und 44 im Graubereich.
Sie erwähnen auch, dass eine Stuhluntersuchung des Sohnes gemacht wurde, der Wert sei unauffällig gewesen. Ich gehe mal davon aus, dass es sich um die Untersuchung der Elastase im Stuhl handelt - wenn diese unauffällig war, dann funktioniert die Bauchspeicheldrüse Ihres Sohnes gut und der grenzwertige Schweißtest hat zumindest nichts mit dem Untergewicht zu tun - Patienten mit einer "schweren" Mukoviszidose haben kaum noch Elastase im Stuhl, können die Nahrung daher nicht verdauen, haben übelriechende Fettstühle und gedeihen daher nicht. Ist die Elastase in Ordnung, kann man trotzdem noch eine "leichte Form" der Mukoviszidose haben, aber zumindest das Untergewicht kommt nicht daher.
Zum Schweißtest: wichtig ist, dass er in einem CF-Zentrum durchgeführt wird mittels einer sog. Pilocarpin-Ionotophorese (eine Leitfähigkeitsbestimmung des Schweißes ist dagegen nicht verlässlich). Dann erhält man die Chloridkonzentration im Schweiß in mmol/l. Liegt der Wert über 60 mmol/l Chlorid, ist er pathologisch und man kann die Diagnose Mukoviszidose stellen; die meisten Patienten mit einer "schweren" Form haben Werte um 90-110 mmol/l Chlorid im Schweiß. Dennoch bestimmt man dann noch die Genetik, da heute in Abhängigkeit von der Genetik sog. Basismedikamente/ Modulatoren verordnet werden können, die direkt am defekten Chloridkanal, der bei Mukoviszidose betroffen ist, ansetzen.
Werte unter 30 mmol/l sind im Normbereich. Die von Ihnen erwähnten Werte liegen also im unteren Borderline-Bereich, somit ist eine "klassische Mukoviszidose" schon mal sehr unwahrscheinlich, was ja auch die unauffällige Stuhluntersuchung unterstreicht. Daher kann man erstmal in Ruhe die Genetik abwarten. Da sind zwei Szenarien möglich:
Erstens: man findet nur eine oder sogar keine Veränderung im Mukoviszidose Gen (das Gen heisst CFTR-Gen); damit hat Ihr Kind keine Mukoviszidose; falls man nur eine Mutation findet, ist es ein gesunder Genträger und all die Probleme, die Sie schildern, haben nichts mit Mukoviszidose zu tun. Mukoviszidose ist eine sog. rezessiv vererbte Erkrankung, d.h. man muss zwei Gen-Mutationen im CFTR-Gen haben, um krank zu sein. Hat man nur eine, ist man gesunder Genträger. Die Eltern eines Kindes mit Mukoviszidose sind gesund, sind jeweils Genträger (wie 6% der Bevölkerung und natürlich weiß man nichts davon), in der Regel gibt es keine Familiengeschichte mit Mukoviszdose. Wenn Eltern, die Genträger sind, Kinder bekommen, ist das Risiko bei jeder Schwangerschaft 25%, dass das Kind jeweils eine Mutation von den Eltern geerbt hat und erkrankt. Das nur zur Erklärung.
Das zweite Szenario der Genuntersuchung wäre, dass tatsächlich 2 Mutationen gefunden werden; es ist sehr sehr unwahrscheinlich, dass es dann 2 Mutationen sind, die eine schwere Mukoviszidose verursachen, denn dann wäre der Schweißtest auffälliger und der Stuhl auch. Aber es kann passieren, dass 2 Mutationen gefunden werden, von denen eine oder beide eine sog. "leichte" Mutation sind, die keine klassische Mukoviszidose verursacht, sondern nur eine leicht Form, die wir dann auch gar nicht Mukoviszidose nennen, sondern CFTR-assoziierte Erkrankung. Diese Form der Erkrankung ist in ihrem Schweregrad nicht mit einer echten Mukoviszidose vergleichbar, oft kontrolliert man dann nur in längeren Abständen den klinischen Verlauf und den Schweißtest, ob der sich verändert. Das kann man aber erst wirklich genauer sagen, wenn die Genetik da ist.
Auf jeden Fall besteht tatsächlich auch die Chance, dass "da nichts rauskommt" und sich der Verdacht in Luft auflöst, daher können Sie ruhig abwarten.
Erst wenn die Genetik des Kindes feststeht, kann man sich darüber Gedanken machen, ob es nötig ist, die Eltern zu untersuchen; sollte man bei den Geschwisterkindern Bedenken haben, würde man dann bei denen auch erst den Schweißtest durchführen und nur bei Auffälligkeit auch die Genetik, da man bei Kindern unter 18 Jahren nicht ohne klinische Hinweise die Genetik bestimmen darf. Erst wenn sie volljährig sind, können sie das selbst entscheiden.
Daher bleiben Sie bitte ruhig, da eine klassische Mukoviszidose sehr unwahrscheinlich ist (da müsste dann der Schweißtest quasi falsch zu niedrig angezeigt haben).
Ich hoffe, Ihnen mit den Ausführungen geholfen zu haben und verbleibe mit
freundlichen Grüße
Dr. Daniela d'Alquen
15.03.2024
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Daniela d'Alquen