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Antibiotikabehandlung bei Staphylokokken

Frage
Sehr geehrter Herr Heuer,

zu dem Thema in dieser Antwort (Link https://ecorn-cf.eu/index.php?id=32&no_cache=1&L=1&tx_expertadvice_pi1%5Bshowitem%5D=6666&tx_expertadvice_pi1%5Bsearch%5D=staph) möchten auch wir unsere Frage stellen.
Bei unserer Tochter (11, del508 homozygot) wird immer wieder Staph aureus, meist im Herbst, festgestellt. Als sie kleiner war, wurde dieser immer mit AB behandelt, was dazu führte, dass sie mehrere Winter hintereinander für 5-7 Monate hinweg Antibiotika eingenommen hat, da sie es erst absetzen durfte, wenn sie symptomfrei war. Hier liegt nun auch unser Problem. Während und nach einer Antibiotikaeinnahme ist sie sehr anfällig für weitere Infekte, weswegen wir nun dazu übergegangen sind, diesen Keim, sofern keine Symptome vorhanden sind oder bereits vor Befund abgeklungen sind, nicht mehr mit AB zu behandeln; seitdem war sie kaum mehr krank und wenn dann nur ein paar Tage Schnupfen. Der Keim ging dann auch ohne AB weg. Unabhängig von der Symptomatik empfiehlt unsere Fachambulanz aber eigentlich jedes Mal 3 Wochen Antibiotika bei einem Staph.aureus-Befund.
Nun wurde er zum dritten Mal infolge seit November festgestellt. Auch im aktuellen Röntgen-Thorax wurde (wieder, wie seit Diagnose) eine Überblähung festgestellt und es liegt lt. Befund eine peribronchitische Zeichnungsvermehrung vor im Vgl. zum Vorbild, aber in der Peripherie keine Ring-oder Fleckschatten, zudem kein ABPA suspekter Befund. Nun wird uns eine orale Antibiose mit einem staphylokokkenwirksamen AB (i.d.Vergangenheit Amoxiclav) für 3 besser 6 Monate dringend empfohlen. Da unsere Tochter auf AB wie gesagt mit einer schlechteren Immunabwehr reagiert, sowie häufig mit Durchfall (was mit Probiotika aber besser wurde) und wir auch das Darm-Mikrobiom schützen möchten, möchten wir ihr so wenig Antibiotika wie möglich, so viel wie nötig geben. Es fällt uns sehr schwer dies einzuschätzen und wir können nicht nachvollziehen, inwiefern 6 Monate mehr bewirken als 3 Wochen. Leider finden wir hierzu auch keine Literatur oder aktuelle Leitlinien und möchten nachfragen, ob Sie uns hier eine Richtlinie an die Hand geben können. Sollte Staph. aureus stets mit AB behandelt werden oder nur bei hoher Keimlast oder nur bei Symptomatik und dann auch, wenn sie schon abgeklungen ist? Darüber hinaus. Rechtfertigt der Röntgen-Befund eine 6-monatige Antibiose etc.
Unsere Tochter ist schlank (25.Perzentile in Größe und Gewicht; entspricht aber auch der Familie). Ihre Entzündungsmarker sind immer unauffällig (nur BSG war vor einem Jahr erniedriegt, wenig später kam es zum Pseudomonas-Erstnachweis, der 2 Wochen iv und gleichzeitig 5 Monate inhalativ behandelt wurde), FEV1 ist meist bei knapp 80, nachdem er aber mit Beginn Kaftrio/Kalydeco vor einem Jahr kurzfristig auf 86% gesprungen war. Schon kurz vor dem letzten Befund haben wir die Inhalation mit Cornett und 4%igem NaCL intensiviert, was vielleicht auch zur aktuellen Verbesserung der Lufu von 79 auf 86% beigetragen hat, trotz aktuellem Staph.aureus, Streptokokken und Neisseria-Befund (diese sind ebenfalls immer wieder im Befund). Sauerstoffsättigung ist bei 98/99%. Sie ist ansonsten fit, schafft locker 130 Seilsprünge/Minute, kann selbst kein Sputum erzeugen, Pulmo ist beim Abhören stets unauffällig, einen LCI haben wir noch nicht gemacht. Aufgrund des Lungen-Thorax versuchen wir die Physio zu intensivieren und haben die Inhalation des 4% auf 1x30 Minuten tgl. erhöht. Zusätzlich inhaliert sie aktuell noch Pulmozyme morgens, die nun aber abgesetzt und durch 4%iges NaCl ersetzt werden, da sich in den 1,5 Jahren keine sichtliche Verbesserung eingestellt hat. Da sie nun 31kg wiegt steht zudem die Umstellung auf Erw-Dosis bei Kaftrio/Kalydeco an.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Einschätzung.
Antwort
Liebe Eltern,
Ihre Fragen sind sehr schön differenziert gestellt!
Ihre Darstellung erleichtert meine Antworten.
Grundsätzlich teile ich mit Ihnen Ihre Betrachtungen bezüglich Mikrobiom und Immunabwehr.
Für mich wäre entscheidend für eine Antibiose: radiologische Ringschatten im Lungengewebe und klinische Zeichen einer bronchitischen Infektion mit Husten+erhöhtem CRP+erhöhten Leukos+Husten in der Nacht vermehrt, evtl. Fieber. Die Bronchialreinigung mit NaCL 4-6% + körperliche Aktivität sind die wesentlichen Standbeine der Therapie.
Ich persönlich würde nicht monatelang antibiotisch behandeln, sondern mich von den klinischen Befunden leiten lassen.
Aufgrund der Modulatoren-Therapie wird das Lungengerüst zum Teil auch rehabilitiert.
Über das Absetzen der Pulmozyme-Inhalation muss nochmals nachgedacht werden: wenn keine Besserung sichtbar ist, so ist ein Reinigungseffekt eigentlich evident.
Allein radiologische peribronchitische Zeichen reichen meines Erachtens fürr eine Langzeit-Antibiose nicht aus.
Die Erkenntnisse über das Mikrobiom und die Veränderung des Immungeschehens durch die Antibiose lassen uns eine Langzeit-Antibiose neu bewerten. Inwiefern eine AB-Staphylokokken-Therapie einer Problemkeimbesiedelung Vorschub leistet ist ja vielfältig diskutiert worden.
Also Inhalation mit hoher Kochsalzlösung-Sport-Reinigung der Nasennebenhöhlen und gute Überwachung des klinischen Befindens sind essentiell.
Gerne würde ich weitere Fragen von Ihnen beantworten.
Masken-Protektion in größeren Menschenansammlungen haben sich in den letzten Jahren sehr bewährt.
Herzliche Grüße,
Dr. H.-E. Heuer

09.04.2023
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Hans-Eberhard Heuer