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IV-Antibiotika bei überblähter Lunge

Frage
Sehr geehrtes Experten-Team,
innerhalb der Suche der FAQ bin ich leider nicht fündig geworden, deshalb nun hier meine Frage:
Meine Tochter (10, Del508 homozygot) befindet sich in einem guten Gesundheitszustand. Die Diagnose erfolgte 2015 aufgrund ihres Fettstuhls, Infekte hatte sie bis dahin nie, auch jetzt nur selten. Lediglich der Rachenabstrich weist 1xjährlich Staph aureus auf, welcher stets antibiotisch behandelt wird. Im Röntgenbild ist seit Diagnose (2015) eine Überblähung sichtbar. Ihr FEV1%p-Wert ist sehr "sprunghaft" und war in den vergangen 3 Jahren zwischen 70 und 90.
Seit einigen Monaten inhaliert sie Pulmozyme, daraufhin stieg ihr Wert gering auf 83, um bei der letzten Untersuchung wieder auf 75% zu fallen.
Dieser Wert ist für ein 10-Jähriges, ansonsten stabiles, Kind nicht zufriedenstellend und deshalb empfiehlt der Arzt nun eine 14tägige IV-Antibiose. In Kürze beginnen wir zudem die Behandlung mit Kaftrio. Der Therapievorschlag zur IV-Behandlung kam für mich völlig überraschend. Der Arzt begründet es mit der Überblähung der Lunge und des FEV1-Werts. Die IV-Behandlung hatte ich stets nur gelesen im Zusammenhang mit einem akuten oder chronischen Keimbefall. Daher erscheint es mir in diesem Zusammenhang sehr radikal und mein erster Instinkt war starke Abneigung.
Ist bei nicht zufriedenstellenden FEV1-Werten ohne mikrob. Befund grundsätzlich eine IV-Therapie angezeigt und ein möglicher Erfolg anschließend auch "messbar" oder gibt es ähnliche (vielversprechende) Alternativen?
Vielen Dank für ihre fachliche Einschätzung, die mir hoffentlich hilft, die ärztliche Empfehlung besser einordnen zu können.
Antwort
Sehr geehrter Ratsuchender,
Gerne versuche ich, Ihre Fragen zu beantworten.
Ihre sehr wichtige Aussage ist, dass ihre Tochter sich in einem guten Gesundheitszustand befindet! Ist auch die Gewichtsentwicklung zufriedenstellend?
Eine Staphylokokkenbesiedelung ist ja offenbar wiederholt nachweisbar, erklärt aber allein nicht die verminderte Lungenfunktion.
Aber: Gibt es ein aktuelles Röntgenbild oder besser noch ein MRT der Lungen? Die verminderte Lungenfunktion ist offenbar wechselnd. Die Pulmozyme-Inhalation war wahrscheinlich effektiv. Aber, wenn ein zusätzlicher Virusinfekt dazugekommen ist, dann verringert sich ja vorübergehend auch die Lungenfunktion.
Wie sind die Entzündungsmarker im Blut: CRP, IgG und Blutbild, BSG? Wie ist der Lung clearance-Index (LCI)?
Bei CF-Patienten mit wenig klinischen Auffälligkeiten, aber einer verminderten Lungenfunktion ist das MRT der Lungen zur Beurteilung von entscheidender Bedeutung!
Den Staphxlokokkus aureus kann man sicher oral konsequent behandeln.
Zeigt die Mikrobiologie keine weiteren Problem-Keime? Pilze etc.?
M.E. sollten folgende Schritte für das Procedere begangen werden:
* Vervollständigung der Diagnostik = Entzündungsmarker - Mikrobiologie -MRTder Lungen - vollständige Lungenfunktion und Bestimmung des LCI
* Ggfs. Vorstellung in einem renommierten CF-Zentrum: z.B. u.a. Prof. Jochen Mainz Universitätsklinikum Westbrandenburg - Charité-Berlin CF-Zentrum - MMH-CF-Zentrum - Frankfurt CF-Zentrum - Würzburg CF-Zentrum

Auch vor dem Beginn der Kraftrio-Behandlung, die ich sehr befürworte, sollte eine solide Basisdiagnostik stehen.
Sollten sich aus der vorgeschlagenen Diagnostik keine weitere therapeutischen Schritte ergeben, dann kann man die IV-Antiobiose weiter planen, aber den Therapie-Effekt der Kraftrio-Medikation abwarten.

Die Überblähung der Lungen bedeutet ja, dass ein Entzündungsgeschehen in dem Bronchialbaum abläuft und das sollte sicher behandelt werden.
Ich muß nicht erwähnen, dass intensive Physiotherapie und aktiver Sport entscheidende Therapiemaßnahmen darstellen. Auch die Inhalationstherapie mit Pulmozyme oder Hypertoner Kochsalzlösung ist eine Säule der Behandlung!

Ihre Frage, ob grundsätzlich eine IV-Therapie bei zufriedenstellendem FEV1-Werten ohne mikrobiologischem Befund angezeigt ist, kann nur mit einem Nein beantwortet werden.
Ein messbarer Erfolg läßt sich nach eine IV-Antibiose an einem verbesserten FEV1, LCI und den Entzündungsmarkern ablesen und auch an den Veränderungen in der Bildgebung.

Sollte Ihre Tochter ein Responder auf die Kraftrio-Behandlung sein, wird sich die Lungenfunktion u.a. sicher bessern!

MfG Dr. H.-E. Heuer
01.04.2022
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Hans-Eberhard Heuer