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Mutationsklasse R352Q/2184insA

Frage
Guten Tag

Unsere Tochter wurde mit folgender Mutation diagnostiziert: R352Q/2184insA, nach langer Suche konnte ich die Klassen der Mutationen nicht finden, auch in der Datenbank www.cftr2.org konnte ich keine Daten finden.

Können Sie mir sagen,

- Wie viele Personen an dieser Mutation erkrankt sind?
- Welcher Klasse diese Mutationen angehören?
- Was dies über den möglichen Verlauf aussagt?
und ob existierende Medikamente verfügbar sind.

Vielen Dank,
David R.
Antwort
Lieber David R.,

über R352Q kann man nichts sagen - diese Variante ist sehr selten. Es mag sein, dass Ihre Familie bislang die einzige ist, in der diese Variante im Rahmen einer Mutationsanalyse am CFTR-Gen enddeckt wurde. Übersetzt bedeutet "R352Q", dass an der Stelle 352 des aus 1480 Aminosäuren zusammengesetzten Mukoviszidoseproteins CFTR kein "R" (steht für die Aminosäure Arginin), sondern ein "Q" steht (das Q steht für die Aminosäure Glutamin). Mit anderen Worten, das CFTR-Eiweiß mit dem Austausch Arginin-352-Glutamin trägt an einer Position eine andere Aminosäure als das Referenz-CFTR, alle anderen 1479 Aminosäuren sind gleich. Die Bedeutung diese Aminosäureaustausches an der Position 352 für das CFTR-Eiweiß kann nicht vorhergesagt werden - das geht erst, wenn hinreichend viele Träger dieser Mutation mit Mukoviszidose identifiziert wurden oder wenn die Konsequenz dieser Variante durch einen funktionellen Test belegt werden kann. Ein möglicher funktioneller Test ist die Nasalpotentialdifferenzmessung (NPD), ein anderer die Messung der ionentransportfähigkeit an Rektumschleimhautbiopsien (ICM). Diese Verfahren (https://muko.info/mukoviszidose/ueber-mukoviszidose/diagnoseverfahren/potential-differenzmessung.html) sind möglich z.B. an spezialisierten Referenzzentren der CF-Ambulanzen in Hannover und in Heidelberg (Kontaktadressen auf der Seite https://muko.info/mukoviszidose-institut/forschungsfoerderung/strukturfoerderung/referenzzentren-cftr-analytik.html). Falls Sie sich dazu entschließen, die mögliche Restfunktion der CFTR-Variante R325Q so ermitteln zu lassen, kann Ihre Frage "Welcher Klasse gehört diese Mutation an?" zumindest Ansatzweise beantwortet werden.

2184insA ist einfacher zu erklären: 2184insA ist eine typische Mukoviszidoseauslösende Mutation der Klasse I (kein funktionelles Protein gebildet). Dieser Mutationsname bedeutet, dass an der Stelle 2184 der Boten-RNA, von der das Mukoviszidose-Eiweiß CFTR abgelesen wird, ein zusätzliches A steht. (A ist einer der vier Bausteine von Nukleinsären, die mit A, G, C oder T abgekürzt werden.) Durch diesen Einschub kommt es zu einer Leserasterverscheibung: immer drei aufeinanderfolgende Nukleinsäurebausteine der Boten-RNA werden in eine Aminosäre des Eiweißes übersetzt. Das zusätzliche A an der Position 2184 bringt nun alles durcheinander, ab hier wird das CFTR-Eiweiß falsch gebaut und nur verkürzt gebildet. Man kennt mehrere Mukoviszidoseträger mit der CFTR-Mutation 2184insA: 1994 hat eine Übersicht bereits 5 Träger dieser Mukoviszidosemutation beschrieben.

Die entscheidende Frage ist nun, was diese Informationen über den zu erwartenden Verlauf der Erkrankung bei ihrer Tochter aussagen.
Um das sicher ableiten zu können, muss man hinreichend viele Träger der Mutationskombination R352Q/2184insA kennen - das ist aufgrund der Seltenheit der Variante R352Q nicht möglich. Auch eine grobe Einteilung in "milde" bzw. "schwere" Mutationsgenotypen beruht darauf, genau zu wissen, welche Konseqeunz die Mutation R352Q auf molekularer Ebene hat - und das ist, wie oben beschrieben, derzeit unbekannt.

Spezifische Medikamente gibt es daher für beide Varianten nicht - für 2184insA wird dabei derzeit auch nichts entwickelt. Aminosäureaustauschmutationen (Fachbegriff dafür: Missense-Mutationen) wie R352Q könnten durch CFTR-Potentiatoren oder CFTR-Korrektoren behandelbar sein, das muss jedoch stets erst gemessen werden und ist derzeit Gegenstand der Forschung. In diesem Artikel:
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1569199313001136

wurden ca. 50 seltene Missense-Mutationen untersucht, R352Q ist nicht darunter. Nur wenige der getesteten Missense-Mutationen sind mit dem dort getesteten Therapeutikum behandelbar.

Mit den besten Wünschen für die Gesundheit Ihrer Tochter,
Frauke Stanke
09.09.2017
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Frauke Stanke