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Nasenpotentialmessung / Schweißtest 2x Graubereich
- Frage
- Hallo ihr Lieben,
Ich hab schon Mal eine Frage gestellt - jetzt geht es um was anderes. Aber ich wollte mich dafür einmal bei Ihnen bedanken. Sie haben mich damit sooo beruhigt und es so verständlich erklärt, was mir leider in unserer Klinik fehlt. Vielen Dank dafür, wirklich!
Also es geht um meinen 5 jährigen Sohn, der sehr klein und untergewichtig ist, sonst aber keinerlei Symptome hat, nicht oft krank ist usw. 2 auffällige Schweißtests hatte mit 44 und 39. Pankreaselastase alles ok. Gentest negativ.
Ich habe gedacht, mit dem Gentest haben wir nun endlich Ruhe und das Thema Mukoviszidose ist vom Tisch. Diese fast 3 Monate in Ungewissheit waren für mich so quälend :(
Und nun solls weiter gehen. Unsere Ärztin rädt uns, eine Nasenpotentialmessung in Hannover machen zu lassen. Das machen ja nur sehr wenige Kliniken und ich soll mich auf 1 Jahr einstellen eh wir den Termin haben. Sie sagte, der Gentest wäre nicht 100 % und könnte auch falsch negativ sein und da er 2 auffällige Schweißtests hatte, sollte man diese Untersuchung nun auch noch machen um Gewissheit zu bekommen. Ich bin jetzt schon wieder fix und fertig. Die ganzen Sorgen und diese unerträgliche Ungewissheit geht jetzt einfach wieder von vorne los :(
Muss diese Untersuchung denn wirklich sein? Es hieß immer "wir müssen den Gentest abwarten, dann haben wir Gewissheit" ... tut diese Untersuchung weh? Dieser kleine Kerl musste schon so viel durchmachen, ich will das alles gar nicht mehr. Und alles nur weil er so extrem zart ist und klein .. wo ich als Mama aber auch nur 146 cm bin und sehr schlank bin .. und auch seine 3 Geschwister sind in allen Maßen also Größe und Gewicht nur auf der 5-15. Perzentile, mein 5 jähriger um den es geht unter der 3. In Größe und Gewicht.
Es tut mir leid für den langen Text. Ich weiß grad nicht wo mir der Kopf schon wieder steht. Und vielen Dank schon Mal vorab! - Antwort
- Sehr geehrte Ratsuchende/r,
vorab wäre wichtig, ob der Schweißtest in einem zertifizierten Zentrum mittels Pilocarpin Ionotophorese durchgeführt wurde; dann sind Werte von 39 mmol/l und 44 mmol/l Chloridkonzentration im sog. Borderline-Bereich (normal unter 30, pathologisch über 60). War der Test jedoch noch eine Leitfähigkeitsbestimmung im Schweiß, gelten andere Grenzwerte (bis 60 noch normal!) und der Test gilt generell nicht als so zuverlässig, so dass ein korrekter Schweißtest dann nochmal durchgeführt werden sollte.
Nehmen wir also an, der Schweißtest ist tatsächlich im Borderline-Bereich; da Sie angeben, dass das Kind untergewichtig ist, aber sonst keine Symptome hat (also keine rezidivierenden Bronchitiden, keinen chronisch produktiven Husten, oder Probleme mit den Nasennebenhöhlen, normale Lungenfunktion, keine auffälligen Keime wie Pseudomonas aeruginosa im Rachenabstrich), nehme ich an, aus diesem Grund wurde der Schweißtest durchgeführt. Bei Borderlinewerten sollte sich dann die Genetik anschließen, um z.B. ganz leichte Formen der Mukoviszidose (werden dann oft nur CFTR-assoziierte Erkrankungen genannt) festzustellen. Hier sollte immer eine Komplett-Sequenzierung des Gens erfolgen und nicht nur die Untersuchung auf die 35 häufigsten CFTR-Mutationen - das gibt dann eine Sicherheit von 98%.
Interessant ist, dass offensichtlich noch nicht mal eine Mutation gefunden wurde; um zu erkranken, braucht es zwei Mutationen. Findet man zumindest eine, liegt die Vermutung nahe, dass man vielleicht die zweite Mutation gar nicht finden kann, weil unbekannt und dann empfiehlt man (bei vorliegender Klinik) solche Zusatzuntersuchungen wie die nasale Potentialdifferenz, um vielleicht die (milde) CF doch noch zu diagnostizieren.
Findet man bei der Komplettsequenzierung gar keine Mutation, ist das Vorliegen einer CF sehr unwahrscheinlich.
