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MRSA-Keime

Frage
Vor ca.2 1/2 Jahren hatte ich ein Kniegelenksempyem
durch MRSA nach einer Injektion und mußte danach 9 mal
am Kniegelenk und Femur operiert werden. Behandelt wurde anfänglich mit Zyvoxid (ohne Erfolg), dann mit Vancomycin. Krankenhausentlassung nach 3 Monaten.
Nach einer Reha und langwieriger Physiotherapie und
eisernem Training kann ich wieder gehen und das Knie auf 110 Grad beugen. Sportlich Aktivitäten wie vor der Infektion (Joggen etc.) sind nicht mehr möglich.
Meine Frage lautet, ob sich möglicherweise verbliebene MRSA-Keime im Gelenk od. Oberschenkel eingekapselt haben können, die ggf. bei einer Knie-Prothese-OP, die evtl. in den nächsten Jahren fällig wird, wieder aktiv
werden? Ist es überhaupt realistisch, dass nach dieser Zeitspanne von 2 1/2 Jahren noch Bakterien im Bein eingekapselt sind?
Antwort
Lieber Fragesteller,
Ihrer Schilderung ist zu entnehmen, dass Sie eine komplizierte Gelenkinfektion durch S. aureus mit bleibender Bewegungseinschränkung des Kniegelenks hinter sich haben.
Unter einem MRSA versteht man eine gegen viele gängige Antibiotika resistente Variante von S. aureus. Daher wurden bei Ihnen auch die Reserveantibiotika Zyvoxid bzw. Vancomycin eingesetzt, gegen die ein MRSA fast immer empfindlich ist. Trotz einer Empfindlichkeit gegenüber diesen Substanzen unter den Testbedingungen im Labor kann die MRSA-Therapie und die Ausheilung der Infektion langwierig sein, insbesondere wie in Ihrem Falle bei Infektionen des Knochens.
S. aureus besitzt viele sog. Virulenzfaktoren, die Körperzellen stark schädigen können. Eine Infektion mit S. aureus verursacht daher meist deutliche Symptome wie Entzündungszeichen, Fieber oder Schmerzen. Ein Verbleib von S. aureus im Gelenk oder in angrenzendem Gewebe über einen Zeitraum > 2 Jahren ohne irgendeine Symptomatik, ist äußerst unwahrscheinlich.

Insgesamt ist S. aureus bei Gesunden ein häufiger Besiedler von Haut- und Schleimhäuten (z.B. Nasenvorhof) aber auch ein häufiger Krankheitserreger. S. aureus kann verschiedenste Infektionen hervorrufen, u.a. (postoperative) Wundinfektionen, Knocheninfektionen wie die sog. Osteomyelitis oder Infektionen von Gelenken bzw. Gelenkprothesen.
In Ihrem Falle lag anfangs eine eitrige Gelenkinfektion (Gelenkempyem) vor. Dabei gibt es v.a. zwei mögliche Wege, wie der Erreger in das Gelenk gelangt sein könnte: entweder direkt durch einen Eingriff von außen, wie eine Gelenkinjektion bzw. –punktion z.B. mit einer mit S. aureus verunreinigten Spritze oder auf dem Blutweg (sog. septische Arthritis). Dabei werden S. aureus Bakterien ausgehend von einer Eintrittspforte (z.B. kleinen Abszeß) mit dem Blutstrom im Körper verteilt, wobei Absiedelungen an verschiedenen Stellen z.B. in Gelenken entstehen können. Wenn die Infektion bei Ihnen spontan ohne vorherigen Eingriff stattgefunden hat, muss von einer Streuung auf dem Blutwege ausgegangen werden. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein und sind ohne weitere Kenntnis von Details nicht beurteilbar.

Bei länger dauernden Infektionen bzw. infolge andauernder Antibiotikagaben kann S. aureus sog. „Small colony variants (SCVs)“ bilden. Diese Erregervarianten sind durch ein langsames Wachstum gekennzeichnet, weswegen die Infektionszeichen oft weniger stark ausgeprägt aber in der Regel trotzdem vorhanden sind. SCVs sind daher schwerer zu therapieren, können somit eher chronische Infektionen machen und sind gleichzeitig auch schwerer zu diagnostizieren, da die Erreger im Labor oft nicht nachgewiesen werden. Trotzdem verursachen die SCVs wie bereits gesagt eine Gelenkentzündung und somit Symptome, sodass in Ihrem Fall, selbst wenn SCVs vorgelegen hätten, weitgehend auszuschliessen ist, dass noch Bakterien zurückgeblieben sind.

Fazit:
Das Vorhandensein von S. aureus im Gelenk nach über 2 Jahren nach der Operation ohne irgendeine Symptomatik, ist äußerst unwahrscheinlich wenn nicht sogar völlig auszuschließen. Das ebenfalls seltene aber grundsätzlich vorhandene Risiko, dass es im Rahmen einer Implantation der Gelenksprothese zur Kontamination derselben und nachfolgend zur Neuinnfektion des Gelenkes kommen kann, ist höher einzuschätzen. In diesem Zusammenhang wäre es wichtig spätestens im Vorfeld einer geplanten Operation abzuklären, ob bei Ihnen noch eine MRSA-Besiedelung vorliegt (z.B. Nasenvorhof, Haut), was eine entsprechende perioperative Antibiotika-Prophylaxe während des Eingriffes notwendig machen würde. Das Risiko einer MRSA-Infektion ist wegen der eingeschränkten Antibiotikaauswahl bei diesem Erreger soweit als möglich zu minimieren, denn Fremdkörper (z.B. Implantate) bieten eine bevorzugte Angriffsfläche für die Ausbildung sog. Biofilme durch S.aureus.

Dr. Michael Hogardt
09.03.2010
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt