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Hygiene im Umgang mit Wasser - Pseudomonasprävention

Frage
Liebes team

Meine Tochter mit CF Verdacht ist knapp 4 Monate alt.

Seit einiger Zeit Frage ich mich schon wie lange ich für ihre milchnahrung abgekochtes Wasser aus dem Wasserkocher verwenden darf? Wie viele Stunden darf ich abgekochtes wasser aus Wasserkocher, sterilisiertem thermobehalter oder Fläschchen verwenden? Kann hier überhaupt Pseudomonas entstehen?

Darf ich nasse gebrauchte Lappen und Handtücher in den Wohnräumen und Kellerräumen trocknen bevor ich sie gesamt nach etwa 2-3 Tagen wasche oder ist die Verdunstung hier auch ein Problem?

Wie lange kann man sterilisierte Flaschen mit geöffnetem Deckel im Sterilisator verwenden? Ich kann ja nicht jede Flasche einzeln sterilisieren, oder? Soll ich sie heraus nehmen? Wenn ja wie lange können sie verwendet werden?

Wie lange ist das Fläschchen sterilisieren und abkochen von Wasser notwendig?

Darf ich in der Nähe von stehenden Gewässern spazieren gehen? Zb Augebiet oder nebenarme von Flüssen? Wie groß sollte der Abstand sein?

Danke
Antwort
Liebe(r) Fragesteller*in,
Fragen zur Hygiene sowohl im Krankenhaus als auch im Alltag sind für Eltern und Mukoviszidose-Betroffene immer von großer Bedeutung, da die meisten der CF-relevanten Erreger typische Umwelt- bzw. Naßkeime darstellen, die weit verbereitet sind, und somit täglich Kontaktmöglichkeiten zu diversen potentiellen Infektionsquellen bestehen. Kommt es zu einer Infektion kann man die eigentliche Quelle in den allermeisten Fällen nicht identifizieren. Hygieneempfehlungen bei CF basieren daher meist auf allgmeinen Kenntnissen und Verhaltensregeln, die dazu dienen die Risiken einer möglichen Infektion zu minimieren bzw. besondere oder offensichtliche Risiken zu vermeiden.
Die Umsetzung ist ein gewisser Lernprozeß, denn es gilt eine gebotene Vorsicht aber keine übertriebene Angst und unverhältnismäßige Einschränkung des täglichen Lebens zuzulassen. Die Umsetzung ist aber auch immer eine persönliche Entscheidung, da immer ein gewisses Restrisiko besteht.
Nicht jeder Kontakt zu Keimen muss zwangsläufig zu einer Kolonisation oder Infektion führen, da auch die individuelle Empfänglichkeit eine Rolle spielt. Um eine Infektion frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können, wird 4-6 mal im Jahr eine mikrobiologische Kontrolluntersuchung durchgeführt. Insgesamt hat die Therapie der CF in den letzten Jahren immense Fortschritte gemacht, was hoffentlich hilft die Sorge um ein alltägliches Infektionsrisiko zu relativieren. Trotzdem sollten anerkannte Hygienempfehlungen bestmöglich umgesetzt werden und mit der Zeit zu einer weniger belastenden Routine werden. (siehe auch die Literaturhinweise unten)

(1) Die typischen CF-Keime werden durch Erhitzen auf Siedetemperaturen abgetötet. Es reicht bereits einmaliges kurzes Aufkochen von Trinkwasser (d.h. z.B. Temperaturen von >93°C für 1 Minute) bzw. das Erhitzen auf 75°C für 10 Minuten, um Keime, wie z.B. P. aeruginosa, sicher abzutöten. Eine Wasserprobe bleibt nach dem Aufkochen keimfrei, es sei denn es kommt nachträglich zur einer Kontamination mit Keimen. „Enstehen“ kann P. aeruginosa nicht von alleine, sondern kann nur von außen wider eingebracht werden. Deswegen ist man auch dazu übergegangen Inhalatorteile im Vaporisator bei geschlossenem Deckel zu belassen und erst kurz vor der Inhalation zu entnehmen. Kommt es zur Kontamination ist es nicht möglich eine sichere Zeitgrenze zu definieren. P. aeruginosa kann sich innerhalb weniger Stunden vermehren. Entscheidend ist, dass es nicht zu einer Verunreinigung kommt.

(2) Eindeutige Hygiene-Empfehlungen lassen sich leider nicht für alle Situationen des Alltags geben. Beim Lufttrocken von ‚Wäsche’ ensteht durch Verdunstung Wasserdampf (gasförmiger Aggregatzustand des Wassers). Der Anteil des Wasserdampfs an der Luft bestimmt die Leuftfeuchtigkeit. Die Keimbelastung von Wasserdampf (beim Übergang in die Gasphase) dürfte verschwindend gering sein. Die verbleibende Keimbelastung an feuchten Handtüchern ist höher einzustufen. Die Keimbelastung von Putzwasser bzw. von Aerosolen, die beim Handling von Putzlappen/Putzwasser enstehen dürfte ebenfalls relevanter sein. Ob hier CF-Pathogene präsent sind, lässt sich natürlich nicht vorhersagen, die mögliche Keimbelastung enstammt aber zumindest ohnehin dem patientennahen Umfeld. Allgemeinen Empfehlungen zur Folge sollten Handtücher, Bettwäsche, Putzlappen etc. mindestens bei 60°C gewaschen werden, um die Keimlast zu reduzieren. Der Trocknungsvorgang ist demnach nicht der kritische Prozeß.

(3) Die Keimbelastung von bestimmten Gewässern kann ich nicht vorhersagen. Eine sinvolle bzw. wissschaftlich begründete Abstandsregel lässt sich m.E. nicht geben, da viele im Zweifel zu viele Umweltfaktoren (z.B. Außentemperatur) eine Rolle spielen könnten. Das Infektionsrisiko beim Spazierengehen an der frischen Luft dürfte m.E. äußerst gering sein.


Ich hoffe die Antwort gibt Ihnen eine gewisse Hilfestellung.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Hogardt

Literatur:
(Links bitte kopieren und in neues Webfenster einfügen, um dorthin zu gelangen)

https://www.muko.info/fileadmin/user_upload/mediathek/muko.info/muko_info_1_13.pdf

https://ecorn-cf.eu/index.php?id=32&no_cache=1&L=1&tx_expertadvice_pi1%5Bshowitem%5D=6252&tx_expertadvice_pi1%5Bsearch%5D=Vaporisator

https://ecorn-cf.eu/index.php?id=32&no_cache=1&L=1&tx_expertadvice_pi1%5Bshowitem%5D=6611&tx_expertadvice_pi1%5Bsearch%5D=Pseudomonas


Mit freundlichen Grüßen
M.Hogardt
28.02.2022
Die Antwort wurde erstellt von: PD Dr. med. Michael Hogardt