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Kraftrio und MRSA

Frage
Guten Tag, ich habe die heterozygote Variante 508del und c.579+3A>G. Bin selber symptomfrei (34Jahre) und wurde nur durch die Erkrankung meiner Tochter mitdiagnostiziert. Ich bin MRSA Träger in der Mundschleimhaut (berufsbedingt). Nun wurde mir zum Schutz meiner Tochter geraten Kraftrio zu beginnen um den MRSA evtl los zu bekommen (Sanierungen bisher erfolglos). Da ich aber kein Sputum habe und die behandelten Ärzte in meiner Ambulanz sich selber uneinig sind möchte ich gerne eine unabhängige Einschätzung haben ob die Fragestellung die möglichen Nebenwirkungen von Kraftrio rechtfertigt.

Vielen Dank
Johanna H.
Antwort
Sehr geehrte Ratsuchende,
die Fragestellung ist für mich eine ganz andere. Die Frage ist: besteht eine Zulassung/Indikation für Kaftrio bei Ihnen? Genetisch haben Sie eine DeltaF508-Mutation, damit wäre Kaftrio zugelassen, wenn bei Ihnen die Diagnose Mukoviszidose gestellt wurde. Wenn man Ihre beiden Varianten in der cftr2 Datenbank eingibt, so gibt es dort 100 Patienten mit genau Ihrer Kombination. Diese Patienten haben Mukoviszidose, allerdings sind über 80% Pankreas-suffizient, also die Bauchspeicheldrüse produziert genug Enzyme, diese müssen dann nicht zum Essen gegeben werden. Die Schweißtest- Chlorid-Konzentration bei diesen Patienten liegt im Schnitt bei 66 mmol/l, d.h. gerade über der 60 mmol/l Grenze, die als pathologisch gewertet wird.
(Im Vergleich, bei der häufig vorkommenden Form der CF mit deltaF508 auf beiden Genorten, sind 80% der Patienten Pankreas-insuffifzient, müssen also zu jeder Mahlzeit Enzyme nehmen, und der Schweißtestwert liegt im Schnitt bei 95 mmol/l).
Daher wäre es jetzt wichtig zu wissen, ob Ihr Schweißtest auch eine Chloridkonzentration von über 60 mmol/l hat (Durchführung mittels Pilocarpin-Ionothophorese in einem zertifizierten Zentrum, keine Leitfähigkeit!), denn dann ist die Diagnose eindeutig und Kaftrio wäre zugelassen und auch indiziert, unabhängig davon, wie Ihre Lungenfunktion oä ist. Daher auch unabhängig davon, ob Sie MRSA haben oder nicht; es könnte sein (aber niemand weiß es), dass Sie dann den MRSA loswerden könnten, weil die Atemwegssekrete mit Kaftrio dünnflüssiger werden, aber das ist eine Vermutung. In unserer Ambulanz (und was man von Kongressen hört ist es generell unter Experten die Meinung) geben wir Kaftrio bei der Diagnose von CF, sobald diese gestellt ist und es für die Altergruppe zugelassen ist, da es die Lunge vor einer Schädigung im weiteren Verlauf schützt. Denn wenn man auch nur eine "milde" Form der CF hat, werden/können früher oder später Schäden an der Lunge (oder auch Probleme z.B. der oberen Atemwege, Leber, etc) auftreten, die es zu verhindern gilt. Da Kaftrio in der Regel gut verträglich ist, wiegt das die möglichen Nebenwirkungen auf - diese sind ja v.a. Leberenzymerhöhungen, das wird am Anfang regelmäßig überprüft und wenn das nach 1 Jahr Beginn der Einnahme weiter in Ordnung ist, ist es sehr unwahrscheinlich, das im Verlauf noch Leberwerterhöhungen kommen, die allermeisten haben damit keine Probleme - falls doch, wird Kaftrio pausiert und versucht, es wieder einzuschleichen. Auch bei anderen Nebenwirkungen kann man es ja wieder absetzen und ggf. neu versuchen nach einer Pause.
Für den Fall, dass Sie zwar die Mutationen haben, aber der Schweißtestwert tatsächlich unter 60 mmol/l sein sollte, haben Sie zwar genetisch eine CF, aber "noch nicht" bei Betrachtung der Schweißtestwerte. Diese können allerdings im Verlauf ansteigen und sollten daher jährlich kontrolliert werden. Steigen diese Werte dann über 60 mmol/l Chlorid ist Kaftrio auf jeden Fall indiziert. Sollten die Werte knapp darunter sein, kann man es auch erwägen, je nachdem, wieviel Symptome vorliegen.
Sie sehen schon, eigentlich spielen andere Faktoren, außer dem MRSA, eine Rolle in der Frage, ob Sie Kaftrio bekommen sollten oder nicht - aus unserer eigenen Erfahrung verlieren einige Patienten nach Start von Kaftrio ihre "chronischen Keime" wie MRSA und Pseudomonas, andere nicht.
Wichtig ist nebenbei, dass Ihre Tochter Kaftrio bekommt, wovon ich ausgehe, wenn sie älter als 2 Jahre ist.
Ich hoffe, Ihnen geholfen zu haben,
MfG
Daniela d'Alquen
27.06.2025
Die Antwort wurde erstellt von: Dr. Daniela d'Alquen