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Spätmanifestation (klinisch), Gentest: atypische Form?

Frage
Guten Tag!
Ich selbst bin Ärztin. Bei meinem Ehemann (71 J.) mit schwerer COPD (seit ca 30 J.), Bronchiektasen, Pseudomonas, Zust. n. atypischer Mykobakteriose vor 20 J., Kachexie, parenterale Ernährung, FEV1 37%, war jetzt der Schweisstest im obersten Grenzbereich. Der Gentest ergab c.2620-26A>heterozygot sowie 5T;TG12/7T;TG11. Bewertung:"das Vorliegen einer milden bzw. atypischen Form der CF kann derzeit nicht ausgeschlossen werden".
Meines Erachtens spricht die Klinik sehr stark für eine atypische späte Manifestation, und sollte eine spezifische medikamentöse Behandlung in Frage kommen, wäre das natürlich von größter Bedeutung.
Wie weiter vorgehen?
Antwort
Liebe Fragende,

die Antwort in Kurzform: aufgrund der CFTR-Genanalyse lassen sich, zusätzlich zu den bereits bekannten und angewandten (und auch von der Erkrankung Mukoviszidose unabhängigen) symptomatischen Therapieansätzen keine weiteren therapeutischen Ansätze ableiten.

Nun die lange Antwort: c.2620-26A->G ist nach Ansicht von Tzetis und Kollegen (1997) eine Splicevariante, der Nukleotidaustausch A->G erzeugt nach Ansicht der Autoren eine zusätzliche Splicestelle, die Zellen zur Verarbeitung der Erbinformation brauchen. Die eigentlich zu nutzende Splicestelle ist aber weiterhin vorhanden, so das Tzetis und Kollegen vermuten, dass eine Zelle mit CFTR-[ c.2620-26A-G] sowohl die gesunde, unveränderte CFTR-Form bilden können - als auch eine verkürzte und nicht funktionierende Form. Ähnlich verhält es sich mit dem anderen CFTR-Allel "5T;TG12/7T;TG11", der verkürzte Polypyrimidintrakt (T5 statt T7) beeinflusst das Verarbeiten der Erbinformation und lässt sowohl gesundes, unverändertes CFTR zu - als auch eine krankheitsauslösende Form. Hinzu kommt, das nicht feststellbar ist, ob diese beiden Varianten auf dem gleichen Chromosom liegen (das ist möglich) oder auf zwei verschiedenen Chromosomen. Das werden sie vermutlich nicht in Erfahrung bringen können, denn man braucht dazu die Erbinformation der Eltern ihres Mannes.

Zusammenfassend hat ihr Mann also folgendes aus CFTR-Sicht:
- entweder ein gesundes CFTR-Chromosom und ein zum Teil defektes, das in verschiedenen Mengen unbrauchbares, aber auch durchaus noch brauchbares CFTR liefert.
oder
- ihr Mann trägt zwei CFTR-Chromosomen, die in verschiedenen Mengen unbrauchbares, aber auch durchaus noch brauchbares CFTR liefert

Beides kann natürlich zu einer späten Manifestation einer atypischen CF führen - muss aber nicht. Wenn sie klinisch überzeugt sind, dass ihr Mann eine atypische CF hat, können sie durchaus die CFTR-Genetik dafür verantwortlich machen. Behandlungsoptionen bleiben aber symptomatisch, denn beide CFTR-Varianten ihres Mannes liefern funktionierendes CFTR.

Mit den besten Wünschen,
Frauke Stanke
19.05.2023
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Frauke Stanke