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Große Sorge- Bitte um Antwort

Frage
Sehr geehrtes Expertenteam
Eine Freundin von mir hat Muko. Jetzt hat sie im Sputum diese Keime: Zahlreich Pseudomonas fluorescens , zahlreich Burkh. gladioli , zahlreich Enterobacter
zahlreich Candida albicans , massenhaft Hämophilus parainfluenza
Der Burkh. gladioli war schon oft nachweisbar. Der Pseudomonas ist neu.
Es erfolgte bereits mehrmals eine i.V.-Antibiotikatherapie, die immer schlecht vertragen wurde. Auch Tabletten werden oft nicht gut vertragen (Durchfall). Zuletzt erfolgte eine Inhalation mit TobiPodhaler.

Jetzt soll meine Freundin eine i.V.-Therapie mit diesen 4 Medikamenten in Kombination erhalten: Genta, Tobi , Meropenem und das vierte ist entweder Zienam oder aber Ertapenem.
Die restliche Therapie sieht so aus: Mucoclear 4x3 am Tag, Atrovent mit Sultanol und 0,9% 3 Mal am Tag Pulmozyme 2x1 und Tobi Trockeninhalat 2xtgl, dazu noch 2 x tgl. Physio.
Wir machen uns Gedanken wegen dieser starken i.V.-Therapie.
Würde es Sinn machen, eine andere Meinung (CF-Ambulanz) einzuholen? Oder kann in diesem Fall nur noch eine solche starke Therapie helfen?
Haben Sie Erfahrung mit dieser Medikamenten-Kombination ?

Und noch eine Frage. Welche Bedeutung hat der Burkholderia gladioli? Ist er gefährlich, muss man damit isoliert werden? Darf man mit dem Keim zur REHA?

Vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort. Bitte entschuldigen Sie die vielen Fragen.
Antwort
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

Herzlicher Dank für diese in Tat nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Ihre Freundin scheint mit verschiedenen Keimen infiziert zu sein. Soweit ich verstehe, seit längerem mit Burkholderia Gladioli und neu zusätzlich mit Pseudomonas fluorescens, neben weiteren, whs. für den klinische Zustand Ihrer Freundin weniger relevanten Keimen (Candida, Hämophilus und whs. auch Enterobacter). Bezüglich der Burkholeria gladioli ist die Datenlage bezüglich Einfluss auf den CF-Verlauf vor Lungentransplantation etwas unsicher (Kennedy et al., JCF 6 (2007) 267–273). Es gibt jedoch Daten, dass die Burk. Gladioli vor allem nach einer Lungentransplantation zu schweren Komplikationen führen kann (Brizendine et al, Transpl Infect Dis. 2012 Aug;14(4):E13-8). Bezüglich Pseudomonas fluorescens ist zunächst der Befund nochmals zu kontrollieren, da es im Labor bei Analysen durch Automaten zu einer Fehlklassifikation eines "echten Pseudomonas aeruginosa" als ein "Pseudomonas fluorescens" kommen kann. Der Pseudmonas fluorescens gehört zwar zur selben Gruppe wie der gefürchtete Pseudmonas aeruginosa, jedoch gibt es keine Daten, die über eine chronische Besiedelung der CF-Lunge oder Verschlechterung der Lungenfuktion durch diesen Keim berichten und eine Therapie ist abhängig vom klinischen Zustand des Patienten. Allerdings klingt die erwähnte Behandlung (Inhalation mit Tobramycin) eher wie die eines P. aeruginosa, und liegt dieser Keim vor ist es, mindestens bei Kindern/Jugendlichen ziemlich klar, dass eine Eradikation versucht werden sollte (Davidson et al, Curr Opin Pulm Med. 2012 Nov;18(6):615-21).

