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Adoleszens

Frage
Liebe Experten,

unser Sohn hat CF, eine gute Verlaufsform, ist normalgroß und normalgewichtig. Seit er 14 Jahre alt war, hat er seine Therapie immer mehr vernachlässigt, mittlerweile ist er 21 und ist glücklicherweise immer noch ganz fit, FEV1 um die 80%, trotz Null-Therapie und Null-Sport. Routineuntersuchungen nimmt er immerhin wahr (Verdauungsenzyme nimmt er, Vitamine nur sporadisch). Kann man hoffen, dass das noch unter "verzögerte Pubertät" läuft? Wir fragen uns manchmal, ob sich das jemals ändern wird...
Antwort
Lieber Fragesteller, bzw. liebe Fragestellerin,

sicherlich stehen Sie nicht alleine da mit Ihrer Sorge um ein chronisch krankes Kind, für das regelmäßige Therapie zurzeit ein Fremdwort zu sein scheint.
Häufig berichten Eltern pubertierender Jugendlicher beunruhigt davon, dass sich ihre Kinder für alles Andere interessieren, aber nicht für die Pflichten im Haushalt, in der Schule und vor allem nicht für Therapie.

Sicherlich haben Sie sich jahrelang darum bemüht, die empfohlene Therapie einzuhalten und damit auch persönliche Einschränkungen in Kauf genommen? Und seit Beginn der Pubertät hat Ihr Sohn plötzlich die Null Bock Phase und will über den eigenen Körper selber bestimmen. Will selber entscheiden, ob, wann und wie viel Therapie sie machen möchte.

Eigentlich eine Lebensphase und ein Entwicklungsprozess, den jeder durchläuft, wenn er sich vom Kind zum Erwachsenen verändert. Ein ganz normaler Abgrenzungsversuch Ihres Sohns, wenn da nicht die begründete Angst wäre, dass durch Therapieversäumnisse eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes eintreten könnte.

Sie als Eltern stecken in einem Dilemma: Einerseits muss einem erwachsenem Menschen Eigenverantwortung eingeräumt werden, Selbstständigkeit zugestanden werden, andererseits ist es vielleicht nicht gut auszuhalten, wenn Sie passiv zuschauen sollen, wie Ihr Sohn die Therapie vernachlässigt.

Was können Sie als Eltern gegen die Therapiemüdigkeit Ihres mittlerweile erwachsenen Sohns tun?

Vielleicht sagen Sie Ihrem Sohn, dass Sie sich um seinen gesundheitlichen Zustand sorgen und Sie aufgrund der vernachlässigten Therapie mit Einbrüchen oder Verschlechterungen seines Zustandes rechnen.

Oft empfiehlt es sich, den behandelnden Arzt/Ärztin um seine/ihre Mithilfe zu bitten. Eine langfristige Therapie für den Alltag ist allein durch das Befolgen von Anweisungen ("Nimm die Tabletten", "Inhaliere jetzt") nur schwer einzuhalten. Ihr Sohn sollte, soweit noch nicht geschehen, aktiv durch den Arzt in die Planung ihrer Therapie mit einbezogen werden, d.h. er sollte so beraten werden, dass er auch eigene Therapieentscheidungen treffen kann und damit möglicherweise dem Wunsch nach mehr Selbstbestimmung Rechnung getragen wird. Dabei sollten seine Interessen nicht unberücksichtigt bleiben. Vorrangig muss aber sicherlich die gesundheitliche Situation im Auge behalten werden.
Wie steht´s um das Krankheitswissen ihres Sohnes? Vielleicht besteht da Handlungsbedarf? Erklären Sie ggf. noch einmal genau, warum welche Therapiemaßnahmen erforderlich sind. Kenntnisse, die Sie sich als Eltern über Jahre angeeignet haben, sind vielleicht bei Ihrem Sohn in diesem Maße nicht vorhanden.

Oft empfehlen wir, einen persönlichen Therapieplan mit den Patienten auszuhandeln und abzusprechen, welchen diese bereit sind, einzuhalten (Rücksprache gfs. Einbezug behandelnder Arzt) und sprechen Sie auch über die möglichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung (z.B. notwendige Antibiotikatherapie, stationäre Aufnahme bei Verschlechterung). Ob das aber die gewünschte Wirkung auf Ihren Sohn haben kann. Ich weiß es nicht.
Aufgrund Ihrer kurz gehaltenen Informationen können meine Ratschläge nur allgemeiner Natur sein. Es stellen sich mir noch viele Fragen, z.B.:
Übt ihr Sohn einen Beruf aus? Wie hält es sich dort mit der Vereinbarkeit von Beruf und Therapie. Wie beeinflusst sich das gegenseitig?
Lebte er noch zu Hause? Welche Zukunftspläne hat er?
Wie Sie merken, kann es viele Antworten auf viele Fragen geben. Aber um das sinnvoll zu machen, wäre es ggf. ratsam, zu uns oder den Beratungsmöglichkeiten in Ihrem Umfeld (z.B. CF-Ambulanz) Kontakt aufzunehmen, um dann zielgerichteter beraten zu können. Uns finden Sie im Internet unter www.muko.info.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft bei der Begleitung Ihres Sohns in dieser schwierigen aber eigentlich auch normalen Phase. Vielleicht lohnt sich das Vertrauen in Ihn?!
Ihre
Nathalie Pichler
Mukoviszidose e.V.

14.12.2010
Die Antwort wurde erstellt von: Nathalie Pichler