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Mutationen R553x/IVS8-5T-TG12

Frage
Sehr geehrte Damen und Herren,

bei meiner Tochter 5 Jahre wurde vor 2 Wochen Mukoviszidose festgestellt.

Schweisstest war negativ, doch der Kinderarzt hat eine Gentest angeordnet. Bei diesem kam heraus das sie die Mutationen R553x/IVS8-5T-TG12 hat. Es soll angeblich eine atypische Mukoviszidose sein. Was kann man darunter verstehen, bzw. wie wird der Krankheitsverlauf dadurch beeinflusst?

Weiterhin wurde bei meiner Tochter vor 4 Wochen Alpha 1-Antitrypsin.Mangel diagnostiziert. Nach weiteren 2 Wochen wurde vom selben Labor der Gentyp MM festgestellt. - Also gesund. Danach kam die Diagnose, ebenfalls vom selben Labor-, Mukoviszidose.

Meine Tochter ist selten verschleimt, nur wenn ein Infekt da ist. Sie hat auch keine Verdauungs- oder Gedeihstörungen.
Sie ist 115 cm groß und wiegt 19,5 kg.

Sollten wir weiterforschen? Kann diese Diagnose wirklich sein?

Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
C.M.

Antwort
Guten Tag,

neben der klassischen Verlaufsform einer Cystischen Fibrose (CF), auch Mukoviszidose genannt, die durch eine fehlende Funktion des Chloridkanals in den Epithelzellen verursacht wird, gibt es auch milde Krankheitssymptome, die als CF-ähnlich oder atypische CF definiert werden. Die bei Ihrer Tochter vorliegende Kombination der Mutationen R553X und TG12T5 ist tatsächlich vereinbar mit der Diagnose einer atypischen CF oder einer CF ähnlichen Erkrankung vorausgesetzt, dass die beiden Mutationen auf unterschiedlichen Chromosomen, d.h. auf je einem mütterlichen und einem väterlichen Chromosom, liegen.
Die R553X-Mutation ist mit einer klassischen CF assoziiert und verursacht einen Funktionsverlust des Chloridkanals. Die TG12T5-Mutation dagegen hat zur Folge, dass nur ein Teil der Genprodukte (Chloridkanäle) die Funktion verliert und der andere Teil funktionsfähig bleibt, so dass entsprechend dem Anteil an funktionsfähigem Genprodukt die Symptome milder sind als bei der klassischen Form der Erkrankung, wo kein funktionierendes Genprodukt mehr vorhanden ist.
Bei Patienten mit der TG12T5-Mutation variiert der Anteil an funktionsfähigen Chloridkanälen von Patient zu Patient und von Gewebe zu Gewebe und kann aufgrund des Gentests nicht vorausgesagt werden. Bei Ihrer Tochter bestätigt der negative Schweisstest, dass funktionierende Chloridkanäle vorhanden sind, und im Verdauungstrakt scheint die Chloridkanalfunktion so gut zu sein, dass keine Verdauungs- und Gedeihstörungen auftreten. In den Atemwegen scheint allerdings die Funktion etwas reduziert zu sein, so dass es bei Infekten zu einer zähflüssigen Schleimbildung kommt. Es wäre möglich, in Nasenepithelzellen, die mittels Spezialbürstchen gewonnen werden können, eine spezifische Untersuchung (sog. Transkriptanalyse) durchzuführen, mit welcher sich der ungefähre Anteil an funktionsfähigen Produkten bestimmen lässt. Allerdings würde dies nur die Situation im Nasenepithel und nicht im Lungengewebe wiedergeben und hätte zwar diagnostische, aber keine prognostische Bedeutung.
Die Diagnose einer atypischen CF oder CF-ähnlichen Erkrankung bedeutet:

1. Der Krankheitsverlauf ist sehr viel milder als bei der klassischen CF.
2. Symptome können in Kenntnis der korrekten Diagnose sofort angemessen behandelt werden, so dass Ihr Kind optimal von der richtigen frühzeitig eingesetzten Therapie profitieren kann.

Im weiteren wird die genetische Untersuchung der Eltern empfohlen, um zu bestätigen, dass die beiden Mutationen auf je einem mütterlichen und einem väterlichen Chromosom liegen. Werden beide Eltern als Träger identifiziert, besteht für weitere Kinder ein Risiko von 25% zwei CFTR-Mutationen zu tragen und Geschwister der Eltern haben ebenfalls ein Risiko, CF-Träger zu sein, so dass eine diesbezügliche genetische Abklärung auch bei ihnen indiziert ist. Völlig gesunde Kinder hingegen, welche noch nicht urteilsfähig sind, sollten bezüglich Trägerstatus nicht untersucht werden, sondern erst dann, wenn sie selber entscheiden können, ob sie eine genetische Abklärung wollen oder nicht.
Ich hoffe, mit meinen Ausführungen Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüssen
Prof. Sabina Gallati
20.04.2010
Die Antwort wurde erstellt von: Prof. Dr. Sabina Gallati