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Unsicherheit

Frage
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich mache mir Sorgen um meinen 18 Monate alten Sohn. Bis zu seinem 6 Lebensmonat habe ich ihn gestillt und er nahm gut zu. Danach nahm er wenig zu und manchmal sogar an Gewicht ab. Allerdings isst er so gut wie nichts. Keine Kartoffeln, keine Nudeln, keinen Reis, kein Obst und Gemüse, keine Wurst und kein Fleisch. Nur Grießbrei und Brötchen ohne Butter und Belag. Des Weiteren hat er öfter Bronchitis und letztes Jahr im Herbst fand ich ihn kaum noch atmend im Bett und er war schon ganz grau. Mehrfach war er im KH und auf der Intensivstation. Seit diesem Frühjahr inhaliert er morgens und abends Viani Mite und bei Röchelatmung Sultanol. Seit dem Sommer ist er nun relativ beschwerdefrei. Bis auf das geringe Gewicht von 8000g und öfter Husten und Schnupfen entwickelt er sich nur leicht verzögert zu seiner Zwillingsschwester.
Letzte Woche schickte uns die Pneumologin zum Schweißtest. Dieser lag bei 66. Im Januar soll er wiederholt werden.
Nun meine Fragen: Kann der Test falsch sein? Was kommt auf uns zu, wenn mein Sohn an CF erkrankt ist? Könnte er wie geplant ab Februar in eine Kindereinrichtung gehen? Sollte ich seine Zwillingsschwester auch testen lassen?


Mit besten Grüßen

A. R.
Antwort
Sehr geehrte Frau R.,

Ihre Fragen sind sehr komplex. Ich möchte mich zunächst auf die Frage konzentrieren, ob Ihr Kind an Mukoviszidose leidet. Sie berichten, dass Ihr 18 Monate altes Zwillingskind einen sehr schlechten Appetit habe und nur sehr ausgesucht Grießbrei, und Brötchen ohne Butter und Belag esse. Wegen Atemproblemen habe der Sohn mehrfach im Krankenhaus gelegen und zum Teil eine intensivmedizinische Behandlung benötigt. Teilweise habe eine Inhalationsbehandlung mit Sultanol stattgefunden. Seit dem Sommer sei der Sohn bis auf vermehrten Husten und Schnupfen beschwerdefrei, das Gewicht läge bei ca. 8.000 gr.
Ein Schweißtest habe ein Ergebnis von 66 ergeben und er solle im Januar wiederholt werden.

Ich möchte heute nicht auf die Frage eingehen, was auf Sie zukomme wenn Ihr Kind an Mukoviszidose leidet und ob es dann im Februar in eine Kindereinrichtung gehen könne. Hierrüber sollte erst spekuliert werden, wenn geklärt ist, ob Ihr Kind tatsächlich an Mukoviszidose erkrankt ist. Generell kann ein Kind mit Mukoviszidose auch in eine Kinderkrippe gehen.

Zunächst ist primär zu klären, ob Chlorid oder Natrium im Schweiß gemessen wurde und ob der Test in einem Mukoviszidose-Zentrum durchgeführt wurde. Sollte der Wert 66 für 66 mmol/l Chlorid im Schweiß stehen, würde der Test als positiv gewertet, da dieses durch einen Wert über 60 mmol/l definiert ist. Werte zwischen 40-60 mmol/l liegen in einem Grenzbereich, Werte unter 40mmol/l werden als negativ beurteilt. Natürlich liegt der Wert hier nur knapp über der "Positiv-Grenze". Natürlich könnte der Test auch sehr gut falsch positiv sein und ein eizelner positiver Test beweist noch keine Mukoviszidose. Da Ihr Sohn 18 Monate alt ist , sollte eine Kontrolluntersuchung problemlos kurzfristig wiederholt werden können. Es sollte bei der Kontrolle eine Doppelbestimmung an beiden Armen erfolgen. Die Kontrolluntersuchung sollte in einem so genannten zertifizierten Mukoviszidose-Zentrum erfolgen. Adressen hierzu finden Sie auf der Internetseite des Deutschen Mukoviszidose e.V ( info@muko.info ).

Natürlich wird es schwierig sein , wegen der Festtage jetzt kurzfristig einen Kontrolltermin zu bekommen, aber vielleicht haben Sie am 23.12. ja noch Glück.

Da Ihre Zwillinge zweieiig sind (Sohn und Tochter können nicht eineiig sein), besteht statistisch ein Risiko für Ihre Tochter auch an Mukoviszidose erkrankt zu sein (falls Ihr Sohn tatsächlich Mukoviszidose haben sollte) von 25%, mit einer Wahrscheinlichkeit von 75% ist Ihre Tochter gesund; kann jedoch mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ein Mukovizidose-Gen geerbt haben, d.h. sie ist klinisch gesund (denn um krank zu sein muss man 2 Mukoviszidose-Gene geerbt haben), kann aber Überträger sein. Ich würde Ihnen raten, zunächst bei dem auffällig gewordenen Kind die weitere Diagnostik abzuwarten.

Die Beschwerden, die Sie bei Ihrem Kind beobachtet haben, können natürlich auch andere Ursachen haben; dies besonders dann, wenn Ihre Zwillinge eventuell zu früh geboren waren und in der Anfangszeit Atemprobleme bestanden haben.

Also versuchen Sie einen möglichst frühzeitigen Kontrolltermin in einem Spezialzentrum zu erreichen. Zur Beschleunigung der weiteren Diagnostik sollten Sie zu der Kontrolluntersuchung eine Stuhlprobe Ihres Kindes mitbringen, damit die Ärzte gleichzeitig die Funktion der Bauchspeicheldrüse bei Ihrem Kind untersuchen können, da ca. 80% aller Mukoviszidose-Kinder bereits bei Geburt unter einer Bauchspeicheldrüsen-Unterfunktion leiden und schlecht gedeihen. Üblicher weise haben diese Kinder unbehandelt aber einen Heißhunger obwohl sie nicht genügend an Gewicht zunehmen.
Wir wünschen Ihnen viel Glück für die Zukunft mit Ihren beiden Zwillingen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. H.-G. Posselt
27.12.2010
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. H.-G. Posselt
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17.02.2011:
Die Antwort wurde erweitert.
Annette Pfalz für ECORN-CF