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Nachtrag zur Frage 'Diagnose' vom 15.6.13 Mutation (...)

Frage
[Titel der Frage: Nachtrag zur Frage 'Diagnose' vom 15.6.13 Mutation delta f508 und c1585-1G>A (c1717-1G>A]

Hallo,mein Sohn ist jetzt 6 Monate alt und hat sich erstaunlich tapfer auf 6.3kg gekämpft. Bei ihm stand schon in der Schwangerschaft fest (24SSW) dass er geblähte Darmschlingen hat und etwas nicht "Stimmt". Er musste dann auch in der 34+6 SSW geholt werden wegen einer Darmzerreißung und massiven Bauchwasser. Gleich am 2.Lebenstag wurde er dann operiert mit anus praeter Anlagen. Wegen der schlechten Ernährungssituation und steigenden Bilirubin und Leberwerten entschied man sich nach 2 Monaten zur Rückverlegung welche auch erfolgreich war und nach einigen Komplikationen nimmt er endlich zu. Die Werte sinken jedoch nur langsam und er ist weiterhin gelb. Wach ist er und aktiv, trinken tut er auch sehr viel. Der Stuhl war zwischenzeitlich mal weiß und zeigt jetzt endlich etwas hellgelbe Farbe. Es fallen jetzt natürlich neben Medikamentengaben, wie kreon, nortase, die fettlöslichen vitamine in hoher Dosierung sowie ursofalk in maximaldosierung, 2xtgl. inhalieren und Physiotherapie auch viele Arztbesuche an. Er hustet hin-und wieder ja aber er spuckt auch sehr häufig und verschluckt sich..da er gierig viel trinkt erbricht er auch hin und wieder. Bisher hat er jedoch keine pulmonale symptomatik gezeigt. Er ist so tapfer- nimmt alle Medikamente und inhaliert ohne Probleme. Selbst die Physiotherapie macht ihm Spaß und er kann lachen.Die Diagnose hat uns natürlich trotz der in der Schwangerschaft bekannten Auffälligkeiten geschockt. Woher soll er es haben bei uns in der Familie sind doch alle gesund? Und warum trifft es diesen armen kleinen tapferen Schatz der schon so viel leiden musste!? Und vor allem diese Ängste...Nach 3. Monaten zu hause haben wir uns so langsam damit arrangiert und es hat sich einiges eingespielt in der Versorgung. Von einer kasai op hat man uns damals abgeraten. Das war auch gut so weil er wächst und gedeiht. Nur die hyperbilirubinämie will nicht sinken. Können sich die Leber und Bilirubinwerte noch bessern oder muss er jetzt immer gelb bleiben und auf eine Leber warten!? Irgendwie gibt es über eine so ausgeprägte cholestase beim Säugling kaum Berichte. Ist es durch die cholestase auch möglich das er weiterhin einen solchen Heißhunger hat und weiterhin ölige Stühle absetzt? Die kreondosierung wurde jetzt schon auf 10000 lipaseeinheiten pro 100ml trinken (muttermilch und cystilac zu je die Hälfte) erhöht und nortase hinzu genommen. Auch antra wurde schon versucht. Weiterhin hat er aber fast in jeder windel ölig voluminöse Stühle. Bauchschmerzen hat er aber kaum noch und zunehmen tut er auch. Das geburtsgewicht war a. 4.6.13 2350g. Jetzt mussten wir aber wieder ins Krankenhaus nach einem Rotaviren Infekt kam es erneut zu einer entfärbung des stuhls weshalb wir unter dem verdacht auf eine cholangitis Antibiotika bekommen. ..soll bis zu 6 Wochen über die vene gegeben werden. Ich hab eine solche Angst und immer wenn ich die gelbe Hautfarbe sehe werd ich daran erinnert wie krank er ist. Die Bauchspeicheldrüse ist ja definitiv betroffen und der Darm auch. Wie gesagt von der Lunge ist bisher noch nichts auffällig gewesen. Da jetzt der Winter kommt habe ich natürlich davor Angst was wir zu erwarten haben. Vorallem weil unter Infekten und Medkamenten die Leberwerte wieder schlechter werden.Ich weiß das wir da durch müssen, wie andere Betroffene auch. Aber man liest hauptsächlich von der Lunge, da sie im Vordergrund steht. Aber wie schnell ist die Leber in der Regel "kaputt"? Kann das schon im Säuglingsalter auftreten? Und wie geht es danach weiter? Medikamente? Wie schwer ist eine solche OP?Viele sagen ich soll nicht so viel darüber grübeln, vielleicht hört das auch irgendwann auf, aber ich brauche einen Plan, damit ich kämpfen kann.Vielleicht hat ja jemand einen ähnlichen Verlauf der Erkrankung und kann mir davon berichten. Die Fachliteratur hilft irgendwann nicht mehr, genausowenig die Gespräche mit Ärzten...da die nur ausweichend antworten. Sind jetzt auch schon in zwei spezialambulanzen muko und leber. Außer der Betonung das er eine lebenslimitierende Erkrankung habe wie sie es gerne betonen sind sie jedoch zufrieden mit dem bisherigen verlauf.
Es haben sich jetzt noch andere Auffälligkeiten an der Niere gezeigt. ..er soll da jetzt ausser mukoviszidose noch eine weitere genetische Erkrankung haben. Wieviel pech kann man haben? Den mut und die Hoffnung haben wir fast verloren.
Vielleicht können Sie mir helfen da wir kaum Berichte über einen ähnlichen Verlauf wie unseren finden können. Und uns kaum jmd.etwas zu der direkten hyperbilirubinämie sagen kann da das so kaum jmd.gesehen hat.
Im sono sieht man die lebervergrößerung sonst war der schall bisher unauffällig. Bis auf den nierenbefund. Die milz ist noch in norm..noch keine portale hypertension. Transaminasen und gamma gt nur marginal erhöht. Bili gesamt von 150 schon auf 90 gesunken...davon direkt 110 auf 70.

