Bitte beachten Sie: Manche Informationen sind nach einem Jahr noch aktuell, andere schon nach drei Monaten veraltet. Wenn Sie sich unsicher sind, können Sie gern nachfragen.

Mukoviszidose und AD(H)S

Frage
Liebes Expertenteam,

Ich habe kürzlich in einem amerikanischen CF-Forum die Behauptung gelesen, dass die Wahrscheinlichkeit für CF-Patienten bis zu 4-mal höher sein, auch eine AD(H)S zu haben. Diese Aussage deckt sich mit meinen laienhaften Beobachtungen bzw mit Vermutungen anderer Eltern von CF-Kindern.
Nun wäre meine Frage, ob es hierzu tatsächlich bereits wissenschaftliche Auseinandersetzungen/ Studien gibt bzw ob es möglicherweise genetische oder molekularbiologische Zusammenhänge geben könnte?

Vielen Dank für Ihre Arbeit in diesem Hilfsforum und vorab, für die Beschäftigung mit meiner Frage!
Viele Grüße, A.
Antwort
Liebe Ratsuchende,
es gibt tatsächlich einige Studien, die sich mit diesem Thema beschäftigen, ich habe mal 2 rausgegriffen.
2018 untersuchten M. Cohen-Cymberknoh et al. 175 CF Patienten, die älter oder gleich 6 Jahre alt waren aus 3 israelischen und 1 spanischem CF-Zentrum (J Cyst Fibros 17 (2018) 281-285). Sie fanden ADHS Symptome in ca. 18% der Patienten; wenn man die Patienten in unter und über 18 jährige aufteilte, hatten die Erwachsenen in 19% und die Kinder in 16% ADHS Symptome. In der Normalbevölkerung liegt die Rate bei 5-7% der Kinder und 2,5% der Erwachsenen.
Damit ist es bei CF erhöht und nimmt auch nicht im Erwachsenenalter ab. Ähnlich Raten bei CF fand eine Studie aus den USA an 53 erwachsenen CF Patienten (A.M. Georgiolpoulos et al. J Cyst Fibros 17 (2018) 276-280).
Obwohl ADHS als eine neurobiologische Entwicklungsstörung gilt, hat man herausgefunden, dass bei ADHS erhöhte Entzündungsmarker vorliegen, so dass es mit chronisch entzündlichen Erkrankungen assoziiert sein kann, wie z.B. CF. Es gibt auch Studien, die eine erhöhte ADHS Rate bei anderen, chron. entzündlichen Erkrankungen wie z.B. Neurodermitis, Asthma und Heuschnupfen gezeigt haben. Es gibt eine Hypothese, die besagt, dass die entzündlichen Marker im Blut (Zytokine) die Blut-Hirn-Schranke überwinden können und neuro-immunologische Mechanismen aktivieren können, die in Verhaltens- und Gefühls-Hirn-Kreisen eingebunden sind. Somit könnten ADHS Symptome in Patienten getriggert werden, die ohnehin dafür (genetisch) empfänglicher sind. Da die Entzündungsmarker bei CF ein Lebenlang erhöht sind, würde das auch erklären, warum die Häufigkeit von ADHS bei CF im Erwachsenenalter nicht abnimmt, im Gegensatz zur Normalbevölkerung.
Weiterhin gilt zu bedenken, dass das CFTR-Protein, welches ja bei CF defekt ist, auch in großen Teilen des Hirns exprimiert wird, dort also vorliegt. Z.B. im Hypothalamus und Hippocampus, zwei Regionen im Hirn, die für Schlaf, Gefühle, Gedächtnis und Lernen zuständig sind. Daher kann man sich auch hier einen Einfluss vorstellen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela d'Alquen
19.09.2024
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Daniela d'Alquen