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Mutaflor

Frage
Meine HNO Ärztin und HÄin haben Antrag auf Kostenübernahme für das Arzneimittel Mutaflor bei meiner KK gestellt, als Einzelfallentscheidung. Dieser wurde lt. § 34, Abs. 1 SGB V abgelehnt mit der Begründung, kein verschreibungspflichtiges Medikament und von der Versorgung durch KK ausgeschlossen. Ausnahmen nur Colitis ulcerosa.
Auch meine geforderte Stellungnahme brachte nichts. Ich bin Mukoviszidose Patientin. Die Antibiotikatherapie gehört zu den wichtigsten Therapieansätzen bei Cystischer Fibrose.
Ich leide unter vielen rezidivierenden akuten Infektionen im Jahr mit Problemkeimbesiedlungen ( u.a. Pseudomonas + Multiresistente Erreger), vorrangig beginnend im Nasenrachenraum )
Auf Grund dieser akuten Infekte in sehr kurzen Zeitabständen sind konsequente antimikrobielle hochdosierte Antibiotikabehandlungen erforderlich, die entsprechend fachärztlich behandelt werden müssen. Das kostenintensive Mutaflor ist das einzige Arzneimittel, was die Nebenwirkungen bei mir, wie Bauchschmerzen, Durchfälle im Rahmen des Erträglichen hält.
Therapien, wie Symbioflor 1 + 2, Omniflora, Perenterol, Lacteol Kapseln oder den neueren Varianten von OmniBiotic AAD ist bisher gescheitert.
Meine Frage:
Ist Mutaflor bei Antibiotikatherapien erstattungsfähig oder nicht?
Was machen andere CF Patienten bei solchen Problemen?
Eine Antwort in ihrem Forum von:

PD Dr. Sabina Schmitt-Grohé
20.12.2015

Die Gabe von Probiotika verbessert die Darmflora. Mutaflor z.B. ist ein von der erstattungsfähiges Probiotikum bei Antibiotika-therapie. Die Darmflora steht über das Schleimhautimmunsystem im Darm mit dem Immunsystem der Atemwege in Verbindung.

Viele Grüße
Steffi
Antwort
Sehr geehrte Steffi,
vielen Dank für Ihre Frage.
Bitte beachten Sie, dass diese Antwort eine Einzelfallberatung beim Rechtsanwalt nicht ersetzen kann und will.
Dennoch versuche ich gerne, Ihre Anfrage auf Grundlage der von Ihnen gegebenen Informationen so vollständig wie möglich zu beantworten.

Tatsächlich ist Mutaflor laut Gesetzes- und Verordnungslage bei Erwachsenen grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 1, S. 1 SGB V, der besagt, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung durch die Krankenkasse ausgeschlossen sind.
Jedoch gilt dieser Versorgungsausschluss gilt allerdings nicht bei Arzneimitteln, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten und zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) führt in Anlage I der Arzneimittelrichtlinie, der sogenannten OTC- Liste, diese ausnahmsweise erstattungsfähigen Arzneimittel auf.
Dort findet sich unter Punkt 16:
„E. coli Stamm Nissle 1917 nur zur Behandlung der Colitis ulcerosa in der Remissionsphase bei Unverträglichkeit von Mesalazin.“
Daher ist die Begründung der Krankenkasse zutreffend.
Bei meiner weiteren Recherche bin ich auf einen Artikel in der Deutschen Apothekerzeitung gestoßen, worin ausdrücklich festgehalten wird:
„Nicht erstattungsfähig sind derartige E.coli-Präparate für Erwachsene zur Behandlung von Durchfallerkrankungen – auch wenn sie Antibiotika-induzierter Genese sind.“

Auch die Nachfrage beim Hersteller des Präparats ergab kein anderes Ergebnis- allein auf die Antibiotikagabe gestützt, ist Mutaflor nicht erstattungsfähig.
Jedoch finden nicht selten im Darm von Mukoviszidose- Patienten entzündliche Prozesse statt, ähnlich wie bei Colitis ulcerosa. Sofern es bei Ihnen auch so ist, macht es möglicherweise Sinn, eine Verordnung nicht auf die Antibiotikagabe sondern auf die Darmentzündung zu stützen. Hilfreich könnte hierbei auch sein, die Ähnlichkeiten zu Colitis ulcerosa hervorzuheben.
Der Eintrag in diesem Expertenrat vom 20.12.2015, der sich auf ein siebenjähriges Kind bezog, lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass für Kinder bis zu 12 Jahren nach § 34 Abs. 1, S. 5 SGB V die Verordnungsausschlüsse aus Satz 1 nicht gelten. Allerdings sollte hier gemäß Anlage III zur Arzneimittelrichtlinie der Einsatz auf die Rehydratationsmaßnahmen gestützt werden.
Zu Ihrer Frage nach den Strategien anderer CF- Patienten, kann ich nur sagen, dass mir in meiner fast 12- jährigen Erfahrung in der sozialrechtlichen Beratung im Mukoviszidose e.V. Mutaflor noch nicht begegnet ist. Es scheint also bei anderen Patienten, aus welchen Gründen auch immer, kein allzu verbreitetes Problem zu sein.
Möglicherweise können Sie sich im Internetforum des Mukoviszidose e.V. dazu mit anderen Patienten austauschen.


Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Annabell Karatzas
Mukoviszidose e.V.

Links:

§ 34 SGB V: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__34.html
OTC- Liste: https://www.g-ba.de/downloads/83-691-507/AM-RL-I-OTC-2018-11-09.pdf
Anlage III Verordnungseinschränkungen: https://www.g-ba.de/downloads/83-691-466/AM-RL-III-Verordnungseinschraenkung_2017-11-04.pdf
Auszug Deutsche Apothekerzeitung: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2014/daz-4-2014/verschreibungsfreies-auf-rezept
Internetforum Mukoviszidose e.V.: forum.muko.info

20.12.2018
Die Antwort wurde erstellt von: Annabell Karatzas