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ΔF508/R553X

Frage
Sehr geehrtes Expertenteam,

ich möchte Sie bitten, mir beim Verständnis der von mir gefundenen Publikationen bzgl des im Titel genannten Genotyps, von dem meine nun 7 Monate alte Tochter betroffen ist, behilflich zu sein.

In "Early Detection of Lung Disease and Its Association with the Nutritional Status, Genetic Background and Life Events in Patients with Cystic Fibrosis" (von Richard Kraemer, Christoph Aebi, Carmen Casaulta Aebischer, Sabina Gallati; Department of Pediatrics, University of Berne, Berne, Switzerland; Respiration 2000;67:477-490 (DOI: 10.1159/000067458)) habe ich folgende Aussage gefunden:
"R553X seems to decrease the influence of the ΔF508 deletion in ΔF508/R553X compound heterozygotes, causing a milder course and slower progression."
Ich verstehe nicht, wie eine Klasse1-Mutation, bei der ja nach meinem Verständnis gar keine CFTR-Synthese stattfindet, eine Klasse2-Mutation, bei der ja "lediglich" die CFTR-Reifung gestört ist, abschwächen kann? Ich bin medizinischer Laie, würde aber gerne die Prozesse verstehen, die das Krankheitsbild beeinflussen, verstehen.

Mit freundlichen Grüßen,
KS
Antwort
Sehr geehrte Fragerin,

die von Ihnen angesprochene Arbeit ist mehr als 10-jährig, d.h. die Aussagen beziehen sich auf den damaligen Wissensstand und sind heute überholt.
Was wir nach wie vor bei unseren Patienten mit der Konstellation F508del/R553X beobachten ist, dass sie häufig bezüglich Lungenerkrankung im Kindesalter einen etwas besseren Verlauf zeigen als die F508del-Homozygoten, dass sie sich dann aber im Adoleszentenalter verschlechtern und sich nicht mehr von den F508del-Homozygoten unterscheiden. Beide Genotypen zeigen jedoch einen besseren Verlauf als Patienten, die eine F508del- und eine 3905insT-Mutation tragen.
Die Erklärungen für diese Beobachtungen sind aktuell Inhalt verschiedener funktioneller Studien. Eines unserer Forschungsprojekte beschäftigt sich gerade mit der Frage, ob Transkripte der R553X-Mutation immer abgebaut werden oder ob ein Teil davon doch in Proteine übersetzt wird und, falls dies der Fall sein sollte, ob alle entstehenden Proteine verkürzt sind und als Folge davon abgebaut werden oder ob ab und zu das frühzeitige Stoppkodon überlesen wird und funktionsfähiges Protein entstehen lässt. Falls alle Transkripte des R553X-Allels abgebaut werden, wird der Verlauf (abgesehen von den übrigen beeinflussenden Faktoren) durch die verbleibende und von Patient zu Patient variierende Restfunktion des F508del-Allels bestimmt. Aber wie gesagt, vorläufig basieren die Erklärungen für den beobachteten durchschnittlichen klinischen Verlauf dieses Genotyps auf Hypothesen, die es mit aufwendigen Studien zu beweisen oder widerlegen gilt.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen Ihre Frage einigermassen beantwortet zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüssen.

Prof. Dr. Sabina Gallati
09.02.2012
Die Antwort wurde erstellt von: Prof. Dr. Sabina Gallati