Weiterhin wurde der Schweißtest ja wegen Untergewicht gemacht - die Pankreaselastase sei aber ok (sollte ggf. im Verlauf nochmals kontrolliert werden). Das heißt aber, der "Borderline-Schweißtest" kann eigentlich nicht mit dem Untergewicht in Zusammenhang stehen, denn das Untergewicht bei Mukoviszidose (CF) wird immer durch eine Pankreasinsuffizienz bedingt, die aber bei normaler Elastase ja nicht vorliegt - weiterhin würde eine Pankreasinsuffizienz eine "schwere" CF bedeuten, die sicher nicht Werte im Borderline-Bereich verursachen würde, sonder pathologische Werte über 60 mmol/l. Weiterhin hätte man dann auch Symptome der Lunge. Bei Schweißtestwerten im Borderline Bereich könnte eine CFTR-assoziierte Erkrankung vorliegen, die wir erst als "milde" CF bezeichnen würden, wenn die Schweißtestwerte im Verlauf über 60 mmol/l ansteigen würden - was bei einer CFTR-assoziierten Erkrankung möglich wäre, aber diese zeigt in der Regel auch mindestens eine CFTR-Mutation oder klinische Symptome (Entzündungen des Pankreas, bei jungen Männern ungewollte Kinderlosigkeit, ggf. leichte pulmonale oder Symptome der Nasennebenhöhlen) - das Untergewicht kann bei normaler Elastase hier aber nicht in Zusammenhang stehen. Der Stuhl sollte nicht fettig aussehen. Bitte auch nochmal die Spiegel an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E) und Gerinnung bestimmen lassen, ob eine Aufnahme Störung von fettlöslichen Vitaminen besteht (Vitamin D Mangel haben allerdings fast alle Kinder).
Da hier keine Mutation gefunden wurde, könnte man z.Zt. noch nicht einmal von einer CFTR-assoziierten Erkrankung sprechen.
Es gibt aber natürlich auch noch andere Erkrankungen, die eine Erhöhung des Schweißtestwertes verursachen, ohne das dieser etwas mit CF zu tun haben muss; u.a. Schilddrüsen-Unterfunktion und Zöliakie, das gehört natürlich abgeklärt (Bestimmung von IgA und Transgluatminase-AK).
Wenn wir also annehmen, dass das Untergewicht nichts mit den Borderline-Schweißtestwerten zu tun hat, gehört das Untergewicht /Wachstumsstörung weiter abgeklärt: Erstellung von Ernährungsprotokollen und Beurteilung durch eine Fachkraft, ob zu wenig Kalorien aufgenommen werden; Bestimmung der Wachstumsrate und der Wachstumsparameter im Blut (IgF/IgFBP3), ggf. Bestimmung des Knochenalters durch Handröntgen)...
Zusammenfassend ist es natürlich schwierig, von der Bestimmung der nasalen Potentialdifferenz ab oder zuzuraten, wenn man das Kind nicht kennt, die Entscheidung muss immer mit den behandelnden Ärzten getroffen werden.
Ich würde akut den Test als nicht zwingend ansehen; aber klinisch weiter beobachten, gibt es auch im Verlauf keine Lungensymptome? Bleibt die Elastase normal? Sind alle anderen Dinge abgeklärt? Wie ist der Schweißtest in einem Jahr?
Falls er dann deutlich angestiegen ist (wovon ich eigentlich nicht ausgehe), kann man die Untersuchung dann ins Visier nehmen.
Die Frage ist ja auch nach der klinischen Konsequenz: sollte der Test ergeben, dass der Kanal nicht richtig funktioniert, würde man dann ohne pulmonale Symptome und mit Borderline-Schweißtest Werten eine tägliche Inhalation empfehlen? Das Untergewicht würde man nur dann mit Enzymgaben (Kreon Kapseln) zu den Mahlzeiten angehen, wenn die Pankreas-Elastase auffällig wäre, was sie ja nicht ist, und das ist unabhängig von der nasalen Potential-Messung.
Über die Untersuchung selbst steht auf der Website des MukoeV geschrieben.
"Wie läuft die nPD ab?
Eine Elektrode wird an der Nasenschleimhaut und eine Referenzelektrode (Bezugselektrode, die mit physiologischer Salzlösung gefüllt ist) am Unterarm platziert. Während der Messung werden zuerst der Natriumkanal und dann der Chloridkanal blockiert. Normalerweise ändert sich die Potentialdifferenz durch die Blockade des Chloridkanals, bei Mukoviszidose bleibt die Antwort auf die Blockade des Chloridkanals aus oder fällt sehr gering aus. Die Messungen werden nach einem international standardisierten Protokoll an beiden Nasenlöchern durchgeführt und dauern mindestens 30 Minuten.
Solche Messungen lassen sich typischerweise ab dem Schulkindalter mit zuverlässigen Ergebnissen durchführen. Allerdings sollte die Messung nicht bei einem akuten Schnupfen vorgenommen werden, denn dann sind die Ergebnisse verfälscht und eine eindeutige Diagnose ist somit nicht möglich."
Das heißt auch, dass Ihr 5 jähriger Sohn noch etwas zu jung für die Untersuchung ist. Daher würde ich aktuell die Untersuchung nicht empfehlen, sondern den klinischen Verlauf beobachten, in alle Richtungen denken - für mich hat sein Hauptproblem, nämlich die Gedeihstörung, nicht unbedingt einen Zusammenhang mit den Borderline Schweißtestwerten - denn das müsste sich auf die Pankreas-Elastase auswirken - diese sollte man im Auge behalten.
Ich hoffe, etwas geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela d'Alquen - 26.05.2024
- Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Daniela d'Alquen