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Gentherapie bei Mukoviszidose

Frage
Man spricht sehr viel über den Genaustausch?
Mich würde interessieren wie weit da die Forschung überhaupt ist?

Liebe Grüße

E. Reimann
Antwort
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

nach der Entdeckung von Mukoviszidose auslösenden Mutationen im CFTR Gen im Jahr 1989 hatte man ursprünglich die Hoffnung, binnen weniger Jahre mittels geeigneter Genfähren das korrekte Gen in die Zellen der Atemwege einschleusen zu können und damit die Mukoviszidose im wichtigsten betroffenen Organ kausal zu behandeln.
Mittlerweile haben die Forscher in erster Linie gelernt, warum unsere ursprünglichen Vorstellungen von einem Transfer des CFTR Gens zu naiv waren. Unser Abwehrsystem hat sich in seiner Entwicklungsgeschichte darauf spezialisiert, fremde Moleküle zu erkennen und möglichst schnell unschädlich zu machen. Zwar erwies es sich als einfach, in die CF Zellen der Nasenschleimhaut, die einen ähnlichen Aufbau wie die Zellen in den tiefen Atemwegen aufweisen, das intakte CFTR Gen einzuschleusen, aber leider war das Gen weitgehend inaktiv und die Genprodukte wurden schnell abgebaut. Bei erneuter Behandlung war die Wirkung viel geringer.

Forschung zur Gentherapie wird zur Zeit in erster Linie in Großbritannien betrieben. Zwei Typen von Genfähren (Vektoren) zur Behandlung des Gendefekts in den Atemwegen von Mukoviszidosepatienten werden favorisiert: 1. virale Vektoren, 2. nicht-virale Vektoren.

1. Virale Vektoren.
Als derzeit bestmögliche Vektoren haben sich sog. Lentiviren herauskristallisiert. Nach einmaliger Behandlung von Mäusen hat man das eingebrachte Gen im Mittel für 6 Monate in den Zellen nachweisen können. Das Gen wird effizient abgelesen. Trotz der hohen Effizienz sind diese Vektoren zur Zeit nur zweite Wahl, denn:

a. Bei erneuter Behandlung der Atemwege ist die Effzienz gering. Der Wirt hat Abwehreiweiße und Abwehrzellen entwickelt, die das Virus als fremd erkennen und es eliminieren.
b. Die Viren bauen sich in das Erbgut ein. Zur Zeit läßt sich die Position des Einbaus noch nicht zielgenau steuern, so dass nicht kontrollierbare Nebenwirkungen wie die Bildung von Tumoren zu befürchten sind.

2. nicht virale Vektoren.
Nicht virale Vektoren sind zwar weniger effizient als Viren im Gentransfer, weisen aber zahlreiche Vorteile auf:
- Nicht-virale Vektorkonstruktionen lassen sich wiederholt zur Behandlung einsetzen, ohne dass die Wirksamkeit der Gentherapie abnimmt.
- Nicht-virale Vektorkonstruktionen sind mechanisch und thermisch stabil und können daher als Inhalationsaerosol verabreicht werden.
- Nicht-virale Vektorkonstruktionen lassen sich unter den hohen Qualitätsansprüchen der Arzneimittelherstellung produzieren (sog. GMP Bedingungen).
Das Gentherapie-Forscherkonsortium in Großbritannien hat drei Produkte (PEI 25kD, GL-67 von Genzyme, DNA Nanopartikel Copernicus) in ihrer Effizienz an Schafen und CF Mäusen getestet. Nach den Ergebnissen dieser präklinischen Testung befindet sich eine klinische Studie mit GL-67 und einem CFTR-Plasmid als Genfähre in der Vorbereitung.
Aus 200 erwachsenen CF Patienten sollen in mehrfachen klinischen Untersuchungen die 100 Patienten identifiziert werden, von denen in der klinischen Studie die aussagekräftigsten Ergebnisse zu erwarten sind. Die erste Pilotstudie an 15 Patienten wird der Dosisfindung dienen. Die anschließende placebo-kontrollierte Doppelblindstudie wird die Effizienz und Sicherheit der CFTR Gentherapie anhand von klinischen Untersuchungen prüfen (Entzündung lokal in der Lunge und allgemein im Blut, bildgebende Verfahren zur Dokumentation des Krankheitsbefalls der Atemwege, bakterielle Besiedlung der Atemwege etc.).
Außerhalb von Großbritanien sind meiner Kenntnis nach zur Zeit keine klinischen Studien zur Gentherapie bei CF in Vorbereitung.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Tümmler, Hannover
29.10.2007