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Rudersport mit CF - ja oder nein?

Frage
Guten Tag,

Ist rudern in fließenden Gewässern - konkret denke ich an die Saar- im Hinblick auf eine Infektion mit Problemkeimen bedenklich oder nicht?

Vielen Dank
Antwort
Sehr geehrte (r) Fragesteller/in,
das Infektionsrisiko mit P. aeruginosa dürfte für CF-Patienten beim Rudersport in Fließgewässern vermutlich äußerst gering sein, kann aber auch nicht vollkommen ausgeschlossen werden.

Hintergrund: Da bei CF-Patienten die Infektionsquelle für P. aeruginosa in den allermeisten Fällen nicht bekannt ist, begründen sich derzeitige Empfehlungen zu (Freizeit-) Aktivitäten bzw. möglichen Infektionsquellen im Alltag oder in der Umwelt meist nur auf indirekte Hinweise (z.B. Kontaminationsrate, Kontaminationsausmaß, Art und Dauer des Kontaktes, Ausmaß einer Aerosolbildung etc.) in Abwägung zu den (einfachen) Maßnahmen zur Vermeidung einer Exposition.
Das Infektionsrisiko ist bei stagnierenden Wasserreservoiren (z.B. Kleinbadeteiche) grundsätzlich als höher anzusehen als bei fließendem Wasser. Bei höheren Temperaturen ist von einer stärkeren Kontamination auszugehen als bei niedrigeren Temperaturen. Aktivitäten mit der ausgeprägten Bildung feiner Aerosole (z.B. Whirlpools, Vernebelungsanlagen) in geschlossenen Räumen sind weitaus kritischer zu beurteilen als Aktivitäten mit geringerer Aerosolexposition (z. B. Rudern im Freien). Auch die Ingestion [Aufnahme eines Stoffes über den Mund bzw. Verdauungstrakt] von Wasser dürfte bei entsprechendem Verhalten beim Rudern von geringer Bedeutung sein. Dagegen schätzt man, dass ein durchschnittlicher Schwimmer beim Baden im Schnitt 50 ml ein mäßiger Surfer dagegen ein Vielfaches dieser Menge aufnimmt [1]. Unklar ist wiederum die exakte Zahl an P. aeruginosa Bakterien, die notwendig ist, um eine Kolonisierung/Infektion der Atemwege hervorzurufen. Man schätzt anhand experimenteller Daten, dass hierzu einige Millionen Bakterien aufgenommen werden müssen. Die Infektionsdosis dürfte aber u.a. stark von der individuellen Empfänglichkeit (Alter, Antibiotikatherapie, Krankheitsverlauf etc.) einer Person mit CF abhängen.
Tatsache ist auch, das P. aeruginosa sehr wohl in fließenden Gewässern nachweisbar ist, wie u. a. die Untersuchung an einem belgischen Fluss über ein ganzes Jahr hinweg belegt. Allerdings waren in dieser Studie die meisten der an unterschiedlichen Stellen entnommenen Proben P.-aeruginosa-negativ, die meisten positiven Proben auf nur 2 von 7 Abnahmestellen beschränkt, der Erregernachweis im Sommer besonders häufig und die höchste Keimbelastung von 135 P. aeruginosa Bakterien/ml nur im (warmen) August an einer stärker verschmutzen Stelle zu finden [2].

Insgesamt begründet dies meine Einschätzung, dass das Risiko einer Infektion mit P. aeruginosa beim Rudern bei entsprechend verantwortungsvollem Verhalten sehr gering ist. Ein Infektionsrisiko lässt sich jedoch nicht vollkommen ausschließen und die Entscheidung ist immer individuell zu treffen (subjektive Einschränkung der Lebensqualität gegenüber dem - unwahrscheinlichen - Risiko einer Infektion).

In meiner Antwort habe ich mich beispielhaft nur auf P. aeruginosa bezogen, da dieser Erreger im Hinblick auf die CF von besonderer Bedeutung ist und am ehesten Daten zu Umweltreservoiren und dem Infektionsrisiko verfügbar sind. Eine alle “Problemkeime“ gleichermaßen adressierende Antwort ist (hier) nicht möglich, wenn auch das für P. aeruginosa Gesagte wahrscheinlich mehr oder weniger auch auf andere CF-relevante „Feuchtkeime“ extrapolierbar ist.

Darüber hinaus ist es mir nicht möglich eine Einstufung eines speziellen Gewässers hinsichtlich des Infektionsrisikos bzw. einer Keimbelastung mit Blick auf die CF zu geben. Über die Wasserqualität von Badeseen oder Binnengewässern kann man sich in Deutschland ggf. bei lokalen Behörden informieren. Als mikrobiologische Parameter werden nach einer EU Richtlinie aber i.d.R. nur die Belastungen durch Fäkalkeime wie Escherichia coli und intestinale Enterokokken ermittelt. Die Beurteilung der mikrobiologischen Wasserqualität aber auch die Algenbelastung können jedoch ein Hinweis auf eine allgemeine Verschmutzung/Keimbelastung sein.

Ich hoffe diese Informationen sind Ihnen hilfreich.

Alles Gute. Michael Hogardt

[1] www.lgl.bayern.de/gesundheit/hygiene/wasser/badeseen/index.htm


[2] Pirnay JP, et al.; Global Pseudomonas aeruginosa biodiversity as reflected in a Belgian river. Environ Microbiol. 2005 Jul;7(7):969-80.

07.02.2012
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt