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ESBL- wie leicht übertragbar? II

Frage
Liebes Expertenteam,

vielen Dank für den Hinweis mit den bislang gestellten ESBL-Fragen. Ich habe deren Antworten bereits gelesen, jedoch würde ich mich freuen, wenn meine Frage dennoch beantwortet werden würde.
Insbesondere ist mir wichtig zu wissen, wie leicht der ESBL übertragbar ist (auf die Großeltern unserer Tochter, die täglich beim Urgroßvater sind) und ob eine Untersuchung derer sinnvoll ist.

Vielen Dank-

[Bitte sehen Sie sich auch die zuerst gestellt Frage "ESBL, wie leicht übertragbar? vom 07.11.2012 an; Link unterhalb der Antwort]
Antwort
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

die Verbreitung bzw. Übertragung von „ESBL“-bildenden Keimen hängt von zahlreichen Einzelfaktoren ab, weshalb leider meist eine relative Abschätzung des Übertragungsrisikos möglich ist. Die folgenden Kommentare sind somit als Hilfestellung zu verstehen:

(1) leider sind die Angaben der Frage unvollständig, da weder die Keimart (Spezies) noch die Art der Besiedelung mit „ESBL“ beim Urgroßvater angegeben sind (das Übertragungsrisiko bei Besiedelung der Atemwege ist grundsätzlich höher einzuschätzen als bei alleiniger rektaler Besiedelung). Insofern ist auch eine Beurteilung der Hygienemaßnahmen im Altenheim bzw. im direkten Umgang mit dem Urgroßvater nicht möglich bzw. sollte mit dem Personal/Betreiber besprochen werden (i.d.R. gibt es einen Hygieneplan, der das Vorgehen regelt).
(2) die Händehygiene ist ohne Frage die wichtigste Maßnahme, um Übertragungen beim Kontakt mit Keimträgern zu vermeiden. Die Übertragung über Aerosole bzw. Besiedelung der Atemwege lässt sich am wirksamsten durch das Tragen eines Mund-Nasenschutzes vermeiden.
(3) die Empfänglichkeit für die Besiedelung der Atemwege mit E. coli bzw. Klebsiella sp. (typischen ESBL-bildenden Keime) ist bei COPD (Großvater) bzw. CF (Tochter) höher als bei Gesunden.
(4) aufgrund der besonderen Situation (Enkeltochter mit CF/COPD beim Großvater) erscheint das Tragen eines Mund-Nasenschutzes seitens der Großeltern beim Kontakt mit dem Urgroßvater (Besiedelung der Atemwege angenommen) aus meiner Sicht ratsam.
(5) die Verbreitung von ESBL-Keimen in Einrichtungen des Gesundheitswesens (empfängliche Personen) ist in der Literatur wiederholt beschrieben, weswegen hier besondere Hygienemaßnahmen notwendig sind. Die Übertragung ESBL-positiver Keime innerhalb von Familien (Haushaltsmitglieder) ist bisher nur wenig untersucht aber ebenso möglich und durch einige Arbeiten in der Literatur dokumentiert. Die Übertragung im Rahmen elektiver, zeitlich begrenzter Kontakte ist im Vergleich geringer einzuschätzen.
(6) eine Untersuchung von Kontaktpersonen außerhalb von Einrichtungen des Gesundheitswesens ist nicht allgemein zu empfehlen. Die Untersuchung der Großeltern auf eine ESBL-Besiedelung kann helfen das potentielle Übertragungsrisiko besser einzuschätzen (sicher nur auf eigene Kosten möglich). Ein negativer Befund wäre ein Indikator dafür, dass das Übertragungsrisiko trotz regelmäßigem Kontakt mit dem Urgroßvater gering ist. Die Untersuchung stellt aber nur einen Momentaufnahme dar.

Letztlich lässt sich eine Übertragung auf Ihre Tochter - auch indirekt über die Großeltern - nicht (völlig) ausschließen. Wenn die Großeltern sich beim Kontakt mit dem Urgroßvater durch Händehygiene und einen Mund-Nasenschutz vor einer Besiedelung schützen, sollte das Risiko einer Weitergabe zumindest deutlich reduziert sein.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Hogardt
26.11.2012
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt
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26.11.2012

Siehe auch "ESBL, wie leicht übertragbar?" vom 07.11.2012
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