Ohne die genaue Geschichte Ihrer Freundin zu kennen, i.B. der Schweregrad der CF-Erkrankungen (genereller Gesundheitszustand, Gewicht, Lungenfunktion, Ausprägung der Bronchiektasen, usw) kann ich aber keine Stellung nehmen, ob hier ein Eradikationsversuch erfolgversprechend ist oder nicht.
Es stellt sich aber vor allem auch die Frage, was das Ziel der i.v.-Therapie ist: Besteht bei Ihrer Freundin eine aktuell schwer eingeschränkter Gesundheitszustand und eine i.v.-Therapie zwingend indiziert oder will man eben die Pseudomonas und die Burkholderia eradizieren.
Unabhängig von dem Ziel der i.v.-Therapie ist es aber sicher so, dass sich die gewählte Antibiotika-Therapie gegen den Keim richtet, den man behandeln will. Die Wahl der Antibiotika stütz sich da auf die Erfahrung von früheren i.v.-Therapien (welche Therapie hat eine klinische Verbesserung gebracht, gibt es Allergien gegen bestimmte Antibiotikas) und auch auf die Resitenzlage der der zu behandelnden Keime. Da ich nicht weiss, welcher Keim behandelt werden soll (whs. sowohl Pseudomonas als auch Burkholderia) noch wie die Resistenzlage ist, noch ob Allergien bestehen, kann ich bezüglich der gewählten Antibiotika nicht Stellung nehmen. In der Tat ist es aber so, dass je nach Resistenzlage und vor allem gerade wenn man eine Burholderia behandeln will, immer eine i.v.-Therapie mit mehreren Antibiotika machen muss, um den in der Regel sehr resistenten Keim wirklich erfolgreich behandeln zu können. Auch die Pseudmonas wird im Übrigen praktisch immer mit zwei Antibiotika von 2 verschiedenen Stoffklassen behandelt (in der Regel ein Aminoglykosid (Torbamcyin, Gentamycin oder Amikin) und ein sogenanntes Betalaktam (wie Meropenem).
Etwas verwirrt bin ich über die Kombination von Genta und Tobi. Ich gehe nicht davon aus, dass beide intravenös verabreicht werden sollen, dies wäre keine Standarttherapie (erhöhte Nierentoxizität), sondern das Tobi inhalativ weitergegeben wird. Inwieweit eine Fortsetzung der inhalativen Therapie mit Tobi bei gleichzeitiger Verabreichung mit einem 2. Aminoglykosid sinnvoll ist, ist unklar und wird von verschiedenen CF-Zentren unterschiedlich gehandhabt. In unserem Zentrum pausieren wir meistens die inhalative Antibiotikatherapie mit Tobi während einer i.v.-Therapie mit einem Aminoglykosid. Ebenfalls ist mir die Kombination von Meropenem mit Imipenem oder Ertapenem (alle drei Antibioka aus der sogenannten Carbapenem-Gruppe) keine Standarttherapie und nicht geläufig und wird bei uns nie angewandt.
Da es sich hier um einen sehr komplexen Fall zu handeln scheint, und mir die Kombination der verschiedenen Antibiotika nicht ganz klar ist, ist es sicher sinnvoll, diese Therapie noch einmal gut mit den behandelnden Ärzten und ev. sogar eine 2. Meinung von einem erfahrenen CF-Zentrum einzuholen. Entsprechend den internationalen Guidelines ist es sinnvoll, wenn alle CF-Patienten in ausgewiesenen CF-Zentren betreut werden (Colombo, Littelwood, JCF, Volume 10 Suppl 2 (2011) S7–S15.).
Bezüglich Ihrer letzten Frage, ob Ihre Freundin in die Reha darf oder nicht, ist die Antwort ebenfalls nicht ganz so einfach. Inwieweit eine Übertragung von Patient zu Patient möglich ist, ist unklar. Eine Fallbeschreibung aus den 90‘ Jahren von Übertragungen in einer CF-Pobulation hat im Nachhinein ergeben, dass es sich nicht um B. baldioli sonder B. cenocepacea gehandelt hat (Clode et al, Am J Respir Crit Care Med. 1999 Jul;160(1):374-5). Allerdings gibt es aktuelle Fallberichte von sogenannten nosokomialen Infekten (im Spital erworbene Infekt) auf einer Neugeborenenstation (Dursun et al, Eur J Pediatr. 2012 Oct;171(10):1503-9. Epub 2012 May 31). Da die Datenlage bezüglich Übertragung unklar ist (whs. vor allem direkt durch die Umwelt) und wie erwähnt die Infektion mit der Burkholderia gladioli zu einem schwereren Verlauf der CF führen und vor allem auch nach Transplantation ein Problem darstellen kann, werden bei uns prinzipiell alle Patienten mit Burkholderia galdioli isoliert (wie Pat. mit einer anderen, für CF-Patienten relevanten Infekt aus der Burholderia-Gruppe). Dementsprechend werden unsere Patienten auch in der Reha-Klinik strikte isoliert.
Nun ich hoffe, ich konnte Ihre, wie erwähnt nicht ganz einfache Fragen etwas klären und wünsche Ihnen und vor allem Ihrer Freundin alles Gute.

Dr.med. Markus Hofer
Adulte CF- Sprechstunde, UniversitätsSpital Zürich
12.11.2012
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Markus Hofer
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09.01.2013

Im Zuge unserer internen Qualitätssicherung wurden im ersten Absatz der Antwort einige Informationen ergänzt.

A. Pfalz für ECORN-CF