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Weichmacher in Kreon

Frage
Guten Tag,

laut neusten Studien führen Weichmacher in Arzneimitteln zu signifikat mehr Krebsfällen unter Kindern: https://www.scinexx.de/news/medizin/arzneimittel-weichmacher-als-krebstreiber/
Wie bewerten Sie das als Experten? Lohnt sich ein Umstieg auf z.B. Panzytrat oder sind die aufgenommenen Mengen klein genug?

Vielen Dank und beste Grüße
K.
Antwort
Sehr geehrte Damen und Herren,

das Toxizitätsprofil von in Arzneimitteln enthaltenen Hilfsstoffen wird in der Wissenschaft intensiv diskutiert. Obwohl diese Substanzen im Rahmen von klinischen Studien hinreichend auf Sicherheit und Unbedenklichkeit untersucht worden sind, fehlen im Gegensatz zu den Wirkstoffen wenig belastbare Langzeitdaten.
In der etwas plakativ aufgemachten Mitteilung "Krebs durch Arzneimittel-Weichmacher" des Online Magazins "scinexx" wird auf eine aktuelle Publikation einer dänischen Arbeitsgruppe Bezug genommen. Dort wird eine Assoziation zwischen dem Auftreten bestimmter Krebsarten (im Vordergrund steht dabei das Osteosarkom, eine Form von Knochenkrebs) und der Exposition gegenüber Phthalaten beschrieben.
Phthalate werden in der Arzneimittelherstellung als Weichmacher von Tablettenüberzügen verwendet, um das Absplittern zu vermeiden.
Unter den kommerziell verfügbaren Pankreatinpräparaten, die bei Mukoviszidosepatienten zum Einsatz kommen, findet sich tatsächlich ein Vertreter (Kreon®), der als Hilfsstoff "Hypromellose phthalat" aufführt. Da Mukoviszidosepatienten große Mengen dieser Enzympräparate einnehmen, könnte man tatsächlich von einem gewissen Risiko ausgehen. Allerdings lohnt es sich, die Arbeit von Ahern und Mitarbeitern (https://doi.org/10.1093/jnci/djac0452 ) genauer zu lesen. Der scheinbare Zusammenhang zwischen Exposition gegenüber Phthalaten und dem Krebsrisiko lässt sich nur für sog. niedermolekulare Phthalate darstellen. Bei dem in Kreon® enthaltenen Hypromellose phthalat handelt es sich aber um ein hochmolekulares Phthalat. Für derartige Substanzen gibt es hinsichtlich einer erhöhten Inzidenz für Krebserkrankungen keine klaren Signale . In der zitierten Studie lag der Anteil der Exposition gegenüber Phthalaten durch Multienzympräparate bei 0,2% - insofern sind Rückschlüsse hinsichtlich des Krebsrisikos auf so einer niedrigen Zahlenbasis ohnehin nicht möglich.
Was kann dem Anwender nun geraten werden?
Ich persönlich sehe auf Basis der vorliegenden Daten keinen Anlass, das Enzympräparat zu wechseln. Viele Patient*innen reagieren bei einem Wechsel des Pankreatinpräparate initial mit gastrointestinalen Problemen, weil die spezifische Aktivität der Enzymzubereitungen unterschiedlich ist und es eine gewisse Zeit benötigt, bis die optimale Menge an Kapseln pro Mahlzeit gefunden ist.
Sollte aber das persönliche Sicherheitsbedürfnis überwiegen, kann der Wechsel auf ein Pankreatinpräparat auf Basis von Mikrotabletten wie z.B. Pankreatan® oder Panzytrat® in Betracht gezogen werden. Diese Präparate enthalten keine Phthalate als Hilfsstoffe.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Martin Hug
15.04.2022
Die Antwort wurde erstellt von: Prof. Dr. Martin J Hug