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IV-Therapie Zuhause

Frage
Wenn bei meinem Kind (5 Jahre) eine IV-Therapie nötig wird, ziehen wir die Heimtherapie der stationären Therapie im KH vor. Mein Kind bleibt während der Heimtherapie zuhause - geht also nicht in den Kindergarten - und ich bin dann ebenfalls zuhause.

Nun meine Frage: Welche Leistungen stehen mir während dieser Zeit zu? (Während ich als begleitende und pflegende Person im KH mein Gehalt weiter beziehen kann, ist das aber bei der Heimtherapie nicht so.) Mein Arbeitgeber gesteht mir 10 Tage im Jahr für die Betreuung meines kranken Kindes zu. (Diese 10 Tage sind natürlich bei einer IV schnell ausgeschöpft.)
Antwort
Sehr geehrte(r) Fragesteller/In,

bitte beachten Sie, dass diese Antwort eine Einzelfallberatung beim Rechtsanwalt nicht ersetzen kann und will.
Bei Ihrer Frage muss man zwischen Ansprüchen auf Lohnfortzahlung/ Krankengeld und Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber und gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung unterscheiden.
Nach § 616 BGB verliert der Arbeitnehmer nicht seinen Anspruch auf Vergütung, wenn er ohne sein Verschulden vorübergehend an der Erbringung seiner Leistung verhindert ist.
Was dabei vorübergehend bedeutet, ist nicht gesetzlich festgelegt. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu in einem Urteil aus dem Jahr 1978 (BAG, Urteil vom 19.4.1978 - 5 AZR 834/76 -) bei einem achtjährigen Kind einen Zeitraum von 5 Tagen veranschlagt.
§ 616 BGB kann jedoch durch Arbeits- oder Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abbedungen werden, so dass in dieser Zeit auch kein Lohnanspruch bestünde.

Demgegenüber steht ein Anspruch auf Krankengeld, der in § 45 SGB V festgeschrieben ist.
Wenn der Arzt bescheinigt, dass es erforderlich ist, dass jemand zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege seines erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleibt, keine andere im Haushalt lebende Person das Kind betreuen kann und das Kind noch keine 12 Jahre alt ist, besteht ein Anspruch auf Krankengeld. Bei Kindern, die behindert und auf Hilfe angewiesen sind, besteht der Anspruch über das 12. Lebensjahr hinaus.

Der Anspruch auf Krankengeld besteht pro Jahr und Kind für 10 Tage (max. 25 Tage bei drei und mehr Kindern), bei Alleinerziehenden 20 Tage (max. 50 Tage bei drei und mehr Kindern).
Davon gibt es eine Ausnahme (§ 45 Abs. 4, S. 1 SGB V), die aber vermutlich in Ihrem Fall nicht greift:
Wenn ärztlich attestiert wird, dass das Kind an einer fortschreitenden Erkrankung leidet und ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, eine Heilung ausgeschlossen ist, eine palliativ-medizinische Behandlung notwendig oder erwünscht ist und nur noch eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt, gilt der Anspruch unbegrenzt.

Auch wenn Mukoviszidose eine progredient verlaufende, noch nicht heilbare Erkrankung ist, dürften bei der routinemäßigen i.v.-Therapie diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein, so dass diese Regelung nicht zum Tragen kommt.

Wenn der Anspruch auf Krankengeld gegeben ist, besteht auch gegenüber Ihrem Arbeitgeber für diese Zeit ein Anspruch auf (zumindest unbezahlte) Freistellung von der Arbeit.
Mit Einwilligung der Arbeitgeber kann der Anspruch eines Elternteils auf den anderen Elternteil übertragen werden.

Diese Regelungen gelten nur für gesetzlich krankenversicherte Kinder und Elternteile. Private Krankenversicherungen folgen eigenen Regelungen, die abhängig vom vereinbarten Versicherungsschutz sind.
Kurz zusammengefasst heißt das:
1. Ihr Arbeitgeber kann die Freistellung auf max. 10 Tage pro Jahr und Kind begrenzen
2. Wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Ausschlussklausel (tarif-)vertraglich vereinbart hat, muss er in dieser Zeit auch keinen Lohn zahlen
3. Hat er keine Klausel vereinbart, kann die Lohnfortzahlung nach BAG-Rechtsprechung nach 5 Tagen enden
4. Es gibt für gesetzlich Krankenversicherte gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Krankengeld für die Dauer von max. 10 Tagen pro Kind und Jahr
5. Die Tage des einen Elternteils können auf den anderen Elternteil übertragen werden, wenn der Arbeitgeber einwilligt

Vielleicht kommt bei Ihnen auch als Sachleistung häusliche Krankenpflege durch einen ambulanten Pflegedienst in Betracht, die nach § 37 SGB V dann gewährt werden kann, wenn dadurch Krankenhausbehandlung verkürzt oder vermieden werden kann. Diese könnte beispielsweise auch im Kindergarten erbracht werden.
Ob das für Sie in Frage kommt und Ihren Bedürfnissen während einer Heim-i.v.-Therapie entspricht, sollten Sie mit den behandelnden Ärzten besprechen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten.

Annabell Karatzas
20.07.2011
Die Antwort wurde erstellt von: Annabell Karatzas