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Pseudomonas aeruginosa in Tabak

Frage
In der Gesundheitsbeilage der Hannoverschen Allgemeinen wurde in der letzten Woche eine Studie der Uni Kentucky zitiert, in der Psa neben einer vielzahl von anderen Keimen in Tabak nachgewiesen worden war. Es wurde ebenfalls angemerkt, dass vermutet werde, dass Psa den Rauchprozess überlebe und somit von Raucher wie Nichtraucher eingeatmet werden könne.

Wie beurteilen Sie die Gefahr, die für CFler in diesem Zusammenhang vom Passivrauchen ausgeht? Gibt es evtl.
schon Beobachtungen zu einer sinkenden Anzahl von
Neuinfektionen dank des staatlichen Rauchverbots?
Antwort
Guten Tag,

die in der Frage zitierte Studie von Sapkota, Berger und Vogel (Environmental Health Perspectives, 2009) hat gezeigt, dass Zigarettentabak mit einer Vielzahl von Bakterien „belastet“ sein kann. Unter diesen Bakterien befanden sich u.a. Erreger, die beim Menschen Infektionen verursachen können, wie z.B. P. aeruginosa (in über 90% der Proben nachgewiesen). Die Autoren folgern aus diesen Daten, dass es durch aktives aber auch passives Rauchen zu einer Übertragung von Bakterien und in der Folge zu Atemwegsinfektionen kommen könnte.

Einschränkend ist zu sagen, dass genau diese Fragen in der Studie nicht direkt untersucht und folglich auch nicht belegt sind. Im untersuchten Tabak wurde die Erbsubstanz von Bakterien (DNA) nachgewiesen. Diese Methode lässt keine Unterscheidung zwischen lebenden und toten Bakterien zu. Die entscheidende Frage, ob die identifizierten Bakterien lebensfähig, vermehrungsfähig und damit noch infektiös sind, bleibt unbeantwortet.
Wie viele Bakterien im Tabak enthalten sind, welche Arten quantitativ überwiegen, in welchem Ausmaß die Bakterien den Verbrennungsprozess beim Rauchen überstehen und ob diese dann beim Rauchen oder Passivrauchen noch in ausreichender Menge in die Lunge transportiert werden, um tatsächlich eine Erkrankungen hervorzurufen, ist unklar. Nur durch weiterführende Untersuchungen z.B. des Zigarettenrauchs lässt sich das „Infektionsrisiko“ des Rauchens verlässlich beurteilen.
Risikoabschätzung: Wie und wann die Bakterien in den Tabak gelangen, ist nicht eindeutig zu beantworten. Die gefundenen Bakterien kommen jedoch in der Umwelt vor und können nicht unerwartet bereits auf Tabakpflanzen nachgewiesen werden. Die Zahl der Bakterien pro g Tabak ist dabei mit 0 (häufiger) -10000 (seltener) sehr variabel. Die Belastung der Tabakpflanzen nimmt während des Trocknungsvorgangs der Pflanzen i.d.R. nochmals deutlich ab (Larsson, 2008). P. aeruginosa ist ein Umwelt- bzw. Feuchtkeim, der weit verbreitet in Erdboden, in Wasser und auf Pflanzen zu finden ist, was den Nachweis von P. aeruginosa DNA in Tabak hinreichend erklärt. In Zigarettenfiltern wurden zwar schon vermehrungsfähige Bakterien (Bacillus spp.) nachgewiesen, was lediglich zeigt, dass zumindest diese besonders widerstandsfähigen (sporenbildenden) Bakterien den Verbrennungsprozess überleben können. Diese Ergebnisse sind jedoch nicht auf andere Erreger, wie P. aeruginosa übertragbar.
Gerade P. aeruginosa ist gegenüber einer Austrocknung besonders empfindlich, so dass eine ausgeprägte Belastung von Tabak mit diesem Erreger nicht zu erwarten ist. Unter den vielen möglichen, und eher höher belasteten Infektionsquellen (Feuchtbereiche), erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass Tabakrauch eine entscheidende Rolle bei der Übertragung auf CF-Patienten spielt. Nach derzeitigem Wissensstand ist dies auch nicht völlig auszuschließen. Der Nachweis von P. aeruginosa DNA in Tabak lässt aber keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Infektionsrisiko zu, was insbesondere beim Passivrauchen als sehr unwahrscheinlich einzustufen ist.
Rauchen ist unbestritten gesundheitsschädlich. Dabei steht die schädliche Wirkung der im Tabakrauch vorhandenen bis zu 4000 verschiedenen Substanzen im Vordergrund. Rauchen kann darüber hinaus die Kolonisierung der Atemwege mit Bakterien fördern, da Rauchen die Funktion der Flimmerhärchen in den Atemwegen hemmt und eingeatmete Partikel wie Bakterien weniger effizient abtransportiert werden. Personen mit Lungenerkrankungen sollten eine Exposition gegenüber Tabakrauch daher vermeiden. Ebenso gibt es zahlreiche Hinweise, dass das nicht immer vermeidbare Passivrauchen ein Gesundheitsrisiko darstellt, allerdings in weitaus geringerem Maße (Biomarker einer Rauchexposition wie Nikotin bzw. Cotinin in Haaren oder Urin liegen bei Passivrauchern etwa um den Faktor 10 (Haare) bzw. 100-1000 (Urin) niedriger). Selbst bei einem nicht völlig auszuschließenden „Infektionsrisiko“ durch Rauchinhalation, dürfte dies bei Passivrauchen nochmals deutlich niedriger liegen.

Derzeit gibt es also keine konkreten wissenschaftlich belegbaren Hinweise dafür, dass beim Rauchen P. aeruginosa mit dem inhalierten Tabakrauch in die Atemwege übertragen wird bzw. davon ein Infektionsrisiko ausgehen könnte. Dies gilt insbesondere für das Passivrauchen. Aufgrund unzureichender Datenlage, ist dies nicht absolut auszuschließen. Personen mit vorbestehender Lungenerkrankung ist unabhängig davon vom Rauchen abzuraten

Abschließender Kommentar: In den Medienberichte zu der Studie wurde u.a. der Nachweis des extrem infektiösen Milzbranderregers hervorgehoben. In Deutschland steht dem Verbrauch von etwa 140 Milliarden Zigaretten/Jahr keine einzige Erkrankung an Lungenmilzbrand gegenüber.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. M. Hogardt
21.01.2010
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt