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Amlexanox

Frage
Sehr geehrtes Expertenteam,
Ich bin auf folgende Publikationen aufmerksam geworden:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/m/pubmed/22938201/
Und
http://www.google.com/patents/EP2437741A1?cl=en
Ich würde gerne wissen, ob es bereits irgendwelche Daten bzgl. der Korrektur von CF-Nonsense-Mutationen gibt? Bzw. ob schon klinische Studien laufen?
Ein Patent scheint ja zumindest schon beantragt.
Da diese Substanz bereits seit mehr als 20 Jahren beim Menschen medikamentös eingesetzt wird, könnte man bei erwiesener Effektivität bei nmCF von einer schnellen Marktreife ausgehen?
Unsere Tochter besitzt u.a. die R553X Mutation.
Vielen Dank und herzliche Grüße!
Antwort
Sehr geehrte Eltern,

vielen Dank für ihre sehr interessante und aktuelle Frage zur Korrektur von sog. Stop- oder nonsense -Mutationen.
Wie Sie sicher wissen teilen wir heute die Mutationen bei Mukoviszidose- es gibt mittlerweile über 1600- in 5 Klassen ein.
Die Stop-oder nonsens- Mutationen gehören zur Klasse I und sind dadurch charakterisiert, dass kein funktionsfähiges Eiweiß und somit kein Chloridkanal gebildet wird. Bei den Stop- Mutationen wird diese Bildungsstörung dadurch verursacht, dass in der Zelle die Produktion des Eiweißbausteins durch einen frühzeitigen Stopp nur unvollständig stattfindet.
In Deutschland lassen sich bei 13% der Patienten entweder eine oder 2 Klasse 1 Mutationen nachweisen.
Die Firma PTC hat ein Präparat (Ataluren)entwickelt, welches an Mukoviszidosezellen gezeigt hat, dass es in der Lage ist den Stop zu überwinden und damit ein komplettes Eiweißmolekül zu produzieren, welches dann als Chloridkanal in die Zelloberfläche eingebaut werden kann. In einer kleinen Gruppe von Mukoviszidosepatienten mit Stop-Mutationen konnte gezeigt werden, dass sich der Chloridstrom, der über die Nasenschleimhaut gemessen wurde (Nasale Potentialdiffernz-Messung) unter Ataluren deutlich verbessern ließ. Wie Sie sicher wissen, müssen alle Medikamente, bevor sie von den Aufsichtsbehörden zugelassen werde, auf ihre klinische Wirksamkeit hin geprüft werden und zeigen, dass bei ihrer Anwendung nicht mit gravierenden Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Dies geschieht im Rahmen von umfangreichen klinischen Studien, bei denen meist die Hälfte der Patienten ein Scheinmedikament (Plazebo) und die andere Hälfte das Verum – Medikament erhält. Diese Studie wurde von der Firma PTC inzwischen auch durchgeführt, hat aber nicht das gewünschte klinische Ergebnis, nämlich eine Verbesserung der Lungenfunktion zeigen können. Relevante Nebenwirkungen sind nicht aufgetreten. Für die nicht ausreichende kliunische Wirksamkeit sind viele Gründe im Nachhinein identifiziert worden. Deshalb wird im Sommer diesen jahres- auch in mehreren deutschen Zentren- eine neue Studie beginnen, die die Erfahrungen, die man in der ersten Studie gemacht hat, berücksichtigten wird.

Die von Ihnen angesprochene Substanz Amlexanox ist in den USA zur Behandlung von Hautgeschwüren und in Japan als antientzündliches Medikament zugelassen. In Deutschland gibt es bisher kein zugelassenes Medikament, welches Amlexanox enthält. In der von Ihnen angeführten Publikation von Gonzalez-Hilarion in der Zeitschrift Orphanet Journal of Rare Diseases wird die Wirksamkeit von Amlexanox an Mukoviszidose-Zellen geprüft, die eine Klasse 1 (Stop) Mutation und eine Klasse 2 Mutation beinhalten. Es konnte gezeigt werden, dass Amlexanox die Menge des produzierten Chloridkanals erhöhen und auch die Funktiosfähigkeit des Kalnals verbessern kann. Einschränkend ist zu sagen, dass es sich hierbei nur um Versuche an Zellkulturen gehandelt hat.
Da die Veröffentlichung schon vor 2,5 Jahren eingereicht wurde, ist es erstaunlich, dass man bisher noch nichts Neues von der Substanz gehört hat. Im Internationalen Studienregister, in dem alle Studien angemeldet werden müssen sind bisher 3 Studien mit Amlexanox aufgeführt, zwei bei Diabetes und eine bei der Behandlung einer Krebserkrankung.
Trotzdem glaube ich, dass es zukünftig Substanzen geben wird, die bei einzelnen Patienten mit Stopmutationen einen auch klinisch messbaren Effekt haben werden. Aber der Weg von der Zellkultur zum zugelassenen Präparat ist ein Langer.

PD. Dr. Ernst Rietschel
Leiter Mukoviszidosezentrum Köln
28.04.2014
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. E. Rietschel