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Pseudomonas

Frage
Guten Tag,
meine Tochter 4 Jahre hatte bis jetzt 3 x einen Pseudomonas -Nachweis. Jedesmal mit Ciprofloxacin oral (3 Wochen) und Bramitob (3Monate on-off) eradiziert worden. Pseudomonas - Antikörper immer negativ.
Jedesmal ging dem positiven Abstrich eine Antibiotikagabe aufgrund eitriger Angina (2x) und einer Mittelohrentzündung voraus.
Im Winter 2016/2017 hatte sie durchgehend respiratorische Infekte von Oktober bis März (Kindergarten -beginn). Von unserer CF-Ärztin wurde mehrfach eine Antibiotikagabe empfohlen. Ich gab ihr jedoch keines (wusste unsere Ärztin aber auch). Da hatten wir keinen Pseudomonas -Nachweis.
Nun. Ist Ihnen sowas bekannt? Welches Antibiotikum würden Sie empfehlen beim nächsten Infekt (bisher 2x ospexin 1x augmentin)?
Ich dachte der Virusinfekt an sich begünstigt eine Pseudomonas -Besiedelung. Wieso hatten wir dann letztes Jahr keinen Befall, obwohl sie 6 Monate durchgehend krank war und sehr verschleimt war?
Antwort
Guten Tag,
entschuldigen Sie bitte, dass diese Frage so lange unbeantwortet blieb, aber auch uns hat die Infektwelle voll im Griff.
Im Prinzip kann man Ihre Frage darauf reduzieren, dass jedes Mal, wenn Ihre Tochter mit Antibiotika behandelt wurde, ein Pseudomonas nachweisbar war. Als Sie jetzt nicht behandelt hatten, sah man den Pseudomonas nicht. Ich würde Ihnen gern meine persönliche Erklärung dafür geben. Beweisen, dass es wirklich so ist, kann ich es naturgemäß aber nicht:
Ich glaube, dass Ihre Tochter mittlerweile immer irgendwo den Pseudomonas in der Lunge sitzen hat, auch wenn die Pseudomonas-AK noch negativ sind. Wir wissen heute aus den Mikrobiom-Studien (genetische Analysen aller in der Lunge vorhandenen Keime), dass CF-Patienten am Anfang in Ihrer Lunge eine große Diversität verschiedener Keime Zeigen. Unter diesen Keimen kann auch schon der Pseudomonas sein, er spielt zahlenmäßig nur noch nicht so eine große Rolle und die verschiedenen Keime halten sich gegenseitig in Schach. Entnimmt man unter solchen Bedingungen einen Rachenabstrich oder eine Sputumprobe überwuchern die "anderen" Keime den Pseudomonas in der Kultur, d.h. der Pseudomonas wird nicht nachgewiesen. Das kann auch die Situation sein, wenn Sie im Rahmen von Luftwegsinfekten nicht antibiotisch behandeln, da bei diesen eben typischerweise der Pseudomonas (noch) keine Rolle spielt. Wird aber dagegen antibiotisch behandelt, so kann es sein, dass sich das Kräfteverhältnis ändert. Die genannten Antibiotika töten viele dieser Keime ab (z.B. Staphylokokken und Haemophilus influencae) aber eben nicht den Pseudomonas. Dadurch hat der Pseudomonas in dem geänderten Verhältnis die Chance, in der Kultur "nach oben zu wachsen". Sie werden jetzt berechtigterweise fragen, ob dann die Antibiotikatherapie banaler Infekte nicht den Pseudomonas eher begünstigt? Der Gedanke ist nicht ganz falsch, deshalb ist das auch Gegenstand von aktuellen Untersuchungen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es auch bei Patienten ohne mehrfache Antibiotikabehandlung eines Tages zur Vorherrschaft des Pseudomonas in den Atemwegen kommt, was man dann auch in den Mikrobiomuntersuchungen der Lunge sieht. Es muss im Übrigen nicht immer der Pseudomonas sein. Ich habe auch Patienten, die irgendwann eine vornehmliche Staphylokokken-Kolonisation der Lunge entwickeln und bei denen die Lunge den gleichen Schaden nimmt. Insofern wäre ich auch mit der Nichtbehandlung von bakteriellen Infekten vorsichtig. Was die Lungen bei CF zerstört, ist im Endeffekt die Entzündung der Atemwege und neben den ganzen physiotherapeutischen Maßnahmen, mit denen man die muko-ziliäre Clearance verbessert, sind es v.a. die gezielten Antibiotikatherapien, die durch die Reduktion der Gesamtkeimzahl zur Verminderung der Entzündung und dadurch zur Verminderung der Zerstörung der Atemwege beiträgt.
Mit besten Grüße
Olaf Sommerburg
09.03.2018
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. Olaf Sommerburg