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Wieviel Physiotherapie ist wirklich nötig?

Frage
Mein Sohn (4 Jahre/CF) ist ein bewegungsfreundliches Kind, das glücklicherweise durch seine Erkrankung noch keinerlei Einschränkungen kennt. Er hat eine gute Lungenfunktion und eine gute Kondition ( Radfahren/Wandern/Klettern).Weder Bauch noch Lunge sind überbläht. Im CT wurden kleine Veränderungen der Lungenstruktur gefunden.
Wir verfolgen konsequent die empfohlene Therapie:
2x täglich Inhalieren mit NaCl bzw Pulmozyme, Vitamingabe, Ursofalk und momentan noch Cefpodoxim. Desweiteren gehen wir 1x pro Woche zur Physiotherapie.
Welche Übungen bzw.Hilfsmittel erachten Sie bei meinem Kind als sinnvoll? Zweifel am Einsatz von Bändern bei Kindern wurden auch hier im Expertenrat schon geäußert.
Wieviel Prophylaxe ist notwendig oder ist physiotherapeutische Behandlung in unserem Fall erst bei einem Infekt/ Verschleimung angezeigt?
Bringt "normaler" Sport wie Kinderturnen bzw. Klettern mit Freunden am Kletterspielplatz nicht genau soviel - auch aus psychologischer Sicht?
Wir sind sehr froh darüber, eine sehr nette und kompetente Physiotherapeutin gefunden zu haben. Jedoch wachsen mit der Zeit die Zweifel an der tatsächlichen Notwendigkeit und der Effektivität immer mehr.

Herzlichen Dank für Ihre Einschätzung.
Antwort
Guten Tag,
Als Physiotherapeutin in einer Rehaklinik werden mir die von Ihnen gestellten Fragen recht häufig gestellt, sie bewegen viele Eltern kleiner Kinder. Leider gibt es kein „Kochrezept“, also eine für alle gültige Antwort. Meines Wissens gibt es keine Studie, die untersucht hat, wieviel Physiotherapie nötig ist und ob viel (was wäre das?) besser ist als weniger. Wir bewegen uns hier also im Bereich der Expertenmeinung und davon gibt es möglicherweise mehrere.
Unstrittig ist, dass mit Physiotherapie möglichst früh nach Diagnosestellung begonnen werden sollte, dieses ist in einer S3 Leitlinie so festgelegt. Und diese Physiotherapie sollte idealerweise von einer/m in der CF- Therapie qualifizierten Therapeutin/en durchgeführt werden nach den in den Grundkursen (Chevaillier/ AK Physiotherapie des Mukoviszidose e.V.) festgelegten Standards.
Die Theorie zur Atemphysiotherapie ist zu finden im roten Leitfaden des AK Physiotherapie des Mukoviszidose e.V., der sich derzeit in Überarbeitung befindet.
Zu Ihren anderen Fragen hier meine ( Experten)- Meinung: da sich die Wirkung eines positiven Druckes günstig auf die Atemwege auswirkt, empfehle ich sobald möglich ein Atemtherapiegerät mit einem PEP (positive expiratory pressure) oder zuvor Pustespiele, die ebenfalls spielerisch über einen Gegendruck die Atemwege weit halten.
Generell kann man sagen: je mehr Sekret vorhanden ist/ je fester der Thorax ist, desto mehr Therapie sollte durchgeführt werden. In Infektzeiten also mehr. Da sie ja schon regelmäßig inhalieren, wäre eine Möglichkeit, die Atemtherapiegeräte bzw. die Thoraxmobilisation mit der Inhalation zu verbinden, das ist leicht möglich und kostet nur unwesentlich mehr Zeit.
Stets sollte die Therapie in den Alltag passen, für alle machbar sein und auch zum Kind passen. Der Spaß sollte nicht verloren gehen, denn Therapie muss ja lebenslang durchgeführt werden.
Und ja, Sie haben recht: Sport ist gut für die Seele und löst Sekret. Er ersetzt aber keine gezielten Dehnungen wie sie mit den therapeutischen Körperstellungen erreicht werden. Diese sind in aller Regel ab dem Alter von vier Jahren gut durchführbar. Und auch dieser Therapiebaustein ist natürlich bei einem Kind mit einem festen Brustkorb wichtiger als bei einem mit einem sehr beweglichen.
Besprechen Sie doch am besten ein individuelles Programm, welches den individuellen Befund Ihres Kindes, seine Vorlieben und auch Ihren Alltag mit berücksichtigt gemeinsam mit Ihrer behandelnden Physiotherapeutin.
Mit freundlichen Grüßen
B. Dittmar
Physiotherapeutin

31.01.2020
Die Antwort wurde erstellt von: Birgit Dittmar