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CF mit zwei nonsense-Mutationen

Frage
Guten Tag,

unser Sohn (5 Wochen alt) wurde mit einem Mekonium-Ileus geboren und leidet unter exokriner Pankreasinsuffizienz, die mit Kreon behandelt wird. Inzwischen steht fest, dass er Mukoviszidose hat. Die Genuntersuchung ergab eine Compound-Heterozygotie mit nonsense-Mutationen im Exon 6 und 11 (heterozygote nonsense-Mutation im Exon 6b (p.Q250X, offenbar eine sehr seltene Mutation) und in Exon 11 (G542X).

Unsere Fragen:
Gibt es Studien zum Krankheitsverlauf von CF-Patienten mit zwei Stopp-Mutationen wie bei unserem Sohn?

Können wir auf die Einführung von PTC 124 hoffen mit der Folge, dass - wenn es bis dahin durch die bekannten Therapiemaßnahmen bei den Beeinträchtigungen der Bauchspeicheldrüse bleibt und die Lunge - unser Sohn durch Einnahme dieses Medikaments keine weiteren Beeinträchtigungen (insb. an der Lunge erleidet?

Vielen Dank für die Antwort und beste Grüße!
Antwort
Guten Tag,

entschuldigen Sie meine späte Antwort. Ich hatte Ihre Frage bereits vor zwei Wochen beantwortet, aber das Web-gestützte System hat meine Antwort gelöscht.

Zu Ihrer Frage:
Weniger als 1 Prozent der Patienten mit Mukoviszidose in Deutschland sind compound heterozygot für zwei Nonsense Mutationen im CFTR Gen. Die Mutation G542X ist weltweit die häufigste Nonsense Mutation im CFTR Gen. Die zweite Mutation bei Ihrem Sohn, Q250X, ist extrem selten und selbst in der ‚CFTR Mutation Database’ noch nicht aufgeführt. Die Kombination Q250X / G542X wird wahrscheinlich weltweit nur bei Ihrem Sohn vorkommen.
Studien zum Krankheitsverlauf von CF-Patienten mit zwei Stopp-Mutationen wurden bisher nur aus Israel berichtet, da die Stopp Mutation W1282X bei den europäischen Ashkenazi Juden sehr häufig ist. Nach den Erfahrungen der israelischen CF Ärzte ist das Krankheitsbild der Mukoviszidose von Patienten mit zwei Stopp Mutationen dem Krankheitsverlauf der CF Patienten vergleichbar, die auf beiden CF Chromosomen die häufigste Mutation F508del tragen. In Deutschland ist die Hälfte aller CF Patienten homozygot für F508del.
Die hannoversche CF Forschergruppe hat in den letzten 15 Jahren acht erwachsene CF Patienten mit zwei Stopp Mutationen im CFTR Gen untersucht. Bei allen Patienten hatte seit Geburt die Bauchspeicheldrüse nicht regelrecht funktioniert. Die Krankheitssymptome an den Atemwegen waren individuell unterschiedlich ausgeprägt.

Alle Patienten nahmen zu den Mahlzeiten Pankreasenzyme ein, ernährten sich kalorienreich und kompensierten die unzureichende Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen durch zusätzliche Einnahme von Multivitaminpräparaten. Alle Patienten betrieben regelmäßig Sport und Physiotherapie. Eine antibiotische Therapie zur Bekämpfung von chronischen Entzündungen der Atemwege war notwendig bei einigen, aber nicht bei allen Patienten.
Die Substanz PTC124 wurde zur Behandlung von Stopp-Mutationen entwickelt. PTC124 sorgt dafür, dass bei der Synthese von CFTR Eiweiß das irreguläre Stopp-Codon überlesen und ein Eiweiß voller Länge produziert wird. Allerdings muß die Zelle in hinreichender Menge CFTR mRNA Botenstoff produzieren. Die Qualitätskontrolle der Zelle erkennt aber in der Regel den anomalen CFTR mRNA Botenstoff mit der Stopp-Mutation und baut daher den Botenstoff wieder ab. Mit anderen Worten: Die CF Zelle produziert auch in Anwesenheit von PTC124 weniger CFTR Eiweiß als eine normale Zelle ohne CFTR Stopp-Mutation.
CFTR ist ein zentraler Bestandteil unseres Wasser- und Salzhaushalts und transportiert Chloridionen. Vor kurzem wurde über die Ergebnisse der Behandlung von G542X CF Mäusen mit PTC124 berichtet. 40% der Mäuse profitierten von der Behandlung. Sie transportierten Chlorid in 20 bis 40% der Wildtypmengen. Vergleichbare Erfolge wies eine klinische Studie an israelischen CF Patienten mit Stopp Mutationen auf. Ab Frühjahr 2009 werden Wirksamkeit und Nebenwirkungen von PTC124 an einer großen (erwachsenen) CF Patientengruppe aus Europa und Nordamerika klinisch geprüft werden.
Bis jetzt wurde in den klinischen Studien PTC124 nur für wenige Wochen verabreicht. Über die Langzeitbehandlung mit PTC124 liegen noch keine Erfahrungen vor.
Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich daher sagen, dass mit PTC124 zum ersten Mal eine Substanz zur Behandlung von Stopp-Mutationen zur Verfügung steht. Bei knapp jedem zweiten Mukoviszidosepatienten, der für einige Wochen mit PTC124 behandelt wurde, verschob sich der CF Basisdefekt des gestörten Chloridtransports in den Grenzbereich zwischen CF und non-CF. Die Ursachen für das unterschiedliche Ansprechen der Patienten auf die Behandlung sind zur Zeit noch unbekannt.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. B. Tümmler
26.02.2009