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Silymarin vs. Ivacaftor/Tezacaftor

Frage
Sehr geehrte Damen und Herren,

einmal mehr vielen Dank für Ihre gute und wichtige Arbeit im Rahmen des ECORN-CF-Projekts.

Gemäß Einschätzung der EMA (https://www.ema.europa.eu/documents/herbal-report/draft-assessment-report-silybum-marianum-l-gaertn-fructus_en.pdf) verringert Mariendistelextrakt (Silymarin) bei einer eigenen Halbwertszeit von 6 bis 8 Stunden die Aktivität des CYP3A4-Leberenzyms. Auf der anderen Seite fanden sich gemäß dieses Reports in zwei (exemplarischen?) Studien keine pharmakokinetischen Auswirkungen auf Stoffe, die über dieses Enzym abgebaut werden: Indinavir und Ranitidin.

Wir konnten keine Dokumentation finden, in denen sich pharmakokinetische Auswirkungen von Silymarin-Gaben aufgezeigt worden wären. Es existieren ja umfangreiche Listen, wie zum Beispiel
https://liferaftgroup.org/long-list-of-inhibitors-and-inducers-of-cyp3a4-and-cyp2d6/ (am Beispiel des Medikaments "Gleevec")

oder
https://drug-interactions.medicine.iu.edu/Clinical-Table.aspx

Im eingangs erwähnten Dokument wird die Anwendung als "Pflanzliches Arzneimittel zur unterstützenden Behandlung von alkoholischen Lebererkrankungen" sowie als "Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Linderung der Symptome von Verdauungsstörungen, die mit einem Füllegefühl, Blähungen und Flatulenz verbunden sind." verliehen.

Erfahrungsberichte über eine Leberentlastung bei CF liegen uns vor.

Einzelne Patienten fragen nun auch aus diesem Grund, ob sie bei einer zum Beispiel ca. 3fachen Erhöhung der Leber-Transaminasen unter Ivacaftor/Tezacaftor-Kombinationsbehandlung eines standardisiertes Silymarin-Präparats probieren dürfen. Sehen Sie hier Probleme wegen der CYP3A4-Deduktion? Oder wird es sich vermutlich ähnlich verhalten wie bei den o.g. Medikamenten, bei denen sich (wider Erwarten) keine Veränderung im Metabolismus ergeben hatten.

Mit freundlichen Grüßen
Kai-Roland Heidenreich
DCFH - Deutsche CF-Hilfe e.V.
Antwort
Lieber Herr Heidenreich,
wir bitten um Nachsicht, dass Sie auf die Beantwortung Ihrer Frage ein wenig warten mussten. Wir haben hierzu Recherchen und weitere Experten involviert. Mit Hilfe der Medizinischen Wissenschaftsabteilung von VERTEX, dem Symkevi-Hersteller können wir Ihre Frage zum Thema einer potentiellen Interaktionen zwischen Silymarin und Tezacaftor/Ivacaftor wie folgt beantworten:
Interaktionsstudien, die den Effekt der gemeinsamen Gabe von Mariendistelextrakt (Silybum marianum) und und TEZ/IVA untersuchen, wurden nicht durchgeführt. Wie Sie bereits beschrieben haben, zeigen in vitro Studien einen inhibitorischen Effekt von Mariendistelextrakt auf CYP3A4. Im Widerspruch dazu stehen in vivo Daten, die keine klinisch relevante Interaktion zwischen Mariendistelextrakt und ausgewählten Substraten von CYP3A4 zeigen konnten (Sprouse AA, van Breeman RB. Pharmacokinetic interactions between drugs and botanical dietary supplements. Drug Metab Dispos. 2016;44:162-171). Grund dafür ist möglicherweise die geringe orale Absorption und damit Bioverfügbarkeit des Mariendistelextrakts (bzw. Wirkstoffen davon). Welchen Effekt eine gemeinsame Gabe Silybum marianum mit Symkevi in Bezug auf pharmakokinetische Interaktionen und damit auch ggf. auf die Sicherheit und Wirksamkeit von Tezacaftor/Ivacaftor hätte, bleibt dennoch in Abwesenheit konkreter Analysen spekulativ. Auch aufgrund der beschriebenen in vitro Daten, die einen potentiellen inhibitorischen Effekt von Mariendistelextrakt auf CYP3A4 gezeigt haben, kann eine gemeinsame Anwendung mit Symkevi seitens Vertex mangels verfügbarer Daten nicht empfohlen werden.

WIr hoffen mit den Ausführungen Ihnen ein wenig geholfen zu haben
und verbleiben mit freundlichen Grüßen

Ihre
Dr. med. Christina Smaczny
07.02.2019
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. med. Christina Smaczny