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Diagnose Mukoviszidose

Frage
Hallo,

habe heute den positiven genetischen Befund erhalten - hatte allerdings keine Rücksprache mit dem Arzt. Deswegen würde ich gerne wissen, was das Ergebnis konkret bedeutet - da ich mich selber leider noch nicht so gut auskenne. Es wäre sehr schön, ein Feedback von Ihnen zu bekommen.

CFTR:

pathogene Variante NM_000492.3:c.1584+2T>C, Intron 11, heterozygot
und
pathogene Variante NM_000492.3:c.1521_1523delCTT, p.Phe508del, heterozygot

in wahrscheinlich kombiniert heterozygoter Form bei autosomal-rezessivem Erbgang

HGVS-Nomenklatur: NM_000492.3:c.1584+2T>C(;)1521_1523delCTT


Könnten Sie mir sagen, ob es sich dabei um einen milden Verlauf handelt?

Eine Rückmeldung wäre mir eine große Hilfe.

Vielen Dank schon mal im Voraus.
Antwort
Liebe(r) Fragende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage - ich greife ungerne der Diagnose durch den CF-kundigen Facharzt vor, denn die Diagnose Mukoviszidose wird besser klinisch gestellt (dazu mehr unten).

Ich schreibe Ihnen zunächst etwas zum (unhandlichen) humangenetischen Befund und gehe danach auf Ihre Frage "ob es sich dabei um einen milden Verlauf handelt? " ein.

Sie tragen zwei Veränderungen im CFTR-Gen, die als Mukoviszidose-auslösend zugeordnet werden können. Die sind F508del (anderer Name: 1521_1523delCTT) und c.1584+2T>C.

F508del bedeutet, dass bei dem Mukovoszidoseeiweiß, das aus 1480 Bausteinen besteht, ein Baustein fehlt: die Aminosäure 508 (soll F, anderer Name für Phenylalanin) ist deletiert (del). Diese Mukoviszidose-Mutation ist sehr häufig, 70% aller Mukoviszidose-auslösenden Erbanlagen tragen F508del. Diese Variante ist den Klinikern gut bekannt.

c.1584+2T>C ist eine sehr seltene Mutation: sie wurde in den 90ger Jahren in Frankreich beschrieben, es gibt aber nur sehr wenige Patienten, die diese Variante tragen. Hier handelt es sich um einen Schreibfehler in der Botenribonukleinsäure, aus der die Zelle das Mukoviszidoseeiweß abliest: an der Position 1584+2 steht bei Ihnen ein C (Cytosin) und nicht das dort benötigte T (Thymidin). Da Botenribonukleinsäuren kapitelweise geschrieben werden und da eines dieser Kapitel bei der Position 1584 endet, hat die Zelle aufgrund des Schreibfehlers Schwierigkeiten, die Information korrekt abzulesen: es wird ein Kapitel falsch gelesen, in der Folge ist die Information nicht mehr brauchbar, da der Text des Mukoviszidoseeiweißes ab hier nicht stimmt.

Hinter dem Halbsatz "in wahrscheinlich kombiniert heterozygoter Form bei autosomal-rezessivem Erbgang" verbirgt sich etwas Restarbeit für den Mukoviszidosearzt: wenn er die Diagnose klinisch stellen kann, bestätigt der genetische Befund diese Diagnose. Sie haben zwei Mukoviszidose-Erbanlagen, eine vom Vater und eine von der Mutter. Der Humangenetiker geht davon aus, dass sich die beiden Fehler auf den beiden verschiedenen Erbanlagen bei Ihnen finden (ohne dass er das bei Ihren Eltern geprüft hätte) und geht daher davon aus, dass bei Ihnen beide Mukoviszidose-Erbanlagen defekt sind. Autosomal-rezessiver Erbgang bedeutet, dass in diesem Fall (beide Mukoviszidose-Erbanlagen defekt) die Diagnose Mukoviszidose auch genetisch gestellt werden kann.

Nun zum Verlauf: für alle Träger seltener Mutationskombinationen - und c.1584+2T>C ist sehr selten - ist keine Vorhersage möglich, dazu kennt man zu wenig Patienten mit dieser Kombination. Daneben ist der Verlauf der Erkrankung von vielen verschiedenen Einflussgrößen abhängig: der behandelnde Mukoviszidose-Arzt, das Team aus Physiotherapeuten bis zum Ernährungsberater sowie die Adhärenz des Patienten zur Therapie beeinflussen den Verlauf der Erkrankung stark. Diese wesentlichen nichtvererbten Einflussgrößen sind daher der Grund, wesshalb das Feld Vorhersagen zum Krankheitsverlauf aufgrund des Befundes des Humangenetikers nicht unterstützt.

Ich hoffe, dass ich den humangenetischen Befund so etwas entschlüsseln konnte -
mit den besten Wünschen,
Frauke Stanke
30.04.2019
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Frauke Stanke