Vielen vielen dank
Liebe grüße
Antwort
Hallo,

Sie berichten über eine Krankheitsgeschichte Ihres jetzt 6 Monate alten Sohnes, die Sie verständlicher Weise sehr beunruhigt. Aus Ihrem Bericht entnehme ich, dass bei Ihrem Sohn in der 34 +6 SSW eine intrauterine Darmperforation eingetreten ist nachdem sich wohl zuvor im Ultraschall ein Meconium-Ileus angedeutet hatte. Bei ihrem Sohn wurde am 1. Lebenstag eine Laparatomie mit Anlage eines Anus praeter durchgeführt. Anschließend war der Nahrungsaufbau wohl kompliziert und da sich – wohl unter einer überwiegend künstlichen Ernährung – eine deutliche Hyperbilirubinämie entwickelt hatte, wurde der Anus praeter an Ende des 2. Lebensmonats zurückverlagert. Inzwischen hat ihr Sohn einen guten Appetit, wird hälftig mit Muttermilch und Cystilac ernährt, hat recht häufig Stuhlgang der wohl nur mäßig gut gefärbt ist. Das Bilirubin ist unter der Behandlung gefallen, aber das direkte Bilirubin ist noch mit 70 umol/l ( ?? ) erhöht. Sie berichten, dass zusätzlich eine Erkrankung der Nieren diskutiert wird, ohne dass Sie hierzu detaillierte Angaben machen.
Insgesamt machen Sie sich große Sorgen wegen der Zukunft ihres Sohnes und wünschen sich eine verbindliche Aussage basierend auf bereits gemachten Erfahrungen bei ähnlich gelagerten Patientenschicksalen.
Auf Grund lückenhafter Detailinformation ist auch uns eine absolut sichere Voraussage nicht möglich. Es wäre wichtig, zu wissen ob größere Darmabschnitte im Rahmen der Bauchoperationen entfernt werden mussten und wie der folgende Leberfunktionswert ( GLDH ) ist.
Folgende allgemeingültige Aussagen sind zu der Krankengeschichte ihres Sohnes möglich:
1) Bei neugeborenen Mukoviszidosepatienten kommt es mit einer Häufigkeit von 10% zu einem Meconium-Ileus. Sehr selten wird eine Darmperforation mit Wasseransammlung ( Ascites ) im Bauchraum vor dem Geburtstermin erkannt und führt zum Kaiserschnitt. Vereinzelt werden Kinder mit einer Darmatresie ( Verschluss des Darmes ) geboren und man findet begleitend zur Atresie Kalkablagerungen in der Bauchhöhle als Hinweis auf eine unerkannt gebliebene Perforation während der Schwangerschaft.
2) Eine Cholestase ( direkte Hyperbilirubinämie ) wird bei 2% der neugeborenen Mukoviszidose-Patienten gesehen und kann dramatisch erscheinende Laborwerte bieten. Oft gelingt die genaue Abklärung dieser Situation nur mit invasiver Diagnostik ( Leberscinthigraphie, Leberbiopsie ). Nicht selten löst sich das Problem der Cholestase im Laufe der ersten Lebensmonate spontan, d.h. unter begleitender medikamentöser Therapie ohne operativen Eingriff.
3) Eine Cholestase wird nicht selten bei Kindern gesehen, bei denen eine längerzeitige künstliche ( parenterale ) Ernährung notwendig ist. Eine schwerwiegende Cholestase, die zu einer ernsten und bleibenden Leberschädigung führt , wird dabei meist erst nach langzeitiger und nahezu ausschließlicher künstlicher Ernährung gesehen.
Ausgehend von ihrem Bericht kann also zu ihren Fragen gesagt werden, dass sich der Leberbefund ohne weiteres noch spontan normalisieren kann- voraus gesetzt eine Gallengangsatresie ist ausgeschlossen. Die bisher normale Milzgröße und die nur marginal erhöhten Leberfunktionswerte und der erfreulich deutliche Rückgang des direkten Bilirubins geben Anlass zu dieser Hoffnung. Dies entspricht auch eigener Erfahrung.
Die uns durch ihr Schreiben vorliegenden Befunde deuten bisher keinen irreversiblen Leberschaden an! Sie sollten sich daher _- auch wenn das sehr schwer fällt - zur Zeit nicht den Kopf über eine Operation zermartern, die mit gewisser Sicherheit überhaupt nicht notwendig wird.
Durch die Cholestase ist die Fettabsoption trotz hoher Kreondosis noch zusätzlich behindert. Dies erklärt die unverändert bestehenden Fettstühle und den unverändert bestehenden Heißhunger. Da Sie ihren Sohn bereits längere gestillt haben, bzw. er längere Zeit Muttermilch erhalten hat, ist zu erwägen, ob man die Ernährung zur Zeit nicht komplett auf Cystilac umstellt, weil das im Cystilac enthaltene MCT-Fett leichter resorbiert werden kann.
Zusätzlich sollte ein Versuch mit einem Protonenpumpenblocker ( z.B. Antra Mups® ) gemacht werden.
Wir hoffen, Ihnen mit diesen Antworten ein Wenig die Ängste genommen zu haben und hoffen zusammen mit Ihnen auf eine kontinuierliche Verbesserung des Gesundheitszustandes ihres Sohnes.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. H.-G. Posselt
03.12.2013
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. H.-G. Posselt