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Hygiene

Frage
Guten Tag,

mrsa kann bekanntermassen ja über die Hände übertragen werden. Neue Zahlen aus dem Internet (paul ehrlich institut) sagen, dass 22% der Durchschnittsbevölkerung MRSA Träger sind.
Bedeutet das, dass man sich über kurz oder lang mit MRSA ansteckt - und somit auch Träger wird? Oder sind Träger für andere nicht ansteckend, solange sie keine offenen Wunden etc. haben?

Wo liegt die Hauptgefahr sich anzustecken?

Danke für Ihre Antwort.

Antwort
Lieber Fragesteller,
bei der derzeitigen epidemiologischen Situation in Deutschland wird man nicht früher oder später automatisch zu einem MRSA-Träger. Die Hauptgefahr einer Besiedelung mit MRSA bzw. einer Infektion durch diesen Erreger liegen v.a. in Krankenhäusern bzw. anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Insbesondere hängt dies von besonderen Risikofaktoren ab. Mit Ihrer Frage sprechen Sie jedoch ein insgesamt sehr komplexes Thema an, dass sich hier nicht hinsichtlich aller Aspekte umfassend beantworten lässt. Allerdings kann ich keine Pauschalantwort liefern, da Letztlich verschiedene Konstellationen vorkommen können, die auch mit unterschiedlichen Risiken behaftet sein können. Im Folgenden versuche ich die wichtigsten Zusammenhänge ihrer Frage anzusprechen (für weitere häufige Fragen rund um MRSA siehe z.B. www.mrsa-net.org).


S. aureus ist ein Gram-positives Bakterien und häufiger Besiedler (vorrübergehend oder dauerhaft) von Haut- und Schleimhäuten des Menschen (aber auch bei Tieren). Eine Kolonisierung stellt zunächst keinen besonderen Befund da. Darüber hinaus ist S. aureus ein häufiger Erreger von Infektionen (z. B. Abszesse, Weichteil-, Wundinfektionen, Sepsis).
Besonders häufig kolonisiert S. aureus den Nasenvorhof. Von hier kann S. aureus z.B. durch die Hände auf andere Körperregionen oder auf andere Personen bzw. Mitpatienten im Krankenhaus übertragen werden und zu einer neuen Kolonisierung oder sogar Infektion führen. Anfällig für Infektionen sind v.a. Personen mit Risikofaktoren (Immunschwäche, Diabetes mellitus, Gabe von Antbiotika, Vorkommen von Prädilektionsstellen, wie z. B. vorbestehende Wunden oder Wunden nach Operationen), wie sie v.a. bei Patienten im Krankenhaus anzutreffen sind. Darüber hinaus weiß man, dass eine vorbestehende Besiedelung z.B. des Nasenvorhofs (Trägertum) abhängig von dem individuellen Risiko (Grunderkrankungen, siehe oben) sogar ein Risikofaktor für eine spätere im Krankenhaus erworbene Infektion darstellen kann.

In diesen Mechanismen unterscheiden sich ein S. aureus und ein MRSA nicht grundsätzlich. Ein sog. MRSA (Methicillin resistenter S. aureus) stellt insofern ein besonderes Problem dar, da bei dieser Variante eines S. aureus die therapeutischen Möglichkeiten aufgrund einer ausgeprägten Antibiotikaresistenz stark eingeschränkt sind. Infektionen mit S. aureus und insbesondere MRSA versucht man im Krankenhaus durch zahlreiche Hygienemaßnahmen (z.B. Händedesinfektion etc.) zu vermindern. Ebenso werden besiedelte MRSA-Patienten im Krankenhaus strikt isoliert, um eine Übertragung auf Mitpatienten zu verhindern. Aufgrund der infektiologischen Bedeutung von MRSA ist dessen Verbreitung im Krankenhaus sehr gut untersucht. Die Häufigkeit von MRSA in Krankenhäusern kann (Krankenhaus A versus Krankenhaus B bzw. Station A versus Station B, bzw. Patienten mit chronischen Wunden versus Patienten mit Operationswunden) stark varieren. Dabei können die Häufigkeiten z.T. um die 20-25% (wie von Ihnen recherchiert) aber auch deutlich niedriger liegen. Bestimmte Personengruppen, die häufig Kontakt zu medizinischen Einrichtungen hatten (häufige Krankenhausaufenthalte, Personen in Pflegeheimen, vorbestehende Erkrankungen) sind i.d.R. häufiger mit S. aureus bzw. MRSA besiedelt als die Normalbevölkerung.
Je häufiger ein S. aureus bzw. MRSA als Besiedler vorkommt, umso häufiger kann es zu einer Übertragung bzw. Infektion kommen. Dies versucht man wieder durch Hygienemaßnahmen zu verhindern bzw. zu minimieren. Im Krankenhaus werden z.B. Personen mit Risikofaktoren für eine MRSA-Besiedelung vor Aufnahme auf eine Station auf das tatsächliche Vorhandensein eines MRSA untersucht, um frühzeitig die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen (Isolation etc.) einzuleiten. Einen absoluten Schutz vor Übertragungen gibt es nicht.
Auch in der Normalbevölkerung kann S. aureus bzw. MRSA zwischen Personen übertragen werden. Im Falle eines MRSA muß es natürlich zunächst zu einer Exposition mit einem MRSA-Träger kommen. Die Häufigkeit von MRSA in der Normalbevölkerung ist jedoch weitaus geringer als in Krankenhäusern und liegt deutlich unter 1%. Auch außerhalb von Krankenhäusern können bestimmte Personengruppen häufiger betroffen sein bzw. als Überträger fungieren [in USA gezeigt z.B. Homosexuelle, Kunden von Tätowierstudios, Gefängnisinsassen, Sportler]. Gezeigt wurde, dass hier ein häufiger bzw. enger Kontakt bzw. kontaminierte Gegenstände notwendig sind (Haushaltsangehörige, Sportler: gemeinsames Duschen, Kleidungs-, Handtuch-, Trikottausch, kontaminiertes Tätowierbesteck). Es wurde gezeigt, dass die in der Normalbevölkerung ausgetauschten MRSA (cMRSA, für “community“) mit den in Krankenhäusern ausgetauschten MRSA (hMRSA, für „hospital“) nicht identisch sind. Diese cMRSA spielen in Deutschland bisher jedoch kaum eine Rolle. Das Risiko sich gegenüber einem MRSA-Träger in Deutschland in der Normalbevölkerung zu exponieren ist also äußerst gering. Aber auch hier schützen Hygienemaßnahmen, wie das regelmäßige Händewaschen, vor der Besiedelung mit MRSA oder anderen potentiellen Krankheitserregern.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Hogardt


01.12.2010
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt