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Kurkuma

Frage
Bringt die Einname von Kurkuma etwas und wie viel muss davon eingenommen werden?
Antwort
Hallo,

Amerikanische Wissenschaftler konnten bei Mäusen mit Mukoviszidose mit einem ganz bestimmten Gendefekt (sog. deltaF508) einen günstigen Effekt auf die Erkrankung durch Fütterung von Kurkumin zeigen (Originalliteratur: Curcumin, a major constituent of turmeric, corrects cystic fibrosis defects. Science 2004, 304: 600-602). Bei Kurkumin handelt es sich um einen Inhaltsstoff aus dem Curry-Gewürz Kurkuma (Gelbwurz), das häufig in der asiatischen Küche Anwendung findet. Kurkumin bewirkt die starke Gelbfärbung und den intensiven Geschmack des Gewürzes.

Der Gendefekt deltaF508 ist die häufigste Form der Mutation des Mukoviszidose-Gens und wird bei ca. 70 Prozent der Patienten in Nord- und Mitteleuropa beobachtet. Dieser Defekt bewirkt unter anderem, dass ein Chloridionenkanal (sog. CFTR-Kanal) zwar gebildet wird, aber nicht an seinen Bestimmungsort in der Zelle gelangen kann. Deshalb kann der Kanal nicht richtig arbeiten. Die Forscher konnten nachweisen, dass der CFTR-Kanal nach Behandlung mit Kurkumin in Mäusen und in einer Hamster-Zellkultur wieder nahezu normal arbeitete. Zur Erklärung des Wirkmechanismus des Kurkumin stellen die Wissenschaftler unter anderem die Hypothese auf, dass Kurkumin so genannte Chaperone blockiert, die normalerweise verhindern würden, dass der defekte CFTR-Kanal seinen Zielort, die Zelloberfläche, erreichen kann. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass Kurkumin direkt an den defekten CFTR-Kanal bindet und dessen Eigenschaften so verändert, dass die normale Funktion wieder gewährleistet ist.

Inwieweit sich die bei Mäusen erzielten Ergebnisse überhaupt auf den Menschen übertragen lassen, ist nicht bekannt. Studien mit CF-Probanden konnten die günstigen tierexperimentellen Daten bisher nicht bestätigen. Obwohl sich Kurkumin auch in höheren Dosen als gut verträglich erwiesen hat, können relevante Nebenwirkungen beim Menschen nicht ausgeschlossen werden. Eine Einnahme von Kurkumin in therapeutischen Dosen kann daher außerhalb von kontrollierten Studien keinesfalls empfohlen werden.

Zu Ihrer Information füge ich eine Altfrage zu Kurkumin (2004) aus dem deutschen Expertenrat Mukoviszidose ein, in welcher Herr Prof. Wagner sehr ausführlich auf Risiken beim unkritischen Übertrag tierexperimenteller Daten auf den Menschen warnt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. TO Hirche

Zitat Altfrage Expertenrat vom 13.05.2004:
Frage:
Mein Sohn Timo ist delta F508 heterozygot.Ist auch hier ein positiver Effekt von Kurkumin zu erwarten?Ist es richtig,daß es sich nicht um das Nahrungsergänzungsmittel Kurkuma handelt, sondern lediglich um den Farbstoff, also E100=Kurkumin?- davon 45mg pro kg Körpergewicht?
Wann sind vorraussichtlich erste Fo.ergebnisse bzgl. Nebenwi. und Dosierung da? Für Antwort wäre ich sehr dankbar- herzliche Grüße aus Saarbrücken
Ilka Ebert-Roßbach und Timo

Antwort:
Hallo Ilka und Timo!
Bitte nicht ganz so schnell... So geht das nicht! Das hat nichts mit übertriebener Vorsicht oder Gesetzen oder Bestimmungen zu tun. Es ist aber eben nicht so einfach. Das ist eine Studie an Versuchstieren, an kleinen delta-F508-homzygoten Mäusen; es wurden je nach Versuchanordnung 1 oder 45 mg/kg gegeben, aber das kann man natürlich nicht einfach hochrechnen und beim Menschen auch so machen. Dazu kommt dass das „Curcumin“ ein chemisches Präparat für experimentelle Untersuchungen ist, dessen Eigenschaften nicht für die Unschädlichkeit beim Menschen geprüft wurden. Die Mäuse wurden drei Tage bis elf Wochen behandelt, auch das lässt sich weder bezüglich der Wirksamkeit noch bezüglich der „Unschädlichkeit“ von den Mäusen auf den Menschen hochrechnen. Die Autoren selbst hinterfragen in Ihrer Arbeit selbst, ob denn die Wirkung auf den Menschen übertragbar ist: „Es muss selbstverständlich angemerkt werden, dass der Erfolg, der in den vorgestellten tierexperimentellen Untersuchungen erreicht wurde, keine Gewähr bietet, dass ähnliche Ergebnisse bei CF-Patienten erreicht werden. Fragen zur Bioverfügbarkeit von Curcumin, zu speziesspezifischen Wegen, durch die es verstoffwechselt wird, und zu dem Maß, in dem das Mausmodell akkurat die bedeutsamen Eigenschaften von Mukoviszidose nachahmt, könnten sämtlich die Fähigkeit von Curcumin vermindern, die Funktion von delta-F508 in der Situation der Erkrankung des Menschen zu verändern.“
Zu den anderen Aspekten Ihrer Fragen: Es gibt delta-f508 heterozygote Formen, die den gleichen zellbiologischen Defekt zu haben scheinen, wie die homzygote Form, es gibt aber auch solche, wo der biochemische Effekt ein ganz anderer ist. Wenn die zweite Mutation bekannt ist, kann man – zumindest für manche Mutationen - dann spekulieren, ob das Wirkprinzip, wenn es denn beim Menschen nachvollziehbar ist, auch bei einer solchen Mutation funktionieren kann.
Wir hoffen alle, dass es eine multizentrische Studie – vielleicht schon beginnend in diesem Herbst – geben wird. Wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, kann nur schwer vorhergesagt werden. Eine solche Studie wird vermutlich erst einmal homozygote delta-F508 Merkmalsträger einschließen. Von solch einer Studie zu einer zugelassenen Therapie ist aber noch ein weiter Weg. Wenn man sich überlegt, dass die Substanz deshalb zur Verbesserung der Elektrolytstörung (bei Mäusen!!) führt, weil die Substanz verhindert, dass die Endkontrolle für von der Zelle hergestellte Eiweißmoleküle ausgetrickst wird, kann man sich auch andere unerwünschte Effekte vorstellen. Dieses Kontrollsystem ist ja kein überflüssiger Luxus sondern lebensnotwendig für die komplexen Zellvorgänge. Hier muss man, bevor man eine solche eingreifende Veränderung über Jahre oder Jahrzehnte beim Menschen vorzunehmen wagen kann (durch Gabe des Medikamentes über solch lange Zeiträume, denn es gibt ja keine nachhaltigen erwünschten Effekte – wenn die Wirksubstanz inaktiviert oder ausgeschieden ist, kann keine Wirkung mehr nachgewiesen werden), so genau wie irgend möglich die Beförderung von Tumorentstehung oder anderer langfristiger Effekte untersuchen.
Mit freundlichem Gruß
Prof. Dr. T.O.F. Wagner)-Ende Zitat Altfrage
16.12.2008
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. Tim O. Hirche