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Mariendistel unter Kaftrio/Kalydeco
- Frage
- Hallo,
unsere Tochter (2) nimmt Kaftrio
/Kalydeco und hat vergleichsweise mit anderen Patienten einen leicht erhöhten GOT Leberwert unter der Gabe von Ursofalk. Um dies aber in den Griff zu bekommen und vorzusorgen, möchten wir gerne Mariendistel in minimalster Menge (mit Heilpraktikerin abgesprochen) zusätzlich geben. In einem alten Beitrag (aus 2019) habe ich gesehen, dass eine in vitro Studie einen hemmende Wirkung auf das CYP3A4-Leberenzym unter Mariendistel gezeigt hätte, jedoch Studien bzgl der Verträglichkeit mit Kaftrio/Kalydeco nicht durchgeführt wurden. Gibt es hier bereits neue Erkenntnisse? Ich habe bereits bei einigen Patienten herum gefragt und es gibt welche, die Mariendistel nehmen, deren Ambulanzen das auch befürworten und die bisher keine hemmende Wirkung feststellen konnten.
Unsere Ambulanz ist der Mariendistel Gabe kritisch gegenüber.
VERTEX konnte uns dazu keine Auskunft geben.
Wie würde man denn eine hemmende und wie eine potenzierende Wirkung von Kaftrio unter der Gabe von Mariendistel - Antwort
- Liebe/r Ratsuchende/r,
Die Mariendistel bzw. deren Inhaltsstoffe werden schon seit langem in der traditionellen Medizin zur unterstützenden Behandlung von Lebererkrankungen wie der akuten oder chronischen Hepatitis und Zirrhose eingesetzt. Die Hauptkomponente, der sog. Silymarin-Komplex besteht wiederum aus verschiedenen sog. Flavonolignanen, Silybin und Isosilybin, Silychristin und Silydianin. Finden sich in der Mariendistel weitere Substanzen wie 2,3-Dehydrosilybin, 2,3-Dehydrosilychristin und Taxifolin.
Als Wirkmechanismus wird eine Hemmung von Transportern in den Leberzellen vermutet, was die Aufnahme von toxischen Substanzen in dieses Gewebe vermindert.
Die Datenlage zur Wirksamkeit einer oralen Einnahme von Mariendistelpräparaten ist aufgrund der kleinen Anzahl von ausgewählten Patienten, der Heterogenität an Diagnosen und Parametern und der widersprüchlichen Berichte zur Alkoholeinnahme der Patienten während der Studien nicht besonders überzeugend. Das liegt auch an der bei pflanzlichen Präparaten sehr variablen Zusammensetzung. Die als Fertigarzneimittel zugelassenen Präparate wie z.B. Legalon® enthalten einen Trockenextrakt mit einem Gehalt an 54,1-156mg Silimarin. Die Einnahmeempfehlung bei Erwachsenen liegen zwischen 3x54,1mg (162,3mg) und 2x156mg (312mg) pro Tag. Von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 12 Jahren wird aufgrund fehlender Datenlage abgeraten.
Wie bei anderen pflanzlichen Präparaten ist eine Interaktion der Inhaltsstoffe der Mariendistel mit den Leberenzymen, die für den Abbau von Arzneistoffen verantwortlich sind, nicht ausgeschlossen. In der Literatur gibt es Hinweise, dass nach der Einnahme hoher Dosen an Silimarin eine Hemmung des Enzyms CYP2C9 in einer Subgruppe von Patienten hervorgerufen hatte (Han Y et al. Eur J Clin Pharmacol 2009;65(6):585-91). Eine Untersuchung neueren Datums (Kawaguchi-Suzuki M et al Drug Metab Dispos. 2014; 42(10): 1611–1616) findet aber keinen signifikanten Einfluss von Mariendistelzubereitungen auf den Arzneistoffmetabolismus.
Insofern würde ich die Einnahme eines standardisierten, arzneimittelrechtlich zugelassenen Mariendistel Präparates als eher unbedenklich erachten. Sollten die vereinzelt beschriebenen gastrointestinalen Beschwerden wie Mundtrockenheit, Übelkeit, Magenverstimmung, Magenreizung und Durchfall in Zusammenhang mit der Anwendung auftreten ist von einer weiteren Einnahme abzusehen.
MfG
Martin Hug - 18.10.2024
- Die Antwort wurde erstellt von: Prof. Dr. Martin J Hug