Bitte beachten Sie: Manche Informationen sind nach einem Jahr noch aktuell, andere schon nach drei Monaten veraltet. Wenn Sie sich unsicher sind, können Sie gern nachfragen.

Frage
Liebes Team,

Unsere 2-jährige Tochter wurde für den Beginn der Behandlung mit Orkambi zugelassen. Aber langsam fange ich an zu zweiffeln, ob wir wegen der möglichen Nebenwirkungen nicht lieber noch ein Jahr (oder bis zur Kaftrio-Zulassung) warten sollten.

Im Moment spricht sie gut auf ihre Standardbehandlung an und ihr Gesundheitszustand ist stabil - inhaliert 2 x täglich 3 % NaCl, nimmt Ursofalk und Kreon. Ich befürchte mich, dass Orkambi einige unerwünschte Veränderungen in ihrem Stoffwechsel auslösen könnte – die Leberveränderungen beschleunigen oder zur Schleimbildung oder Stauung beitragen (wie unter einigen möglichen Nebenwirkungen berichtet).

Ein weiterer Grund für meine Sorge ist auch ihr Alter und die Schwierigkeit klar zu sagen welche Probleme sie haben könnte.

Ich weiß, diese Antwort ist nicht einfach zu beantworten. Als ihre Mutter versuche ich die beste Entscheidung für ihre Gesundheit zu treffen, und mache mir Sorgen über mögliche Konsequenzen.

Ich werde mich über jeden Input und jede Expertenmeinung freuen.

Vielen Dank.
Antwort
Liebe Ratsuchende,
de facto ist es nicht möglich, konkrete Therapieanweisungen zu geben, da wir Ihre Tochter und alle ihre Daten und den Verlauf nicht kennen.
Gerne will ich Ihnen einige allgemeine Dinge zu den neuen Modulatoren sagen und auch beschreiben, wir wir es in unserer Ambulanz handhaben, wohlwissend, dass es da unterschiedliche Meinungen und Wege gibt.
Betrachten wir zunächst Kaftrio, kommen dann zu Orkambi. Da sich im Verlauf der Anwendung bei den allermeistenPatienten, die Kaftrio bekommen, eine ganz deutliche klinische Verbesserung gezeigt hat, ist bei uns in der Ambulanz (und ich denke auch bei vielen wenn nicht allen CF-Zentren) der Weg, Kaftrio allen Patienten zu verschreiben, für die es zugelassen ist, oder es Ihnen zumindest anzubieten. Das bedeutet, auch Kindern, die 6 Jahre alt sind und denen es "noch" gutgeht, würde man in der Regel das Medikament geben wollen und das aus gutem Grund; man möchte ja den Verlauf aufhalten, verlangsamen und die Lunge so gesund wie möglich halten. Dabei wird es in der Regel gut vertragen; am Anfang löst sich viel Schleim, der dünnflüssig ist und abgehustet werden muss, wenn dann die Lunge "gereinigt" ist, haben die meisten Patienten fast gar keinen Schleim mehr. Die Leberwerte müssen natürlich überwacht werden, aber zum Glück hat nur ein kleiner Teil hier Probleme.
Kommen wir zu Orkambi; als es Kaftrio noch nicht gab, konnte man nur Orkambi und Symkevi (bzw. bei einigen Kalydeco) einsetzen; die Studiendaten und eigene klinische Erfahrungen zeigen, dass Orkambi nicht zu so einer deutlichen Verbesserung der Lungenfunktion führt wie Kaftrio (FEV1 Steigerung in Studien 4% vs 14% bei Kaftrio), aber dennoch oft zu einer Verbesserung des Körpergewichts geführt hat. Daher setzten wir Orkambi nicht automatisch ein, wenn es für die kleinen Patienten zugelassen ist und diese stabil sind (gutes Gewicht, keine häufigen Infektionen, mit 2-Jahren kennt man ja die Lungenfunktion noch nicht). Wir setzten es aber ein, wenn Probleme bestehen, z.B. mangelnde Gewichtszunahme oder häufige Infektionen. D.h. wenn wirklich alle klinischen Daten bei Ihrem Kind gut sind (aber dass weiß natürlich nur Ihr behandelnder CF-Arzt), wäre auch ein Abwarten bis zum Alter von 6 Jahren, ab dem das Kind dann Kaftrio bekommen kann, durchaus denkbar, oder der Einsatz vorher, falls sich Probleme im Verlauf einstellen. Auf jeden Fall sollte man mit allen Patienten bzw. deren Eltern, für die Orkambi in Frage kommt, dieses thematisieren, dass die Einnahme nun möglich ist, und dem Patienten angeboten werden kann und dann gemeinsam entscheiden, wann und ob man es einsetzt.
Bei den Kleinen wird Orkambi in der Regel problemlos vertragen, natürlich sind Leberveränderungen möglich, aber sehr selten, der Schleim wird am Anfang auch gelöst, sollte aber dann durch Verflüssigung und Abhusten zu einer Verbesserung der Lungensituation führen. Andererseits könnte man sich daher auch auf den Standpunkt stellen, dass jeder Modulator zu einer Verbesserung der CFTR-Kanal Funktion führt (wobei dies wie erwähnt bei Orkambi deutlich weniger der Fall ist als bei Kaftrio) und daher jeder Patient, für den er zugelassen ist, diesen auch erhalten sollte, um den Verlauf insgesamt zu verbessern.
Daher sprechen Sie nochmal mit Ihren behandelnden Ärzten, wie sie im Allgemeinen zu den Modulatoren denken und welche Erfahrungen sie mit den ganz kleinen Patienten und der Gabe in dieser Altersgruppe bereits gemacht haben. Leider gibt es wie sooft im Leben kein klares "Ja" oder "Nein" zu der einen oder anderen Strategie.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Dr. D. d'Alquen
21.08.2022
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Daniela d'Alquen