Bitte beachten Sie: Manche Informationen sind nach einem Jahr noch aktuell, andere schon nach drei Monaten veraltet. Wenn Sie sich unsicher sind, können Sie gern nachfragen.

Stillen unbedingt nötig?

Frage
Guten Tag

Ich würde gerne eine Frage für eine Frage stellen.
Meine Freundin hat vor 2 Monaten ihr erstes Kind zur Welt gebracht, musste aufgrund eines Darmverschlusses gleich operiert werden. Seit 1 Woche ist das Baby endlich zuhause. Nun hat sie aber eine Brustentzündung und ein Milchstau nach dem anderen. Sie ist psychisch total am Ende. Nun hat ihr der Arzt gesagt, sie müsse 2 Jahre stillen und dürfe auch im Notfall keine Pre-Nahrung verwenden. Baby nimmt leider momentan auch nicht zu. Dadurch fühlt sie sich noch mehr unter Druck gesetzt und ist verunsichert.
Gibt es einen Grund, oder ist es standart, dass Mukoviszidose Babys gestillt werden müssen?

Vielen Dank
Antwort
Hallo,
Sie fragen, ob eine Muttermilchernährung ( Stillen des CF-Kindes) unbedingt notwendig ist. Sie berichten, dass eine Person ihres Freundeskreises vor zwei Monaten ein Baby bekommen hat, bei dem direkt nach der Geburt wegen eines Mekoniumileus eine operative Behandlung notwendig wurde. Inzwischen seinen Mutter und Kind zu Hause.
Das Stillen gestalte sich wegen einer Brustentzündung schwierig. Die behandelnden Ärzte hätten der Mutter gesagt, dass das Kind unbedingt zwei Jahre gestillt werden müsse. Durch diese Aussage fühle sich die primär schon massiv psychisch belastete Mutter zusätzlich massiv unter Druck gesetzt zumal das Kind nicht genügend an Gewicht zunehme.
Ganz allgemein ist zum Stillen eines Neugeborenen und Säuglings zu sagen, dass eine Muttermilchernährung für eine Baby von großen Vorteil gegenüber einer Flaschenernährung ist. Auch die beste Flaschenmilch ist nicht ideal auf die Bedürfnisse eines Neugeborenen und jungen Säugling abgestimmt. Als Vorteil der Muttermilch ist die Unterstützung des beim Baby noch nicht ausgereiften Immunsystems zu nennen. Gestillte Kinder entwickeln z. B. auch in deutlich geringerem Maße Allergien im Vergleich zu Flaschenmilch ernährten Kindern. Weiterhin fördert das Stillen auch die Mutter-Kind-Bindung deutlich positiv. Allgemein gilt heute die Regel, dass ein Baby möglichst in den ersten neun Monaten des Lebens gestillt werden soll. Eine Stillzeit von zwei Jahren, wie sie angeblich von den behandelnden Ärzten gefordert wurde, entspricht nicht den allgemein anerkannten Richtlinien und gilt auch nicht für CF-Kinder.
In der speziellen Situation ihrer Freundin sind folgende Gesichtspunkte zu bedenken:
Das Schicksal, ein an Mukoviszidose erkranktes Kind bekommen zu haben führt unweigerlich bei den Eltern zu einer massiven psychischen Belastung, die in diesem Fall durch die Komplikation des Mekoniumileus mit Notwendigkeit eines operativen Eingriffs noch deutlich gesteigert ist. Allein diese Situation kann sich auf den Verlauf und Erfolg einer geplanten Muttermilchernährung deutlich negativ auswirken. Ungenügende Milchproduktion bei der Mutter ja sogar eine kalorisch unzureichend ausgestattete Muttermilch kann die Folge sein.
Brustentzündungen werden bei jungen stillbereiten Müttern leider auch bei völlig unkomplizierter Geburt und gesundem Baby recht häufig gesehen und führen leider auch trotz aller Behandlungsbemühungen in einigen Fällen zur Notwendigkeit des Abstillens.
Im gegebenen Fall muss bedacht werden, dass es allein durch die Operation zu einer unbefriedigenden Gewichtsentwicklung kommen kann. Dies hängt natürlich auch davon ab, ob eventuell Anteile des Dünndarms entfernt werden mussten. Kompliziert ist die Situation zusätzlich dadurch, dass bei dem Baby ja eine Bauchspeicheldrüsenunterfunktion besteht. Auch bei optimaler Substitution der Pankreasenzyme muss dem Baby daher eine erhöhte Kalorienmenge mit der täglichen Nahrung zugeführt werden.
Zur Lösung der Problematik möchte ich folgenden rat geben:
In erster Linie muss geklärt und sicher gestellt werden, dass sich das Kind und damit die gesamte Familie in der Betreuung eines zertifizierten CF-Zentrums befindet und dass die Mutter eine sachkompetente Ernährungsberatung bekommt. Gleichzeitig muss eine professionelle psychologische Beratung der Mutter erfolgen.
Hieraus sollte sich dann ergaben, dass das Baby auf eine Spezialnahrung (Cystilac®)umgestellt wird, die in Zusammenarbeit von CF-Ärzten und der Industrie speziell für CF-Babys mit einer solch komplizierten Ernährungssituation entwickelt wurde.
Mit großer Sicherheit wird es dann zu einem zufriedenstellenden Gedeihen des Kindes kommen und die Mutter kann sich deutlich entspannter auf eine hoffentlich auch freudvolle Ernährung ihres Kindes konzentrieren.
Wir wünschen der Mutter mit dem Baby und der ganzen Familie eine glückliche Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen

Dr. H.-G. Posselt
12.07.2018
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. H.-G. Posselt