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ESBL

Frage
Meine Tochter (6) hat CF, Ihre Ur-Oma lag jetzt lange Zeit im Krankenhaus, da ihr ein Bein amputiert wurde. Nun wird sie nach Hause entlassen, hat aber ESBL diagnostiziert bekommen, was auch bleiben soll. Sie hatte auch MRSA schon, ist aber wieder weg. Gelten für ESBL die gleichen Maßnahmen wie bei MRSA? Wir durften keinen Kontakt haben mit der Ur-Oma sowie allen, die mit ihr in Kontakt gekommen waren. D. h. wir waren von der Familie isoliert.


Antwort
Sehr geehrter Fragesteller,

herzlichen Dank für Ihre Frage, die ein wichtiges hygienisches Problem anspricht.

Ihre 6-jährige Tochter hat CF. Menschen mit CF haben ein erhöhtes Risiko, an Infektionen der Atemwege zu erkranken. Da die Reinigung der Atemwege bei den CF Patienten nicht richtig funktioniert, muss der Arzt häufig Antibiotika verschreiben, um bakterielle Erreger in der Lunge zu bekämpfen.

Die Ur-Oma Ihrer Tochter musste im Krankenhaus operiert werden. In bakteriologischen Untersuchungen wurden ESBL Keime nachgewiesen.
Bakterien, die Extended-spektrum beta Laktamasen (ESBL) produzieren, können beinahe alle ß-Laktamantibiotika inaktivieren. ß-Laktamantibiotika zählen zu den wichtigsten Medikamenten, die zur Behandlung der mukoviszidosetypischen Erreger eingesetzt werden. Leider befinden sich die ESBL-Resistenzgene in den Bakterien auf beweglichen Genfähren, d.h. die Resistenzen können zwischen Bakterien ausgetauscht werden. Die ESBL Gene können daher auf mukoviszidosetypische Keime wie Haemophilus influenzae oder Pseudomonas aeruginosa übertragen werden. ESBL-positive Keime lassen sich nur noch mit wenigen Reserve-Antibiotika bekämpfen.

Solange die Ur-Oma ESBL-positiv ist, sollte Ihre Tochter daher keinen Kontakt mit ihrer Ur-Oma aufnehmen. Diese Kontaktsperre lässt sich erst dann aufheben, wenn drei Kontrollabstriche (z.B. Rektalabstriche bei Besiedlung des Darms) keinen ESBL Befund mehr zeigen.

ESBL-positive Patienten wie die Ur-Oma Ihrer Tochter sind die Keimreservoire für die Ausbreitung von ESBL-Stämmen. Die Übertragung erfolgt über den direkten Kontakt, hauptsächlich über die Hände. Wenn ein Mitglied Ihrer Familie aus dringlichen Gründen die Ur-Oma Ihrer Tochter besuchen muß, muß sich der/die Besucher(in) der Ur-Oma am Ende des Besuchs intensiv die Hände desinfizieren (mind. 3mal mindestens jeweils 2 mL über jeweils mindestens 90 Sekunden ein Desinfektionsmittel wie Sterillium in den Händen verreiben). Bevor der/die Besucher(in) wieder Ihre Wohnung betritt, in der sich Ihre 6-jährige Tochter aufhält, ist die Händesdesinfektion zu wiederholen.

Die Hygienemaßnahmen sind für ESBL genauso streng wie für MRSA. Dabei geht von ESBL positiven Keimen wegen des hohen Übertragungsrisikos auf mukoviszidosetypische Erreger ein höheres Gesundheitsrisiko für CF Patienten aus als von den MRSA Staphylokokken.

Die Ur-Oma wird Verständnis dafür aufbringen, dass ihre Urenkelin sie wegen des Infektionsrisikos nicht besuchen darf.

Mit den besten Grüßen
Dr. Burkhard Tümmler, Medizinische Hochschule Hannover
30.03.2009