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CBAVD G551D Mutation

Frage
Im Laufe der Abklärung einer Azzospermie wurde bei mir (32 Jahre) eine G551D Mutation heterozygot festgestellt.
Sollte tatsächlich eine CBAVD vorliegen, müsste es doch eine weiter (unentdeckte) Mutation geben?
Seit einem Jahr habe ich leichte Verdauungsbeschwerden. Wäre ein Termin in einer Mukoambulanz sinnvoll?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Antwort
Lieber Fragender,
ich möchte Ihnen zu Ihren beiden Fragen gerne drei Antworten geben:

1. Wäre ein Besuch in einer Mukoviszidose-Ambulanz sinnvoll?
Nein, wenn sie leichte Verdauungsbeschwerden im Alter von über 31 Jahren bekommen, ist das kein Grund, eine Mukoviszidose-Spezialambulanz aufzusuchen – auch nicht in Kombination mit dem genetischen Befund G551D heterozygot und dem klinischen Befund Azoospermie. Verdauungsbeschwerden können vielfältige Ursachen haben, da bietet sich zunächst eine Differentialdiagnose beim Hausarzt an.

2. Welche Ursachen gibt es zur Azoospermie?
Auch Azoospermie hat mehrere Ursachen: bekannte genetische Faktoren sind z.B. die sogenannten „Azoospermie-Faktoren“, kurz AZF, die auf dem Y-Chromosom kodiert sind. Es gibt auch verschiedenen Typen von Azoospermie, z.B. eine obstruktive Azoospermie (da sind, im Gegensatz zur CBAVD, die Gänge „nur“ verstopft, aber anatomisch noch vorhanden). Spezialisten für diese Differentialdiagnose sind Andrologen an spezialisierten Zentren. Über Patienten mit Azoospermie und Genanalysen stimmen die folgenden zwei Aussagen: Erstens: Bei Patienten mit Azoospermie findet man häufiger Mutationen im CFTR-Gen oder im AZF-Lokus, als bei gesunden Personen. Zweitens: Bei vielen Patienten mit Azoospermie können keine genetischen Ursachen für die Erkrankung festgestellt werden – es wird vermutet, dass Umwelteinflüsse eine große Rolle spielen. Bekannte Beispiele sind Farbstoffe in der Kleidung, Pestizide in der Nahrungskette, Zusatzstoffe in den allgegenwärtigen Plastikmaterialien …. kurzum: eine endlose Liste von Chemikalien, denen wir uns in unserer Industriegesellschaft nicht entziehen können. (Quelle: Stellungnahme der Europäischen Gesellschaft für Humangenetik, European Journal of Human Genetics (2006) 14, 588–645)

3. Muss es bei CBAVD neben G551D noch eine unentdeckte Mutation geben?
Ja, in der Mehrzahl der Fälle stimmt das: Patienten mit CBAVD tragen zwei Mutationen im CFTR-Gen. In dem derzeitigen Konsensuspapier der Fachgesellschaft aus dem Jahr 2011 („Journal of Cystic Fibrosis Volume 10 Suppl 2 (2011) S86–S102“) steht dazu: CBAVD betrifft lediglich 3% der Männer, die unter Unfruchtbarkeit leiden. In 70 – 90% der Fälle (genaue Zahl hängt von der geographischen Herkunft der untersuchten Patientengruppe ab) tragen die CBAVD-Patienten zwei Varianten im CFTR-Gen. Dabei zählt die als „IVS8-5T-Allel“ bekannte CFTR-Variante zu den häufigen CBAVD-verursachenden Mutationen. Ein Test auf das „IVS8-5T-Allel“ gehört allerdings zum Standard, wenn ein CFTR-Gentest gemacht wird – ich gehe daher davon aus, dass Sie kein „IVS8-5T-Allel“ tragen. Um ganz sicher zu gehen: Fragen Sie nach dem „IVS8-5T-Allel“ nochmal nach, wenn Ihnen der genaue Befund des humangenetischen Labors nicht vorliegt.

Zusammenfassung:
Man schätzt, dass einer von 20 gesunden Personen eine Mukoviszidose-auslösende Störungen tragen, also einen Befund wie Ihren mit sich bekommen würden, wenn wir uns alle in einem Genlabor untersuchen lassen würden. Der humangenetische Befund „G551D heterozygot“ ist daher von großer Bedeutung, wenn Sie mithilfe von ärztlicher Hilfe Vater werden wollen – Sie befinden sich dann gemeinsam mit ihrer Partnerin in einer Beratungssituation. Für Ihre persönliche Gesundheit dürfen Sie Ihre CFTR-Mutation G551D genauso ignorieren wie alle anderen Genträger, die nichts über ihre CFTR-Varianten wissen.

Mit den besten Wünschen,
Frauke Stanke
17.11.2012
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Frauke Stanke
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17.01.13
Im allgemeinen, wenn die Diangose CBAVD durch einen Spezialisten bestätigt ist, wird eine genetische Analyse durchgeführt, um die zugrunde liegenden CFTR-Genmutationen zu bestimmen. Männer mit CBAVD haben entweder eine CF-auslösende Mutation und eine milde/variable oder zwei milde/variable CFTR-Mutationen. Daher sind die meisten dieser Männer ansonsten ohne Symptome und bleiben es auch im Verlauf, vergleichbar mit einem "gesunden Träger-Status". In einigen Fällen jedoch, können im späteren Leben milde Symptome des Atemwegstraktes oder Bauchspeicheldrüsen Probleme auftreten, so dass Männer mit CBAVD im Langzeitverlauf hinischtlich respiratorischer und gastrointestinaler Probleme weiter ärztlich beobachtet werden sollten.
D. d'Alquen