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Prognose Mutationsklassen

Frage
Sehr geehrte Experten,

Man sagt mir immer, dass die Prognose für CF-Patienten niemals vorausgesagt werden kann, dass sie von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ist. Es hänge von den Genen ab, und auch von anderen Faktoren. Soviel weiß ich - aber als Eltern eines CF Patienten quält einen natürlich immer die Ungewißheit, ob man das eigene Kind überleben wird.
Würden Sie bitte Ihre Einschätzung dazu abgeben, in wieweit die Mutationsklassen für die Schwere der Erkrankung verantwortlich sind? Konkret: wird ein Patient mit zwei Klasse 1 Mutationen früher sterben als ein Patient mit 2 leichteren Mutationen, z.B. Klasse 3 Mutationen?
Wenn ein CF-Patient extrem stark pankreasinsuffizient ist, verschlechtert das seine Prognose, trotzdem er dank einer hohen Enzymtherapie normalgewichtig ist?

Vielen Dank für Ihre Expertise!
Antwort
Guten Tag,

Antwort zum ersten Teil der Frage:
Der CF-Phänotyp hängt von CFTR-Genotyp (Mutationsklasse), anderen genetischen Faktoren (man spricht von modifizierenden Genen), Umwelt, Ernährung, Therapie, Nebenwirkungen der Therapie ab und sehr wahrscheinlich auch weiteren, bisher unbekannten Faktoren. Die Einteilung in Mutationsklassen erfolgte vor allem, um wissenschaftliche Fragestellungen bearbeiten und epidemiologische, statistische Studien, in denen dann u.a. auch nach Genotyp-Phänotyp Korrelationen gesucht wurde, durchführen zu können. Tatsächlich findet man in solchen Studien bei Patienten mit Klasse I-III Mutationen häufiger eine Pankreasinsuffizienz, einen Mekoniumileus, eine höhere Mangelernährung, eine frühere und stärkere Beteiligung der Lunge, häufiger Leberstörungen und eine höhere Mortalität. Demgegenüber sind Klasse IV-V Mutationen häufiger mit einer leichten Lungenbeteiligung, geringerem Ausmaß der Pankreasinsuffizienz und einer verringerten Todesrate assoziiert. Patienten mit einer Compound Heterozygotie von Klasse I-III Mutationen und Klasse IV-V Muattionen zeigen zumeist den leichteren Phänotyp. Diese Tendenz sieht man auch, wenn man Patienten, die erst im Erwachsenenalter auffällig werden untersucht. Sie haben überwiegend Klasse IV-V Mutationen. Aber im Einzelfall kann aus der Art der Mutation keine sichere Prognose gestellt werden. Hierbei ist der Genotyp nur 1 Faktor unter anderen (siehe oben) und so sind z.B. der Schweißtest oder das Nasenpotential genauso wichtige prognostische Faktoren. Diese großen individuellen Unterschiede sieht man auch bei Patienten mit der gleichen Mutation, z.B. einer homozygoten F508del Mutation, die trotzdem einen sehr unterschiedlichen Verlauf haben können.
Nochmals: Genotyp-Phänotyp-Korrelationen sind nützlich für epidemiologische/statistische (Populations) Untersuchungen, aber sollten nicht zur Abschätzung der Prognose beim einzelnen Patienten herangezogen werden (siehe auch ausführliche Stellungnahme der Konsensus Konferenz 2007 in Italien, publiziert: C. Castellani et al. J Cyst Fibros, 2008,
7(3): 179-196) .

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Koenig
07.09.2014
Die Antwort wurde erstellt von: Prof. Dr. Rainer König