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Hygiene, die Zweite

Frage
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Aber um ehrlich zu sein: Ich verstehe nicht, wie es zu so unterschiedlichen Aussagen zum Vorkommen des MRSA kommt:
Sie sagen: .

Die Häufigkeit von MRSA in der Normalbevölkerung ist jedoch weitaus geringer als in Krankenhäusern und liegt deutlich unter 1%.

Und das Paul Ehrlich Institut spricht von den von mir genannten Zahlen http://www.p-e-g.org/aktuelles/141 über 20 %

Oder heisst das - wenn beide Zahlen stimmen - dass in Krankenhäusern und Altenheimen etc die Rate so hoch ist, dass man im Mittel der Bevölkerung dann auf die 22% kommt, auch wenn die "Normalbevölkerung" (wer auch immer das dann ist?) nur zu 1% besiedel ist?

Vielleicht wäre die richtige Frage: Wievielen MRSA- Träger kann man im Bus oder Fitness-Studio begegnen?

Nochmals Dank - auch für Ihre Geduld!




Antwort
Lieber Fragesteller,

zwischen beiden Aussagen besteht kein Widerspruch. Die auf der PEG- Website gemachten Angaben beziehen sich offensichtlich ebenfalls auf die MRSA-Häufigkeiten in Krankenhäusern. Die Formulierung („Deutschland“) ist an dieser Stelle lediglich nicht ganz exakt, da v.a. auf den internationalen Vergleich wertgelegt wurde. In dem Beitrag wurde ein Frühwarnsystem für Krankenhäuser vorgestellt (siehe unten).

MRSA-Häufigkeiten in Deutschland um die 20% sind z. B. den Daten des EARSS (The European Antimicrobial Resistance Surveillance System) - NET (ecdc.europa.eu) zu entnehmen. Diese Daten wurden hauptsächlich von mikrobiologischen Laboren generiert, die für die Versorgung von Krankenhäusern verantwortlich sind. Laut Antibiotika Resistenz Surveillance (ARS) Datenbank des Robert-Koch-Institutes wurde für 2008 im stationären Bereich eine MRSA-Häufigkeit von 22.6% und im ambulanten Bereich von 12.7% dokumentiert (www.rki.de/). Hier handelt es sich also um Personen, die Kontakt zum Gesundheitswesen hatten.

Die in Studien gefundene MRSA-Häufigkeit hängt von der Population ab in der die Untersuchung durchgeführt wurde. Die Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung ist natürlich nicht exakt zu bestimmen bzw. existieren derzeit keine belastbaren Daten hierrüber. Ich sagte deshalb zur Orientierung „deutlich unter 1%“ (der wahre Wert liegt wahrscheinlich näher bei null als bei 1).

Viel wichtiger als die Abschätzung ob man im Alltag einem MRSA-Träger begegnet sind folgende Überlegungen. MRSA lässt sich nicht einfach bei jedem erdenklichen Kontakt übertragen. Zur Übertragung eines MRSA-Erregers sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen: (1) die ausreichende Erregerzahl auf der Haut des MRSA-Trägers, direkter und wiederholter Kontakt (Exposition) mit kolonisierten Körperoberflächen des MRSA-Trägers, die Besiedelung von Haut/Scheimhaut der Kontaktperson, der Übergang des MRSA von transienter zu permanenter Flora durch Vermehrung und Durchsetzung auf der Haut der Kontaktperson, was v.a. beim Vorliegen von Risikofaktoren bei der Kontaktperson (Antibiotika, Wunden etc.) der Fall ist. Die Übertragung eines MRSA ist bei einmaligem Kontakt z.B. im Bus kaum möglich. Die Wahrscheinlichkeit steigt bei häufigem und intensiven Kontakt oder wenn aufgrund medizinischer Maßnahmen (endotracheales Absaugen bei Besiedlung der Lungen) sehr hohe Mengen an MRSA freigesetzt werden. Daher sind besondere Schutzmaßnahmen im Krankenhaus notwendig.

MfG
MHogardt

Zitat (www.p-e-g.org/aktuelles/141)

„Eine funktionierende Früherkennung wird dringend benötigt, da die Häufigkeit von MRSA auch in Deutschland zunimmt. In den letzten Jahren wurde ein starker Anstieg von drei auf etwa 25 Prozent beobachtet. Der Trend dürfte weiter anhalten, wie Zahlen aus Großbritannien befürchten lassen. Dort beträgt der Anteil der MRSA bereits 60 Prozent. In den Niederlanden und Skandinavien konnte die Rate dagegen durch strikte Hygienemaßnahmen und Typisierung stabil unter drei Prozent gehalten werden. Neben verlängerten und schwereren Krankheitsverläufen bedeutet das Auftreten von MRSA äußerst arbeitsaufwendige und für das Krankenhaus sehr teure Konsequenzen, im Extremfall die Schließung ganzer Stationen, heißt es in der Pressemitteilung der Universität."
09.12.2010
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt